My Sleeping Karma - Moksha

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VÖ: 29.05.2015
Bandinfo: MY SLEEPING KARMA
Genre: Instrumental / Shred / Fusion
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste

Man stelle sich einen normalen Tag im Leben eines Death-Metallers vor: Morgens wird nach dem Aufstehen ein Baby verspeißt, danach fährt man mit seinem Panzerkampfwagen VI ins nächstgelegene Schlachthaus um dort unmotiviert den Bolzenschussapparat zu schwingen und die so erworbenen Euros nach acht Stunden Haut verjüngenden Blutbad, der Job hat ja doch etwas Positives, direkt in den nächsten Plattenladen zu rollen. Auf dem Weg dorthin wird noch versehentlich eine Horde Hipster, die sich gerade über die Leichtigkeit des Seins im pseudoalternativen Diskurs befinden, überollt und so zu Panzerkettenpastete verarbeitet. Kurz vor der Ankunft feuert man sein Panzergeschütz noch in den benachbarten Schulhof, wo gerade ein Treffen der örtlichen Gangsta-Rapper stattfindet, der Beef ist somit überflüssig geworden und es fliegen brennende Baggy-Pants und Base Caps durch die beschauliche Landschaft. Vom Pulverdampf doch ein wenig trocken auf der Kehle dankt man dem großen Cthulhu, dass sich direkt neben dem Vinyl-Dealer der Wirt des Vertrauens befindet, also erst mal fünf Bier exen um auf Feierabendniveau zu kommen. (Absatz des Jahres, Herr Kollege. Dennoch solltest du die Intensität deiner Pillen wieder zurückschrauben - Anm. d. Red.)

Im Plattenladen angekommen kann man sich nicht entscheiden ob man Augen für die dort aufgestellten Schätze des gesitteten Krawalls haben soll, oder für das liebreizende Alternativ-Mädl hinter der Kassa, welches sich gerade so gar nicht nach Tod und Zerstörung klingende Klänge reinzieht. Man bewegt sich zu ihr hin und stellt mit einem ordentlichen Rülpser seinen Alphamännchen-Status klar und verweist dezent auf die seit 15 Jahren ungewaschene Kutte. Doch das Weibchen reagiert nicht auf die Annährungsversuche und scheint sich auf ganz anderen Wellen zu bewegen. "Was hört Madame dort, dass es sie so vereinnahmt die Stammkundschaft nicht zu bedienen?", und darauf dreht sie sich um und wispert leise mit einem allzu niedlichen Lächeln dem Frontschwein ins Ohr "Die neue MY SLEEPING KARMA, nennt sich "Moksha" und das solltest du dir unbedingt auch anhören". Von den Reizen der Dame hypnotisiert lässt man sich die Platte einpacken und verspricht sich das Teil anzuhören und sich zum Gedankenaustausch über das Werk in Kürze wieder bei ihr zu melden... Die Hintergedanken natürlich längst nicht mehr bei der Musik, sondern beim Stelldichein auf der Panzerrückbank, aber um dies Ziel zu erreichen wird man sich nun doch mit MY SLEEPING KARMA beschäftigen müssen.

Auf der Heimfahrt gönnt man sich noch ein, zwei Dosenbier und schlängelt deshalb ein wenig und so muss des Nachbars Hund auch noch dran glauben. Zuhause angekommen stehen auch gleich die Zeugen vor der Tür, welche man noch gleich mit Schwefel und Donner in die Hölle befördert... zu viel Stress für einen Tag, schnell die Pizzareste von vorgestern aufgewärmt und dann nichts wie den Plattenspieler anwerfen und in Erinnerung an das weibliche Geschöpf und Hoffnung auf traute Zweisamkeit legt man sogleich "Moksha" auf den Plattenteller und knallt sich mit dem Bierrestvorrat auf die durchgesessene Couch.

Muss ja eigentlich ordentlich hämmern, wenn es die Dame so fasziniert hat denkt der Krawallfetischist, doch schon bei den ersten Klängen ist man verwundert. Was vernimmt man hier? Sanfte Klänge, die wie ein Mantra aus den Boxen fließen, keine Vocals und doch stellt sich ein entspannendes Gefühl im ausgelaugten Kadaver des Warriors ein. Er befindet sich auf einmal in einem Trance-ähnlichen Zustand und kann seit langem einmal wieder vom Alltagsstress auspannen... Schnell Google befragen, wer oder was sind diese MY SLEEPING KARMA eigentlich? Zuzuordnen ist die aus dem bayrischen Aschaffenburg stammende Band dem Psychodelic Rock und hat seit ihrer Gründung 2006 bereits vier Longplayer im Reportare, zuletzt 2012 "Soma" (zum Review) mit überwiegend guter Kritik und "Moksha" ist nun das neueste Werk des Instrumental-Vierers, welcher sich in Sachen Artwork und Titelgebung ihrer musikalischen Schöpfungen zum Hinduismus hingezogen fühlt. Was stellt nun "Moksha" wirklich mit dem Zuhörer an und lohnt es sich auch für die Jünger des Geprügels zur Platte zu greifen, ohne den Hintergedanken eine Platten-Dealerin abzuschleppen?

Die Antwort lautet ganz und deutlich: Ja! MY SLEEPING KARMA haben mit vorliegendem Album ein in sich schlüssiges Werk geschaffen, das den Hörer von der ersten bis zur letzten Minute gefangen nimmt. Ausgeklügelte Songstrukturen mit höchst einprägsamen, ja, nahezu meditativen Melodien lassen einen nicht mehr los und das alles ganz ohne den Konsum von sinneserweiternden Substanzen. Hier über einzelne Songs von "Moksha" zu sinnieren wäre sinnlos, die Langrille ist als Gesamtwerk zu betrachten und ergibt eine musikalische Reise, an deren Ende das positive Karma nur so aus einem heraussprudelt. Dass diese Art von Musik natürlich nicht für alle Lebenslagen geeignet ist, versteht sich von selbst, doch in diesen gewissen Stunden, wo man den Abschaltknopf für den Stress unserer gehetzten Konsumgesellschaft sucht, bietet sich derzeit nichts besser an als "Moksha".

Und es sei prophezeit, nicht nur unsere Plattenverkäuferin wird sich zu den sanften Klängen hingezogen fühlen, auch aus dem harten Deather wird somit ein MY SLEEPING KARMA-Anhänger werden. Als Resümee gilt es somit zu sagen: "Moksha" unbedingt zulegen, diese Platte sollte in jedem gut sortierten Regal, das keinen Brett-vorm-Kopf-Zwängen unterworfen ist, aufzufinden sein!

Anspieltipps:
- Vayu
- Moksha
- Jalam



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Laichster (22.05.2015)

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