KAMELOT - Haven

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VÖ: 08.05.2015
Bandinfo: KAMELOT
Genre: Melodic Power Metal
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste

Elf Alben und kein bisschen leise, im Gegenteil: Das amerikanisch-schwedisch-deutsche Power-Metal-Konsortium KAMELOT scheut sich auch diesmal nicht, ein wenig zu experimentieren und ein Album mit ungeahnter orchestraler Vielfalt abzuliefern. Dass Chefstratege Thomas Youngblood auch nach mehr als 20 Jahren noch Songs abliefert, die schön knallen und toll ins Ohr fließen, spricht genauso für die Band wie der wohl endgültige Siegeszug von Sänger Tommy Karevik, der 2012 den langjährigen Barden Roy S. Khan wegen gesundheitlicher Probleme ersetzte. Dass Karevik seinen Vorgänger nie zu imitieren versuchte, aber dennoch ähnlich klang, brachte ihm von Beginn an Sympathiepunkte der breiten KAMELOT-Fanschar ein.

"Haven" kann man sich sowohl als Ansammlung einzelner, thematisch lose miteinander verwobener Songs zu Gemüte führen, aber auch als eine Art Konzeptwerk über die kleinen Zufluchten und sicheren Häfen, die man sich im Leben schafft (siehe dazu unser Interview mit Thomas Youngblood). Musikalisch werden nach wie vor keine Gefangenen gemacht, manchmal hat man irgendwie den Eindruck, die Band würde schon ein wenig auf Nummer zu sicher gehen, so dicht ist die Frequenz an Hit-verdächtigen Riffs und Melodien. Aber es liegt einfach in der Natur der Band und ihrer Hauptsongwriter Thomas Youngblood und Oliver Palotai, sich nicht zu sehr im Prog zu verzetteln und dem Hörer dennoch anspruchsvolle, wenn auch immer nachvollziehbare Songs an die Hand zu geben. Dass man dabei immer - wie auch schon auf vergangenen Alben - knapp am Rand zu Kitsch und Kommerz entlang tänzelt, stört bei KAMELOT nicht wirklich und gehört schon irgendwie zum Konzept der multinationalen Band.
In zwölf handlichen Häppchen bekommt man "Haven" serviert und es sind die anfangs eher unscheinbaren Tracks wie das epische, fast schon hymnenhafte "End Of Innocence", die man sich näher anhören sollte.

Klar, so offensichtliche Hit-Garanten wie "Falling Star", "Insomnia" das stampfende "Citizen Zero" oder der bombastisch in Szene gesetzte Doublebass-Kracher "Liar Liar" erklären sich von selber und bedürfen auch keiner großartigen Erläuterung: sie sind einfach nur top. Wer KAMELOT kennt, weiß aber, wie detailverliebt das Songwriting oft ist und man wird auch immer wieder zwischen den Zeilen fündig. Die Ballade "Under Grey Skies" mit DELAIN-Sirene Charlotte Wessels am zweiten Mikro ist trotz Schmalztrief-Faktor wunderbar unaufdringlich, ebenso das klassisch arrangierte, fast frei schwebende "Here's To The Fall". "Revolution" ist hier mit Abstand der härteste Song, der einem sein Thema mit Industrial-Präzision einhämmert, die ein wenig an PAIN erinnert. Einzig "My Therapy" fällt beim Entertainment-Gesamturteil etwas unter den Durchschnitt, hätte man sich auch schenken können. Ansonsten steht KAMELOT auch im Jahre 2015 für Tradition und Qualität. Statt sich neu zu erfinden (warum sollte man auch?) und Fans zu verstören setzt man auf alte Stärken und bewährte Muster. "Haven" zeigt, dass auch nach mehr als hundert Songs die Ideen immer noch sprudeln und dass wir von dieser Band noch einiges zu erwarten haben.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (04.05.2015)

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