The Black Dahlia Murder - Abysmal

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VÖ: 18.09.2015
Bandinfo: THE BLACK DAHLIA MURDER
Genre: Death / Thrash Metal
Label: Metal Blade Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Mein lieber Herr Gesangsverein. Da quält man sich Samstagvormittags verkatert aus dem Bett, checkt die üblich-unnötigen Facebook- und Mailaktualisierungen, knallt sich nebenbei die neue THE BLACK DAHLIA MURDER-Scheibe zum Munterwerden rein und wird davon völlig unerwartet  in die Habt-Acht-Stellung befördert. Und ja, ich bleibe dabei – „Everblack“ hatte vor zwei Jahren vielleicht das großartigste Artwork der TBDM-Historie, aber das nach stressigen Personalwechseln eingeknüppelte Album ist für mich noch heute ein unausgegorenes Stück Metall, das sich keiner Orientierung bewusst war. Meine Sorgenfalten ob der künftigen Bandausrichtung waren aber glücklicherweise unbegründet, denn was Frontderwisch Trevor Strnad und Co. auf „Abysmal“ zu ihrem siebenten Studioalbum gedeihen ließen, zeigt das Kollektiv aus der Pleitestadt Detroit in absoluter Topform.

Bereits der Opener „Receipt“ drischt nach schwarzwurzelig-symphonischem Klassikintro so kompromisslos derbe ins Mett, dass die Haare auch ohne riskanten Steckdosengriff zu Berge stehen. Neben den Doublebass-Stakkati und Trevors unvergleichlich angriffigem Gesang sind vor allem die schwedischen Melodielinien extraknackig geschrieben, quasi gleichermaßen ein Himmelsstück für aufgeschlossene IRON MAIDEN-, EVOCATION- und UNEARTH-Jünger. Das bereits im Vorfeld ausgekoppelte und stark an DARK TRANQUILLITY erinnernde „Vlad, Son Of The Dragon“ ist nach mehrmaligem Durchhören sogar noch eine der seltenen Durchschnittsnummern, denn die meiste Zeit schrieben die Gitarristen Eschenbach und Knight die knackigsten Songs seit dem grandiosen „Ritual“ und die vielleicht frischesten seit „Nocturnal“. Der Titeltrack etwa ist eine rasante Abfahrt durch die Hölle (gleichzeitig auch das bestimmende Überthema des Albums, auf dem Strnad gewohnt innovativ persönliche Erlebnisse mit Sagengeschichten und wahren Begebenheiten kombiniert), „Threat Level Number Three“ versucht sich gar in schnellen Prog-Gefilden und „Stygiophobic“ ist mit seiner Gruselatmosphäre schon jetzt ein unverzichtbarer Fixpunkt für Entschleunigungsmomente in zukünftigen Live-Sets.

Was die brandneue TBDM-Scheibe so ungemein kurzweilig und spannend macht ist neben dem hohen Abwechslungsreichtum der einzelnen Kompositionen vor allem das fortschrittliche Songwriting. Natürlich „fladern“ sich die Amerikaner munter durch die Metalgeschichte, doch auf „Abysmal“ gelingt es ihnen so stark wie selten zuvor, Anleihen aus dem NWoBHM mit schwedischem Black/Death und US-Groove-Zitaten zu kombinieren. Übrigens – wer den Burschen, wie immer noch in vielen Reviews und Berichten zu lesen, den Metalcore-Mantel umhängen will, der hat sich die Band seit mindestens zehn Jahren nicht mehr angehört oder schlichtweg keinen Plan, wovon er faselt.  Dann doch lieber genauer Reinhören, denn das zahlt sich auf jeden Fall aus. Die traumhaften Gitarrensoli in „The Fog“ können bei dieser akustischen Buntstiftpalette völlig problemlos neben Brutalo-Geblaste auf „Asylum“ und nackenbrechenden Groove-Passagen wie im Closer „That Cannot Die Which Eternally Is Dead“ stehen. Das erfreut mit Sicherheit jeden Extreme-Metal-Maniac, dessen Toleranzgrenze über Null liegt und beschert auch nach mehrmaligem Durchlauf noch ausreichend Hörvergnügen. Welcome back, boys. Es geht ja eh noch.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (10.09.2015)

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