MASTODON - Once More 'Round The Sun

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VÖ: 20.06.2014
Bandinfo: MASTODON
Genre: Metal
Label: Roadrunner Records
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Lineup  |  Trackliste

MASTODON sind ein Phänomen. Von der überhypten Wirrwarr-Grudge-Psych-Combo haben die vier Mannen aus Atlanta/Georgia es binnen fünf Alben und vierzehn Jahren zu einer der bemerkenswertesten Metal-Combos der Gegenwart geschafft. Mit dem sechsten Album geht man, so scheint es im ersten Moment, irgendwo auf Nummer sicher und verfolgt konsequent die bisherige Linie weiter: monumentale Gitarrenkathedralen treffen auf ultramelodiösen, dennoch oft harschen Gesang, und über allem thront eine groovende, sämtliche Zweifel zermalmende Rhythmik. Troy Sanders & Konsorten pflegen mittlerweile nicht nur ihren ureigenen Stil und ihr eigenes Erbe, sie haben auch den heutzutage so selten gewordenen Wiedererkennungswert.

Aber was ist denn nun anders als auf "The Hunter"? Nun, die Songs sind allesamt kompakter und in sich schlüssiger, auch nach dem x-ten Durchlauf entdeckt man keinen einzigen Part, der vielleicht irgendwie notdürftig dazugekleistert wurde oder unlogisch erscheint. Den Spagat zwischen Kommerz und Underground löst man auch gekonnt, denn trotz vieler Ohrwurm-Refrains sind MASTODON alles andere als Chart-Metal. Dafür sind sie - gottlob - zu schwerfällig, anders, und trotz einiger Grammys in gewisser Weise immer noch Underdogs. "Asleep In The Deep", "Ember City" oder "Tread Lightly" sind nur drei von elf Perlen, die man uns diesmal serviert, und hat man das quietschbunte Cover ohne epileptischen Anfall überstanden, so saugt einen die Musik von MASTODON sofort in einen Strudel aus farbenfrohen Ohrgasmen, hinein in dunkelbunte Gefühlswelten, dabei kann die Stimmung aber durchaus auch mal ins ernsthaft-psychedelische kippen ("Aunt Lisa" oder das teilweise nach KILLING JOKE klingende "Feast Your Eyes").

Immer wieder schafft der Atlanta-Vierer es, aus einem anfangs unspektakulären Song ein überdimensionales Klangmonstrum zu erschaffen, das in Breitwand-Cinemascope alles wegbläst, was bei drei nicht auf dem Baum ist. "Halloween" zelebriert am Ende ein und das selbe Riff bis zum Exzess, beim durchwegs brutalen "Aunt Lisa" lässt man einen Kinderchor antreten - oder sind es gar Gnome aus der Unterwelt? Das hektische "Chimes At Midnight" reiht ein geniales Riff ans nächste, der Titelsong ist scheinbar eine kurzweilige Hommage an sich selbst und VOLBEAT, und das chillige "Asleep In The Deep" wartet mit einem Melodie-Szenario auf, das noch lange im Kleinhirn nachhallt.

"Diamond In The Witch House", ein knapp achtminütiger Wurm aus allem, was MASTODON irgendwie ausmacht, beschließt ein Album, das schon jetzt ganz oben in den diesjährigen Veröffentlichungen mitspielt. Auch wenn Fans der ersten Stunde ob der fehlenden Rawness vielleicht ein wenig verstört reagieren werden, so ist "Once More 'Round The Sun" ganz großes Kino einer sowohl gereiften als auch geläuterten Band, die selbstironisch die eigenen Traumata der Vergangenheit in grandiosen Soundscapes Revue passieren lässt. Hier zahlt es sich auch echt aus, die Doppel-Vinyl-Version mit Vierfach-Klappcover zu ordern (am besten gleich hier), denn das Artwork von "Skinner" ist die grandiose optische Vollendung eines grandiosen Albums ohne Durchhänger und voller geiler Momente.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (23.06.2014)

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