Coronatus - Raben Im Herz

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VÖ: 04.12.2015
Bandinfo: CORONATUS
Genre: Gothic Metal
Label: Massacre Records
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Lineup  |  Trackliste

Bei Album Nummer sieben sind die Stuttgarter Folk-Gothic-Metaller von CORONATUS inzwischen angekommen. "Schaffe schaffe, Album aufnehme!", scheint das Motto der Schwaben-Formation zu sein, denn "Raben im Herz" steht bereits ein Jahr nach Veröffentlichung des Vorgängeralbums in den Regalen. Als erstes fällt auf, dass der Titel von CORONATUS' neuestem Output zum ersten Mal nicht dem Lateinischen entlehnt wurde, sondern in Deutsch gehalten ist. An der stimmlichen Front ist ausnahmsweise alles gleich geblieben und hier hat man überdies noch nachgebessert, denn die beiden Frontfrauen Carmen R. Lorch und Anny Maleyes harmonieren nun stimmlich deutlich besser als auf dem Vorgänger "Cantus Lucidus". Aber das war es dann leider schon wieder mit den positiven Nachrichten...

Zwar fängt "Raben im Herz" mit dem Opener "Lady Of The Wall" solide und recht gut strukturiert an, doch dann beginnt der Longplayer einem Zickzackkurs zu folgen, dem man kaum noch folgen kann. Den bemüht progressiven Experimenten des Vorgängeralbums wurde auf "Raben im Herz" noch mehr Raum eingeräumt, was über weite Strecken für, gelinde gesagt, ziemlich vertrackte Strukturen sorgt. Da agieren mitunter Fanfarenklänge komplett am Song vorbei ("Hoffnung stirbt niemals"), Violinenklänge tönen am Kontext des Titels vorbei, wie in "Carpe Noctem", und dann taucht zB in "Anderswelt" wie aus dem Nichts auch noch komplett unpassende Percussion auf. Wie man es auch dreht und wendet, mag sich einem bei kaum einem Titel erschließen, in welche Richtung er sich musikalisch biegen oder einordnen möchte, zu viele unnötige Rhythmus- und Tempowechsel zerfahren Song um Song und lassen den Hörer im strukturellen Gewirr der oft überlangen Tracks im Regen stehen. Exemplarisch seien nun einfach einmal drei Titel hervorgehoben, die da wären...

Zum einen "König der Nebel", das hinsichtlich der Experimentierfreudigkeit der Stuttgarter den Vogel abschießt. KORPIKLAANI-artige Humppa-Melodien, dazu ein epischer Keyboard-Teppich, wie man ihn von ENSIFERUM kennt und schließlich wird das Ganze noch vom Opernsopran in deutscher Sprache mit etwas holprigen Reimen dargeboten, versetzt mit Parts, die stilistisch mehr in den Schlager abdriften. Was auch immer sich CORONATUS dabei gedacht haben - bitte, BITTE versucht das nicht noch einmal.

Auf "Seelenfeuer" traut man sich etwas rifflastiger zu agieren, was der Band auch durchaus gut stehen würde, es einmal ein bisschen Krachen zu lassen. Doch es wird wieder viel zu viel an Einflüssen, Ideen und Wendungen hineingepackt, sodass der Song einfach, egal wie man es dreht und wendet, ein Stückwerk bleibt.

"Anderswelt" punktet zunächst mit einem relativ "bösen" Beginn, ehe mit Fortdauer des Titels der Versuch durch Growling-ähnliche Gesangsparts "härter" zu wirken leider mit Anlauf in die Hose geht - hier tobt sich eben keine blau gefärbte Amazone am Mikro aus. Ein ziemlich hakeliger Violinenpart und komplett aus dem Kontext fallende Percussion-Einlagen sind weitere Sargnägel des überkomplexen, viel zu langen Songs.

Angesprochenen Stückwerken stehen einige runde, aber relativ unspektakuläre Tracks gegenüber, wie der bereits erwähnte Opener "Lady Of The Wall" oder das ruhige Abschlussstück "Frozen Swan". Ebenfalls gut gelungen "Canan Nan Gaidhael" - ist das Gälisch? Der Titel könnte auch ein Cover sein, ist aber auf jeden Fall stilistisch in die schottische oder auch irische Ecke einzuordnen. Durch den Verzicht auf seltsame Instrumentalausflüge oder wirre Tempowechsel können alle drei erwähnten Songs insgesamt als am Stimmigsten bezeichnet werden - doch das rettet das Album leider auch nicht mehr wirklich.

Das musikalische Barometer zeigt bei CORONATUS inzwischen leider deutlich nach unten - anstatt sich Zeit für ein Album zu lassen, hat man mehr und mehr das Gefühl, dass die Stuttgarter versucht sind, Masse statt Klasse abzuliefern. Zwar kann "Raben im Herz" mit blitzsauberer Produktion und äußerst guten Performances aller Musiker glänzen, doch gerade beim Songwriting verlieren CORONATUS viel zu oft den Faden und verheddern sich strukturell so stark, dass der Hörer schlussendlich mit Fragezeichen über dem Kopf zurückbleibt und nicht mehr weiß, was die Stuttgarter mit den tonalen Eskapaden nun eigentlich bezwecken wollen. Schade.



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (16.12.2015)

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