FÄULNIS - Snuff II Hiroshima

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VÖ: 28.02.2014
Bandinfo: FÄULNIS
Genre: Black Metal
Label: Cold Dimensions
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Lineup  |  Trackliste

Uff. Schon der Promozettel ruft in mir ein unfreiwilliges Schmunzeln hervor. Cruor, seines Zeichens Bassist der längst verzichtbaren ENDSTILLE, beurteilt das neue FÄULNIS-Album wie folgt: „Dieses Album führt euch in eine Welt voller Hass, Misanthropie und Widerwärtigkeit. Hier gibt es keine gute Stimmung, es ist wunderbar hässlich und definitiv das Ende jeglicher Form von Optimismus.“ Natürlich. Was auch sonst? Wenn der Hamburger Alleinunterhalter Seuche (stets mit wechselnder Live-Besetzung unterwegs) wieder einmal zu FÄULNIS lädt, herrscht natürlich tiefste Depression. „Snuff II Hiroshima“ als Albumtitel ist aufgrund der unpassenden Wortkonstellation schon bittersüß genug, aber man will im Zeitalter des „wir haben eh schon alles gesehen“ zumindest noch versuchen, etwas zu provozieren. Wer kann’s ihm übel nehmen?

Das ambitionierte Projekt ist ohnehin nicht einfach zu erfassen. Treu ergebene Fans identifizieren sich mit den semi-autobiografischen Texten des Frontmanns schon seit jeher und benutzen die Songs gerne als Hintergrund-Sound zum traditionellen Ritzen – der gute Seuche ist ein passables Vorbild dafür. Gegner des durchaus innovativen Treibens werfen ihm mangelnde Trueness und akustische Beliebigkeit vor. Die Wahrheit liegt – wie so oft – irgendwo in der Mitte. Das mittlerweile dritte Studioalbum nach kurzem Hiatus und längerer Kreativpause schließt im Prinzip nahtlos am Vorgänger „Gehirn zwischen Wahn und Sinn“ an. Sehr viel Melancholie im Moll-Mantel, etwas Suicide-Black-Metal-Atmosphäre ohne zwingende Ideenvielfalt wie etwa bei LIFELOVER oder FORGOTTEN TOMB, ein klein wenig Punk und Doom Metal zur Steigerung der Diversität und dazu noch ein kräftiger Schuss gelebtes Leiden im Gesang – fertig ist der toxische Cocktail zur inneren Selbstzerstörung.

Woran es bei „Snuff II Hiroshima“ ohrenscheinlich am meisten krankt, ist das fehlende Bindeglied zwischen Text und Musik. Während Seuche lyrisch gewohnt über negative Selbsterkenntnisse und Erfahrungswerte palavert, klingt das akustische Drumherum im Direktvergleich viel zu lebensbejahend. Wenn sich dabei Tracks wie „Paranoia“, „Distanzmensch, Verdammter!“ oder „Weil wegen Verachtung“ durch die Gehörgänge schlängeln, spürt man vor allem die Gleichförmigkeit und den fehlenden Spannungsbogen. Dass dieses FÄULNIS-Werk zudem die lächerlichsten Songtitel seit ZORNs „Todesschwadron“ auf die Menschen loslässt, macht das farblose Treiben nicht unbedingt reifer.

Dennoch muss man dem Ein-Mann-Projekt seine positiven Seiten zugestehen. Die Instrumentierung wird vor allem die Suicide-Black-Metal-Zielgruppe voll zufrieden stellen können und die morbide vor sich leidenden, stets auf Deutsch vorgetragenen Texte treffen zwar nicht immer ins Schwarze, zeugen aber von Herzblut und Themeninteresse des Verfassers. Die lichten Momente sind dennoch rar gesät, denn obwohl gerade die melodischen Gitarrenspuren um Atmosphäre hecheln, ist die klangliche Kreativität auf „Snuff II Hiroshima“ enden wollend. Die schönsten Momente sind unerwartete Tempoausritte wie etwa in „Atomkinder und Vogelmenschen“ – ansonsten herrscht viel zu oft gepflegte Langeweile und die mag bekanntlich keiner so recht. Wer es positiv sehen will, halte sich an folgenden Spruch: Allen Menschen recht gemacht, ist ein Ding, das niemand schafft. Alle anderen lassen verzichten auf diesen Underground-Hype und greifen lieber zu den Meistern des Depressive-BM-Genres.



Bewertung: 2.0 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (21.02.2014)

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