ANGRA - Secret Garden

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VÖ: 16.01.2015
Bandinfo: ANGRA
Genre: Melodic Metal
Label: earMusic
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Lineup  |  Trackliste

ANGRA blicken auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Nach den Anfängen und Erfolgen mit Sänger Andre Matos spielte man sich zu einem der wichtigsten brasilianischen Metal Exporte überhaupt hoch. Nach dem Bruch mit letzterem kam Edu Falaschi zur Band, das erste Album mit ihm, "Rebirth", ist ein absolutes Volle-Punktzahl-Meisterwerk und bis heute das Highlight der sehr hochwertigen Diskografie. Auch die nachfolgenden Werke waren allesamt gute bis sehr gute Werke, nur leider blieb der einstige Erfolg, vor allem in hiesigen Gefilden, nach und nach aus. Auch Falaschi verließ die Band, in seine Fußstapfen tritt Tausendsassa Fabio Leone (RHAPSODY OF FIRE, VISION DIVINE, ex-KAMELOT). Nun steht das erste neue Album seit "Aqua" in den Startlöchern und schickt sich an, die nächste "Nova Era" einzuleiten. Und ja, das Album erinnert auf vielen Ebenen an den Klassiker "Rebirth", wenn es auch zum Teil komplett anders klingt.

Den ersten Schritt Richtung Neuanfang macht das schon vorab bekannte "Newborn Me", welches in seiner Ausrichtung an "The Course Of Nature" vom "Aurora Consurgens" Album erinnert und sämtliche ANGRA Trademarks vereint: Klassischer Power Metal europäischer Prägung, moderne Beats, progressive Einschübe (der Mittelteil ist sehr DREAM THEATER) und die unvergleichliche Einbindung von brasilianischer Folklore. Dass Leone zur Band passt war schon seit dem letztjährigen Livealbum "Angels Cry" bekannt, im Kontext neuer Songs wird aber schnell klar, dass es sich bei ihm um die absolut richtige Entscheidung zur Weiterentwicklung handelt. "Black Hearted Soul" ist ein Fest für alle Power Metaller, kein anderes Stück auf dem Album erinnert mehr an die Pionierzeit des Genres. HELLOWEEN meets "Nova Era" sozusagen. "Final Light" hingegen überrascht mit einer sehr modernen Ausrichtung. Die Mixtur aus Percussions, kellertief gestimmten Gitarren und modern-thrashigen Riffs erinnert an das Nu-Metal Triumvirat aus SLIPKNOT, KORN und den Landsmännern SOULFLY, wobei der Gesang allerdings stets klassisch bleibt. Ein interessantes Experiment, welches dennoch gut gelingt, zumal der Refrain echte Ohrwurmqualität besitzt. Im späteren Verlauf wird dieser Ansatz mit dem düster dramatischen "Violet Sky" auf die Spitze getrieben, bei dem Gitarrist Bittencourt eine fantastische Performance an den Lead Vocals abliefert. So klangen ANGRA in ihrer gesamten Diskografie noch nicht! Absolute Spitze! Mit dem als Video veröffentlichten "Storm Of Emotions" folgt die Ballade des Albums, welche langsam an Intensität zunimmt und vielleicht nicht zufällig an "Heroes Of Sand" erinnert, obwohl dessen Qualität nicht erreicht wird.

War die erste Halbzeit von "Secret Garden" schon abwechslungsreich wie eh und je, setzt der zweite Akt noch einen drauf. Das Titelstück wird von niemandem geringeren als EPICA-Frontsirene Simone Simmons vorgetragen. Ihre Stimme passt perfekt auf die verträumt theatralische Musicalnummer und setzt einen atmosphärischen Kontrapunkt zum Rest der durchaus düsteren Grundstimmung des Albums. "Upper Levels" bedient die Anhänger der jüngeren ANGRA-Werke "Aurora Consurgens" und "Aqua" und liefert erneut eine perfekte Symbiose aus harten Riffs, Prog Einschüben, Folklore und epischen Melodien, ohne allerdings so verkopft zu klingen wie die Stücke eben erwähnter Alben. Bei "Crushing Room" kommt die zweite Gastprominenz zu ihren Auftritt, nämlich Metal Ikone DORO PESCH. Bei der Markanz ihrer Stimme ist es schwierig, einen Song nicht nach WARLOCK oder ihren eigenen Stücken klingen zu lassen, aber auch diese Gefahr umschiffen ANGRA perfekt und liefern einen harten, nuancierten Track ab in der Tradition modernen Power Metals Marke MASTERPLAN.

Mit "Perfect Symmetry" wird das Finale mit dem zweiten Uptempo Song eingeleitet, welcher allerdings hinter "Black Hearted Soul" zurückstecken muss. "Silent Call" beendet das Album mit einer ruhigen, traurigen Akustikballade mit leichtem BEATLES Flair, welche bei aller Stilvielfalt den Bogen etwas überspannt und sich nicht, wie der Rest des Albums, stimmig zusammenfügt. Etwas vergessen? Ach ja, das POLICE Cover "Synchronicity II" geht als gelungen, aber nicht wirklich nötig durch.

Bei allem Mut zu stilistischen Neuerungen, wieso die eingangs erwähnte Ähnlichkeit zu "Rebirth"? Weil das Album im Grundaufbau eins zu eins dem Referenzwerk gleicht und die selbe Spannungskurve aufweist. Flotter Melodischer einstieg, früh vorgezogene Ballade, progressiver Mittelteil, am Schluss nochmal das Gaspedal getreten, bevor akustisch ausgeleitet wird. Dieser Fakt wertet "Secret Garden" weder auf noch schmälert es den Hörgenuss. Die ANGRA Die Hard Fans können sich allerdings gerne mal das Späßchen machen, beide Scheiben quer zu hören, um die vielen Parallelen zu entdecken.

FAZIT: ANGRA melden sich in neuer Besetzung mit einem Paukenschlag an Album zurück! Weniger verkopft als zuvor, dafür viel härter, moderner und eingängiger. Dennoch weist das Album viele Parallelen zum Klassiker "Rebirth" auf und scheitert nur ganz kurz davor, sich mit selbigem auf eine Stufe zu stellen. "Secret Garden" ist für Fans von anspruchsvollem, innovativem, hartem und leicht progressivem Melodic Power Metal neben ORDEN OGAN und BLIND GUARDIAN im Januar ein absoluter Pflichtkauf! Experiment "Nova Era MK 2" par excellence geglückt!



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (12.01.2015)

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