Vinegar Hill - Monophobia

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VÖ: 13.05.2015
Bandinfo: VINEGAR HILL
Genre: Melodic Death Metal
Label: Recordjet
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Lineup  |  Trackliste

Drei Jahre mussten VINEGAR HILL-Fans auf eine neue Veröffentlichung warten. Eine lange Zeit. VINEGAR HILL haben diese Zeit allerdings nicht mit Relaxen und Biertrinken im Leobener Kulturbeisl Habakuk tot geschlagen, zumindest nicht ausschließlich, sondern hatten eine dicht gedrängte Agenda abzuarbeiten: Zahlreiche Konzerte (Höhepunkt war sicherlich der von Fans gefeierte Auftritt am Nova Rock 2015), zeitraubende Tätigkeiten für den Verein "Band Meets Band", zwei Mitgliederwechsel (Dominik Stadler, Gesang und Oliver Seebacher, Gitarre) und die Arbeit an der aktuellen Veröffentlichung "monophobia".

Ein volles Programm, das andere Bands vermutlich an den Rand des Burn-Outs getrieben hätte. Aber Steirerblut ist bekanntlich koa Himbeersaft, sondern eine energetisierende Mischung aus Kernöl und Gösser Bier und so ist von Ermüdungserscheinungen nichts zu bemerken. Im Gegenteil, die arbeitsreichen Jahre haben das metallische Schaffen der Band positiv beeinflusst: Reifer und selbstbewusster denn je bolzen sich VINEGAR HILL auf "monophobia" durch neun Melodic-Death-Metal-Songs (inklusive der vorab veröffentlichten Bonustracks "Faint Cold Fear" und "Firebirds"), die vor ansteckender Energie und Spielfreude nur so strotzen.

Dass "monophobia" weitaus kürzer als sein Vorgänger "The Road To Grace" ausfällt, mag Fans im ersten Moment enttäuschen. Es bleibt allerdings bei einer sehr kurzlebigen Enttäuschung: Wenn VINEGAR HILL mit dem Opener "The Shadowman" nach einem etwas bedrohlich wirkenden und mit leicht spacigem Feeling garnierten Electro/Synthesizer - Intro und einem kurzen, fast klassischen Riff in den Death-Metal-Modus schalten und Sänger Dominik Stadler einen ersten Einblick in sein unbestreitbares Können gestattet, werden sämtliche Gedanken an eine Gesamtspieldauer von einer Death-Metal-Dampfwalze niedergebügelt.

Apropos Gesang: Während sich Dominik Stadler mit seinen energiegeladenen Growls als Glücksgriff entpuppt, überraschen die cleanen Vocals von Michael Dreschnig. Hatten sie auf dem Vorgängeralbum "The Road To Grace" noch ab und an geschwächelt, tönen sie auf "monophobia" kraftvoll und selbstbewusst aus den Boxen. Michael Dreschnig übernimmt mit seinem cleanen Gesang nicht nur die Rolle einer Art Gegenpol zum growlenden Wüterich Dominik Stadler, sondern bringt eine eigenständige, emotionale Ebene ins Spiel. Dass die cleanen Vocals nicht die Dynamik der Songs ausbremsen, liegt auch an den ausgeklügelten Songstrukturen.

Der Opener "The Shadowman" zeigt, was Fans auf "monophobia" erwartet: Astreiner, kraftvoller Melodic-Death-Metal moderner Prägung. Kein glatt gebügelter, mit einfachen Mitgröl-Refrains auf Massentauglichkeit getrimmter Pseudo-Death-Metal, sondern herausfordernder Metal mit Ecken und Kanten, abwechslungsreichen Songstrukturen und einer konsequent durchgezogenen "In Your Face"-Haltung, die in Songs wie "Beauty No More" ihre Höhepunkte findet. Selbst kurze melancholische Momente bieten keine Entspannung in dieser todesmetallischen Tour de Force. "Gott sei Dank" ist man als headbangender Fan geneigt zu sagen, denn das Ganze ist zu mitreißend gestaltet als dass man nach Erlösung lechzen wollen würde.

Hie und da klingen leichte Einflüsse früher schwedischer Death-Metal-Acts wie IN FLAMES durch, aber das Gesamtbild wird von der künstlerischen Eigenständigkeit VINEGAR HILLs stark geprägt. Die Art und Weise, wie VINEGAR HILL Spannung aufbauen, konstant halten, erhöhen oder (auf-) lösen, ist definitiv ein Charaktermerkmal VINEGAR HILLscher Kompositionen.

Die Kombination aus Härte, satten Drums und Blastbeats, fetten Riffs, im Gedächtnis bleibenden Melodien, die variablen Vocals und der effektive Einsatz von Electro-Elementen/Synthesizer, der Momente unterschiedlicher Emotionen in das Riffgewitter einstreut, hat etwas Hypnotisches an sich, dem man sich schwer entziehen kann.
"monophobia" wird sicherlich den einen oder anderen Death-Metal-Puristen herausfordern. Aber die Auseinandersetzung mit dem Album lohnt sich allemal, die Songs sind vielschichtiger als ein erster Durchlauf vermuten lässt.

Mit "monophobia" beweisen VINEGAR HILL Reife, neues Selbstbewusstsein und, daraus resultierend, eine gewisse Experimentierfreude, die sich unter anderem in interessanten Songstrukturen (kurze Blicke über den todesmetallischen Tellerrand Richung Thrash inklusive) und im Umgang mit Electro-Elementen manifestiert.

Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet im grünen Herzen Österreichs, genauer gesagt, in der wunderschönen steirischen Montanstadt Leoben, macht sich eine Melodic-Death-Metal-Band auf den Weg, den aktuellen Heroes der Death-Metal-Szene gepflegt in den Allerwertesten zu treten.



Fazit

"monophobia" ist ein mitreißendes Stück modernen melodischen Death Metals, mit Ecken, Kanten und hohem Wiedererkennungswert. Wer glatt gebügelten 08/15-Death-Metal ohne individuelle Konturen sucht, wird bestimmt auf YouTube fündig. Alle anderen werden mit "monophobia" ihre Freude haben. Bei Nackenschmerzen aufgrund exzessiven Headbangens wende man sich an den Arzt seiner Wahl, VINEGAR HILL übernehmen keine Verantwortung.

VINEGAR HILL: Firebirds



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Wolfgang Milchrahm (09.08.2015)

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