Neopera - Destined Ways

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VÖ: 11.07.2014
Bandinfo: Neopera
Genre: Symphonic Metal
Label: earMusic
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Lineup  |  Trackliste

NEOPERA ist das Baby von Jörn Schubert (DARK AGE) der sich mit diesem Projekt auf neue Wege begeben wollte. Unterstützt von Bassist Dirk Schlächter (GAMMA RAY) feilte er seit 2010 an dem vorliegenden Album "Destined Ways", und scharte Mitstreiter um sich. Gesangstechnisch gleich dreifach besetzt, versprechen NEOPERA mit einem Sopran, einem Bariton und einem weiteren Herren der fürs gepflegte Gegrunze zuständig ist abwechslungsreiche, und außergewöhnliche Klangmuster die die Grenzen einfachen Symphonic Metals sprengen wollen. Und dabei geht Jörn Schubert (Gründer, Mastermind und Gitarrist in Personalunion) in seinen Kompositionen so ambitioniert zu Werke, dass NEOPERA tatsächlich nicht nur durch ihr Gesangstrio innovativer und eigenständiger klingen als vieles das man in den letzten Jahren aus diesem Sektor zu hören bekam.

Der Opener "The Marvel Of Chimera" klingt zunächst einmal sphärisch, mit elektronischen Klängen im Intro, ehe einem eine im Metal-Bereich eher unübliche Bariton-Stimme entgegen schallt. Kurz darauf erfolgt auch schon der erste Einsatz gutturalen Gesangs, und dann gibt sich auch die holde Weiblichkeit, repräsentiert von einer Sopranstimme, ein Stelldichein. Uff. An dieser Stelle vermag der Hörer schon erahnen was für ein Brocken da auf ihn zukommt. Im Großen und Ganzen lassen sich die Kompositionen stilistisch noch am ehesten bei THERION und EPICA einordnen, vermischt mit unzähligen Stilen und Einflüssen die so manchem Album den Todesstoß in Richtung pures Wirrwar versetzen würden. Doch NEOPERA verstehen es gekonnt diese Klippen der Genremixtur zu umschiffen, und präsentieren in ihrem 12 Songs starkem Album ein überraschend homogenes Ganzes.

Langsame und epische Songs wie "Call To Arms" treffen auf Ohrwurmrefrains ("Destined Ways"), und heavier ausgerichtete Passagen wechseln sich ab mit bombastischen Chorälen - mittendrin drei Sänger die ihre grundverschiedenen Stimmfarben abwechselnd oder in Duetten zu einem faszinierenden Hörerlebnis verbinden. Vor allem in "The Greed" lässt sich das sehr gut beobachten - ein schönes Duett von Sopran und Bariton zu Midtempo-Klangteppichen, mit wütenden Growl-Zwischenrufen untermalt von schnelleren und härteren Pssagen - und zum drüberstreuen dann noch eine Bridge mit Akustikgitarre und Flöte. Ein bezeichnender Aufbau der das stilistische Potenzial von NEOPERA sehr treffend umschreibt.

Eine ähnliche krasse Mischung bietet "Remote", das vom Aufbau her bis auf die eingegliederten modernen Elemente an THERION erinnert. Die Vermischung von Symphonic und fast schon Metalcore-artigen Elementen wirkt rund, und eine langsame Bridge mit bombastischem Chor der die aggressiven Growls untermalt bildet das Highlight des Songs. Das NEOPERA auch leiser und sanfter können beweisen sie mit der zerbrechlichen Gänsehaut-Ballade "Falling Water", und der getragenen Halbballade "Last Pantomime" die überwiegend von der Bariton-Stimme intoniert wird, und die gegen Ende dann noch ordentlich Pfeffer im Hintern besitzt.

Orgel-Passagen sowie eine schöne Bridge mit Streichern werten das abwechslungsreiche "Errors" noch zusätzlich auf, das mit den perfekt ineinander greifenden drei Gesangslinien ohnehin schon ziemlich imposant wirkt. THERION-lastig wird es noch einmal bei "Equilibria" dem opulenten Highlight des Albums - dramatisches Songwriting, bombastische Chöre und ein angepisst klingender Shouter der sich erneut entgegen aller skeptischer Gedanken vor den ersten Hördurchläufen, richtig gut mit dem weiblichen und männlichen Cleangesang ergänzt. Auch die modernen elektronischen Elemente in der Bridge fallen zwar auf, aber wirken zu keiner Zeit deplatziert.

Die stimmungsvolle Interlude "Requiem" bildet ein ruhiges Zwischenspiel, das den nächsten Song nur umso brachialer wirken lässt. Verglichen mit dem Rest der Scheibe hat "Song Of Revenge" eine ziemlich rohe Attitüde, übernimmt hier doch ausnahmsweise der gutturale Gesang die Leitung. Skeptisch stimmt zunächst der mehr Metalcore-artige Aufbau in Verbindung mit Orchesterbombast und lateinischen Chorälen, doch erneut schaffen NEOPERA in diesem, verglichen mit dem Rest des Albums, recht kurzen und knackigen Song den Spagat zwischen den Stilen. Als Rausschmeißer gibt es im eher unspektakulären "The Unspeakable" schließlich auch noch Piano-Linie die an Beethoven erinnert.

Uff, was erreichte da gerade die Ohren?! NEOPERA klingen frischer und eigenständiger als vieles das der Sektor symphonischer Musik in den letzten Jahren hergab, aber können sich durch die vielen, oft konträren Stilelemente die ihre Musik ausmachen auch nicht vollständig in das Genre Symphonischen Metals einordnen lassen. Vielmehr liefern NEOPERA mit "Destined Ways" ein Album ab das weitaus mehr in klassischen Opern verhaftet ist, als im Metal. Ein übriges zu der Komplexität dieses Werks tun die sorgsam eingesetzten Einflüsse aus der Elektronik und modernen Metal-Strömungen - ein wirklich krasser Stilmix, der sich aber trotz allem beeindruckend koherent ineinander fügt.

"Destined Ways" ist ein komplexes, streckenweise fast überambitioniertes Album mit dem man sich beschäftigen, und das man sich erarbeiten muss. Es zündet nicht beim ersten Anhören, doch wächst mit jedem Durchlauf in dem man wieder Neues entdeckt und sich einem die Nuancen des opulenten Klangteppichs Stück für Stück erschließen. Einzig die unstete, streckenweise etwas dumpf geratene Produktion und die oft nicht optimal abgemischte Vokalistenriege dämpfen den Hörgenuss ein wenig, und sorgen für Punkteabzug. Auch mit den vielschichtigen, vor Tempowechseln strotzenden Kompositionen wird bestimmt nicht jeder zurecht kommen, da der Hörer von der Musik sehr gefordert wird. Trotzdem liefern NEOPERA ein wirklich hochklassiges Debüt ab, das Hoffnung, geradezu Erwartung auf künftige Großtaten weckt. Es wird sich zeigen ob hier ein Stern aufgeht, oder es sich lediglich um eine Sternschnuppe handelt die vorüber zieht...

Anspieltipps: "Falling Water", "Equilibria", "Song Of Revenge"



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Anthalerero (10.08.2014)

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