MASS INFECTION - For I Am Genocide

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VÖ: 01.04.2014
Bandinfo: MASS INFECTION
Genre: Death Metal
Label: Comatose Music
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Lineup  |  Trackliste

"And when you kill a man, you're a murderer. Kill many, and you're a conqueror, kill them all...Ooh...Oh you're a god!", wusste schon den langzottelige Putin zu politisieren, als er noch nicht gänzlich in abstruse Theoreme abgedriftet war, und eins muss man Dave Mustaine zweifelsohne zugute halten: In der Theorie hat er das Grundprinzip verstanden.

Man nehme Schlächter, die singulär oder im feinen Dutzend gemordet haben; Man nehme die Größen des Massengenozids - allesamt ein Lärcherl verglichen mit hinwegraffenden Seuchen, ganz gleich, welche Konglomerats-Parallelen ein angeblich missverstandener Politiker so zieht. Bei "Harry Potter" sterben die Schatzis? Oh, wie schade. Bei "Game Of Thrones" krepieren sie wie die Fliegen? My bad. Das tapfere Schneiderlein hat gar sieben auf einen Streich erlegt? Wie niedlich. Da kann Captain Trips nur lachen, das letzte Gefecht ist da.

Stolze fünf Millionen Tote gab es während der Antoninischen Pest, über ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung raffte der Schwarze Tod hinweg, nicht viele weniger (ein Viertel der Mittelmeerbevölkerung) im Zuge der Justinianischen Pest nicht einmal 100 Jahre zuvor. 12 Millionen Menschen hatte die dritte Pestpandemie im ausgehenden 19. Jahrhundert auf dem Gewissen, AIDS hat bisher rund 37 Millionen dahingerafft. Verglichen mit Infektionskrankheiten kommen Tötungsmaschinen wie Schwarzenegger und Stallone wie niedliche Kindergartenonkel rüber, zaubern den verwelkten Hirnen von Fulci, Romero und Konsorten vielleicht ein müdes Lächeln ins Gesicht - "when there's no more room in hell, the dead will walk the earth".

Ein ähnliches Lateralgeschwader sind jene Griechen, die MASS INFECTION in knorrigen Lettern als Namenszug führen - hätte der Wallstreet-Yuppie Patrick Bateman wohl auch gern auf seiner stilvollen Visitenkarte stehen. Denn wenngleich sich zahlreiche Brutal-Death-Yuppies bemüßigt fühlen, mit arg Gebrüll querbeet zu preschen, so straucheln sie ob ihrer Hektik beim geringsten taktisch klugen Widerstand. Blinde Raserei ist dienlich - nicht. MORBID ANGEL haben vorgelegt, DEEDS OF FLESH und KRISIUN perfektioniert, HOUR OF PENANCE, BIRTH OF DEPRAVITY und ähnliche auf einen neuen Exzess getrieben - jene Griechen hier sorgen aber mit ihrem dritten Album "For I Am Genocide" für frischen, unverbrauchten Strudel.

Routiniert und mit gewaltig Drive zelebrieren jene vier mit ungebändigter Freude dies, was von "King Of All Kings" bis "Reduced To Ashes" programmatisch zur absoluten Maßlosigkeit hochgeschraubt wurde: die akustische Transformation jener Geräusche, die garstige Viren, die hungriger als ein adipöser Pacman durch die Weltgeschichte wandern, von sich geben, ein stetes Magenknurren, Kauen, Schlucken, Fleisch auf Fleisch, Knochen auf Knochen, Knorpel auf Knorpel.

Dass die Herren dabei nicht beliebig und austauschbar klingen, ist nicht ihren technischen Fähigkeiten zuzuschreiben - derer gibt es genügend Musiker, die wissen, wie der Hase am Griffbrett seine Haken auf der Flucht vor dem bösen Fuchs schlägt. Vielmehr ist es das Fingerspitzengefühl eines wachsamen, durch zahlreiche Lebensschulen geganenen Weisen, der weiß, dass die richtige Strategie nicht immer schnurstraks im Eilzugstempo nach vorn führt. Auch hinterrücks, unterschwellig kann gemordet werden. Hätten die 300 Spartaner an ihrer Stelle jene vier Griechen in die Schlacht geführt, sie hätten wohl den Persern den Darm nach außen gekrempelt und den todbringenden Bazillus in den neu gesetzten Hals geschissen.

MASS INFECTION klingen, als würde man die Präzision von MONSTROSITY mit der geifernden Gier von DEEDS OF FLESH würzen und die Leinen lockern: Mit furztrockener Produktion jagt hier ein Zerberus mit Hydrahäuptern querfeldein und geifert statt Pech und Schwefel Pest und Cholera. Tödlich, punktgenau. The boogeyman is real.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Stefan Baumgartner (10.04.2014)

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