Whitechapel - Our Endless War

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VÖ: 25.04.2014
Bandinfo: WHITECHAPEL
Genre: Deathcore
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste

Diese Rezension spielt einen dieser Momente ab, in denen man sich ernsthaft fragt, wie man es immer wieder auf's Neue schafft, eine vernünftige Einleitung in die Tasten zu hämmern. Auffällig häufig hatte ich diesen gehämmten Kreativitätsflow vor allem bei Vertretern des Deathcore-Genres, denn außer im Metalcore-Bereich hat sich über die letzten Jahre nirgends sonst so unsagbar viel grober Unfug angesammelt, wie hier. Eine Ausnahmeerscheinung, ein Gegenentwurf zu all dem blass gewordenen Tiefton-Gewichse waren WHITECHAPEL aus Knoxville seit jeher gewesen - mit ihrem selbstbetitelten letzten Studioalbum (ungeachtet der Neuaufnahme von "The Somatic Defilement") entwickelten sich die Amis anno 2012 zu einer modern-todesbleiernen Übermacht.

Machen wir's kurz und schmerzlos: Den Gedanken könnt ihr wegwerfen. Klingt radikal? Bitteschön:



Das Problem mit der Einleitung hatte das Sextett um das pervers brutale Organ des Fronters Phil Bozeman wohl auch und prügelt nach dem unnötigen "Rise"-Intro mit dem dynamisch-temporeichen Titeltrack ohne Kompromisse auf den Hörer ein, doch das Unheil folgt erst mit dem bereits gezeigten "The Saw Is The Law", welches ähnlich abgedroschen und ausgelutscht wie der Titel selbst angekrochen kommt. Was bloß haben sich WHITECHAPEL bei dieser geistlosen Anbiederung an die Stangenware aus diesem musikalisch ohnehin grenzwertigen Bereich gedacht? Offensichtlich gar nichts, denn wo man auf den Vorgängern von "Our Endless War" quasi mit jedem Stück noch einen Beleg dafür erhielt, warum diese Truppe sage und schreibe drei Gitarristen in ihren Reihen zählt, nimmt das auf dem Fünftling dieser prinzipiell über allem Zweifel erhabenen Band schon deutlich andere Züge mit Tendenz zu einer Formation wie SLIPKNOT an, bei denen live auch mal zwei bis drei Mitglieder in schlechtester Lars Ulrich Manier ihr kaum vorhandenes Talent an ihren Trommeln auslassen.

Apropos SLIPKNOT: "Mono" macht danach mit einer Death-Metal-Interpretation des knot'schen Schaffens wieder einiges gut und überzeugt ähnlich wie der Opener durch gnadenlose Rythmus-Parts und den abgrundtiefen bösen Auswürfen des Herrn Bozeman, der sich in "Worship The Digital Age" nach einem weiteren drögen Chugchug-Füller ("Let Me Burn") verbal so richtig austobt. Besonders schade ist, dass man sich "Our Endless War" sehr schnell relativ genau ausgeguckt hat, denn tatsächlich folgen WHITECHAPEL einem Schema, in dem sich an eine richtig gute und schnellere Nummer immer wieder ein völlig austauschbarer und nichtssagender Track reiht. Das mag unterm Strich sehr simpel klingen, anders lässt sich diese Achterbahnfahrt allerdings auch nicht plausibel erklären.

So bleibt fraglich, warum WHITECHAPEL es schaffen, mit "Psychopathy" oder "Blacked Out" (und den meisten zügigen Tracks des Albums) Material zu präsentieren, welches das hohe Niveau der letzten Veröffentlichungen zumindest hält, und man mit dem abschließenden "Diggs Road" nur eine einzige wirklich brauchbare und atmosphärisch dichte Midtempo-Walze in Petto hat. Denn im völlig krassen Kontrast dazu zeigen die anderen ähnlich ausgerichteten Songs die hässliche Fratze des Deathcore und eine für Bandverhältnisse völlig unbekannte Beliebigkeit, die jeglichem Funken Talent dieser Band spottet. Andere Genrevertreter wären auf so ein Werk womöglich stolz, für eine Gruppe wie WHITECHAPEL jedoch ist das streckenweise nicht mal B-Waren-Qualität und somit stellt "Our Endless War" eine der großen Enttäuschungen dieses noch relativ jungen Jahres dar. Von einem Rückschritt lässt sich allerdings nur bedingt sprechen, weil man sich bis zu diesem Punkt eigentlich nie so trivial angeboten hat. Schade!



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (16.04.2014)

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