Borknagar - The Olden Domain (ReRelease)

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VÖ: 27.04.2015
Bandinfo: BORKNAGAR
Genre: Melodic Black Metal
Label: Punishment 18 Records
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Lineup  |  Trackliste

Es war 1996 als BORKNAGAR, damals noch eine vollkommen unbeleckte und demolose Band bestehend aus einigen norwegischen Black-Metal-Größen, ihr selbstbetiteltes Debüt veröffentlichten. "Borknagar" war und ist auch heute noch ein wildes, inkonsistentes Stück Musik, das seinen Charme aus der wüsten Produktion, den spontan wirkenden Songs, dem albernen Cover mit dem danebengegangenen Druck und dem noch nicht ganz rund wirkenden Zusammenspiel der einzelnen Musiker zog. Immerhin war die Scheibe so überzeugend, dass die Band fast umgehend bei Century Media als einem der Big Player der Metalszene Unterschlupf fand und damit im Black-Metal-Genre nicht nur eine Ausnahme war, sondern umgehend als kommerziell eingestuft wurde.

Mit "The Olden Domain" konnten BORKNAGAR in leicht modifiziertem Line-Up nur ein Jahr später beweisen, dass sie die Vorschüsse (in Geld oder Lorbeeren, das ist letztlich egal) zurecht kassiert hatten. Schon das zweite Album zeigt das geistige Kind des unheimlich talentierten Gitarristen Øystein G. Brun gereift und gleich mehrere Schrittlängen von sowohl billigem Kitsch- als auch vom traditionellen norwegischen Black Metal entfernt. Gleich der Opener "The Eye Of Oden", noch immer einer der größten Songs der 20-jährigen Bandgeschichte, enthält alle Trademarks dieses vielschichtigen Albums: Auf dem klanglichen Grundgerüst klassischer nordischer Düsternis baut Brun komplexe, sehr eigene und nicht selten progressive Riffs von spannender Erhabenheit, arrangiert diese zu acht eigenwilligen Songs mit gleichbleibend schwindelerregend hoher Qualität und erstaunlichem Fluss - und lässt seine Mitmusiker die feinen Details erledigen. Neben Erik "Grim" Brødreskift, der am Schlagzeug in den Neunzigern einen unnachahmlichen Stil perfektionierte, damit die besten Platten von IMMORTAL und GORGOROTH schmückte und sich dann freiwillig aus dem Leben schoss, brillieren auf "The Olden Domain" auch ENSLAVED-Mastermind Ivar Bjørnson mit sphärisch-gänsehauterregenden Keyboards und vor allem ULVERs Kristoffer "Garm" Rygg am Gesang mit einer seiner sicherlich besten Leistungen, die selbst die bis dahin erschienenen ULVER-Alben in den Schatten stellte und dem Album seine unverwechselbare Färbung verleiht.

Die Brillanz und Magie des BORKNAGAR-Zweitlings macht aber nicht die Leistung oder Kombination der einzelnen Musiker aus, sondern die Vision des Hirns, das diese Individualleistungen zusammenhält - und zwar mit schlicht und einfach tollen, eigenständigen Songs und spürbarem Herzblut, das unberührt von Verlockungen des schnellen Ruhms oder leicht verdienten Geldes fließt. Damit ist "The Olden Domain" letztlich, weit mehr als das Debüt, die Keimzelle für die Musik, mit der BORKNAGAR auch heute noch, mehr als 18 Jahre später, begeistern. Songs wie das genannte "The Eye Of Oden", "The Winterway", "Grimland Domain" oder "The Dawn Of The End" sind es, die den völlig berechtigten Ruhm dieser Ausnahmeband begründet haben. Weiterhin ist für mich der Erstling das magischere Album und das 2012er "Urd" die bisherige Krönung der Diskografie, aber das ist im Kontext der Zeit zu sehen. "The Olden Domain" ist (vor allem produktionstechnisch - da hätte man eventuell anlässlich dieser Wiederveröffentlichung nachhelfen können) wahrnehmbar ein µ gealtert, das aber in einer reifen Würde. Eine Scheibe, die ohne Diskussion in jede anspruchsvolle Black-Metal-Sammlung gehört.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Florian Dammasch (22.05.2015)

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