Manowar - Gods of war

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VÖ: 23.02.2007
Bandinfo: MANOWAR
Genre: Metal
Label: SPV / Steamhammer
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Lineup  |  Trackliste

Schon seit bekannt wurde, dass MANOWARS neue Scheibe genau am 23. Februar in den Läden stehen wird, hatte ich mir das Datum mit rotem Marker im Kalender eingetragen, alle weltlichen Tätigkeiten in weiser Voraussicht an diesem Tag abgesagt, das Bier eingekühlt und mir vorgenommen, eine Woche vor dem magischen Tag keine MANOWAR Scheibe zu hören. Allein „Gods of war“ sollte dieser Tag gehören. Zuletzt hatte mir dies Ritual 1999 „Gamma Rays“ Powerplant versüßt.

Nun, heute war es soweit. Punkt neun Uhr stand ich vorm Saturn. Für die anderen Kunden, die nebst mir der Öffnung engegeharrten, hatte ich nur ein müdes Lächeln übrig. Kaum öffneten sich die Pforten hastete ich zum Cd Regal und suchte ungeduldig nach der Ware. Allein, keine „Gods of war“ war zu finden. Zitternd wandte ich mich an einen Mitarbeiter, der mein unwirsches Gestikulieren sofort verstand und im hinteren Teil des Geschäfts verschwand. Kurz darauf kehrte er triumphierend mit einem quadratischen Metalschuber zurück und drückte ihn mir mit den Worten „Edel, was?“ in die Hand. Ich, erleichtert und aufgeregt, berappte zwanzig Euro und machte mich auf den Weg…

Wahrlich Großes hatte man im Vorfeld über das neue Werk MANOWARS gelesen: (..) Gods Of War ist zu einem massiven, facettenreichen Konzept herangewachsen, welches man mit Wagners Ring-Zyklus vergleichen kann, (…) ein Werk das es so noch nie gegeben hat, (...) die Epik wird neu definiert. Joey hat wieder einmal alle Superlative gebraucht um das mittlerweile zehnte Studioalbum mit dem nötigen Bombast anzukündigen. Und nur aus dem Mund eines Joey de Maios macht folgendes Statement Sinn: "Ich habe heute keine Zeit, Baby! Beim Schreiben neuer Killersongs brummte mein Bass in einer nie zuvor da gewesenen Frequenz und löste einen atomaren Erstschlag aus. Ich muss noch schnell den Metal retten, bevor mich Götz auf der Bühne erschießt“. Phantastisch!!!

Joey de Majo, Beruf Bassgott, die aussterbende Rasse verrückter Rockgötter, genial und total durchgeknallt, bietet dem Rock in Zeiten durchschnittlicher Baukastencharaktere, das was ihn groß gemacht hat. Mit ihm lebt die Erinnerung an längst vergangene Rockmythen. Großkotzigkeit und absolute Scheu gegen jegliche Anpassung waren stets das Credo des Rock. In einer Welt voll politisch korrekter Anzugträger halten MANOWAR die Fackel des Rocks hoch und nicht Dio, wie es bei „Tenacious D“ heißt, werden einmal dies Licht weitergeben müssen. Jedes Wort, das Joey de Majo von sich gibt festigt ihr Image, die Band spielt mit allen Klischees, lässt Interviewer blass aussehen und weicht nicht einen Deut von ihren nunmehr fünfundzwanzig Jahren dauernden Weg ab. Nicht mehr viele solcher Leute gibt es. Ozzy ist alt und müde geworden, Lemmy hat sein Legendenstatus verbraucht, Richie Blackmore verpulvert seine abgefahrene Genialität nur noch als gähnende Langeweile und auch Alice Cooper frisst längst keine kleinen Kinder mehr. Alain Jourgensen verblüfft noch manchmal mit kotzigen, scharfsinnigen Kommentaren.

Und nun passiert es, dass ein Horde planloser Kritiker vergnügt die Klamotten und die imagebedingten Klischees der Band ins Lächerliche ziehen und dabei aber das Wichtigste vergessen. Wenn sich das hervorragende Onlinemagazin „laut“ dazu herablässt, bei neuester MANOWAR Dvd ausufernd über alle Nebensächlichkeiten zu berichten, außer dem Wichtigsten, der Musik, dann wirft das ein zweifelhaften Licht auf den, zugegeben wortgewaltigen, Rezensenten. Wir, - damit meine ich alle, für die Musik mehr ist als ästhetische Notenfolgen, sollten froh sein, noch so extrovertierte Rocker zu haben. Die Welt wäre ärmer, würden nur noch vegane Fallobstfresser wie In Flames oder Soulfly herumlaufen, politisch langweilig korrekt und mit dem Eifer die Welt zu retten.

Ein weiters Ziel der Kritik sind die Texte der Band. Nun mal ehrlich: Wer verdammt noch mal hört schon auf den Text im Heavy Metal. Finden sich etwa bei Gamma Ray oder Iron Maiden bessere Texte? Und wie ist es bei kommerziellen Pop oder Country? Nur sehr schwer versteh ich den gewaltigen lyrischen Unterschied zwischen pathosschwangeren, bildgewaltigen MANOWAR Texten und pubertären Selbstmordgedankenlyrics für ritzende Mädchen, wie etwa die von Nirvana. Das Genre freilich ist unterschiedlich, aber das Hauptaugenmerk sollte doch auf der Musik liegen. Die Texte dienen nur zur Entfaltung von Adams Stimme und zu nichts mehr; die Huldigung der Kriegsgötter, die Vertonung nordischer Mythologie ist Nebensache, kein Mensch muss sich auserkoren fühlen, sie deuten zu müssen. Wenn Adams singt: „I taste your blood, as it showers from my blade“, so hat das nicht mehr Sinn als wenn Billy Talent von den „Flüssen dort unten“ singt. Punkt.

Doch nun zur Musik: Sechzehn Lieder haben es auf die Rille geschafft, mehr als auf alle anderen Alben, ja selbst „Hail to England“ und „Into glory ride“ zusammen kommen nicht auf diese Anzahl. Satte 74 Minuten Mucke haben Manowar seit „Warriors of the world“ komponiert, 74 Minuten die mehr wie ein Hörspiel konstruiert sind, als den Normen eines normalen Metalalbums zu entsprechen. Das fängt schon beim instrumentalen Eröffnungssong an. „Overture to the hymn of the immortal warriors“ ist klassisch, wagneresk komponiert, Streicher aus der Konserve huldigen in dem sechs Minuten Stück den unsterblichen Kämpfern, atmosphärisch dicht und sehr gefällig zum Auftakt. Dann folgen mit „The Ascension“ und „King of Kings“ zwei bereits bekannte Songs, die hier nun in der Konzeptgeschichte ihren wahren Platz finden. In „Army of the dead, Part 1“ ist nur Eric Adams zu hören, unterlegt mir einem epischen Keyboard. Wirkt wie ein Teil von „Achilles Agony and Ecstasy“ fürs neue Jahrtausend. „Sleipnir“ ist dann endlich der erste Song in dem fette Gitarren zu hören sind. Geniale Singmelodie und typisch, brillanter Refrain lassen zum ersten Mal die Hände gen Himmel recken. Ein zukünftiger Livekracher! Dann folgt mit „Loki God of Fire“ wieder ein treibender Song, erstklassige Riffs und Soli bieten Heavy Futter vom Feinsten. Folgendes „Blood Brothers“ ist eine feine Ballade im Stil von „The crown and the ring“. Die Gitarren erinnern kurz an „Defender“, Spannung wird aufgebaut und schon kurz darauf singt man die Strophen mit geschwellter Brust mit. Eric`s Stimme rührt zu Tränen. Bis zu diesem Zeitpunkt zweifelt man nicht daran, Zeuge des neuesten MANOWAR Meisterwerks zu sein. Doch es sind gerade mal dreißig Minuten vergangen. „Overture to Odin“ ist bereits auf der „Son of Odin“ Ep zu hören, heißt dort jedoch „Odin“. „The blood of odin“ ist wieder ein Instrumental, das die Geschichte weiter vorantreibt. Man hört unheilsschwangere Soundeffekte, eine tiefe Stimme, schreiende Menschen und heulende Wölfe, aber kein Lied! Mit „Sons of Odin“ steht ein ebenfalls bereits bekannter Song als nächster an. „Glory Majesty Unity“ ist eine schlichte Gesprächspassage, die in dem ebenfalls bekannten „Gods of war“ gipfelt. Hier wurde der Anfang marginal verändert. Sicher ein geiles Lied aber eben schon bekannt. In „Army of the dead, Part 2“ kann Joey seine zarten Pianokünste präsentieren, bevor Eric fast identisch dem ersten Teil singt. „Odin“ fängt schräg an, bietet stampfende Gitarren, allernötigstes Schlagzeug vom „Doomdrummer“ Kolumbus, der Refrain ist hymnisch genial, Solo typisch Logan, ist aber schlussendlich fast identisch mit „Overture to odin“, nur dass hier Adams dazu singt. Irgendwie geil aber fällt den Jungs nichts mehr ein? „Hymn of the immortal warriors“ lässt auch das Schwert in der Scheide und besinnt sich aufs Balladendasein. Recht und gut, Atmosphäre und so, aber es ist mir jetzt auch klar, dass Joey einfach keine Songs mehr schreiben kann. Je mehr Technik ihm zur Verfügung steht umso klinischer und uninspirierter werden die Lieder. Versteht mich nicht falsch. Alle Songs haben Klasse, ein jedes berührt mein Herz, aber wie gern würde ich wieder mal ein Achtminuten Schwergewicht alla „Guyana“ oder „March for revenge“ hören. Stattdessen vertonen Manowar lieber einen Fantasyfilm. Den Abschluss macht „die for metal“, ein schlichter, rotzfrecher Metalsong, typisch neue MANOWAR

Man kann den Jungs eine gewisse kauzige Klasse nicht absprechen, aber dass hier nur vier wirklich neue Songs auf dem Album stehen, kotzt schon an. Mir als MANOWAR Fan fällt es schwer zu sagen aber „Gods of War“ ist eine Verarschung!
Wer weiß, vielleicht wächst das Album noch, aber bei sowenig neuen, wirklichen Songs?

Dies sollte ursprünglich kein normales Review werden sondern eine verdammte Heiligsprechung. Nun bietet sich mir ein zwiespältiges Album, das mein schizophrener Geist nicht einordnen kann. Sicherlich werde ich nicht als einziger Probleme damit haben. Ich habe keine Ahnung, ich bin sprachlos? Wollen MANOWAR in Zukunft nur noch reitende Pferde auf Konserve bannen und wie wollen sie das live umsetzten. Sitzt Joey permanent am Keyboard und lässt seinen Bass ganz weg? Gibt sich Adams damit zufrieden, Arien zu singen und vergisst auf seinen „Evilizer“. Fragen über Fragen. Wie wird die Zukunft aussehen? Fuck, ein Teil meines Lebens ist gerade gestorben, die letzte Passion, die letzten Großen, die Retter, ach, eh schon wissen…Ich klink mich aus, das war`s, ich bin fertig……..



Ohne Bewertung
Autor: rimbaud (24.02.2007)

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