RICKY WARWICK - When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues) / Hearts On Trees

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VÖ: 26.02.2016
Bandinfo: RICKY WARWICK
Genre: Rock
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Ricky Warwick ist kein Unbekannter. Er hatte schon von Anfang an das Glück, bei Bands als Gitarrist tätig zu sein, die bekannt waren und auf vielen Bühnen dieser Welt spielten - wie zum Beispiel ganz am Anfang bei der NEW MODEL ARMY und danach bei THE ALMIGHTY. Nach ein paar Jahren Solo-Karriere begann 2010 sein Einsatz als Nachfolger von Phil Lynott bei THIN LIZZY und bei deren Nachfolger-Band BLACK STAR RIDERS steht er ebenfalls am Mikro.

Trotz der Aufgaben bei BLACK STAR RIDERS fand Ricky in den letzten Jahren Zeit, nebenbei unzählige neue Songs zu schreiben. Da diese aufgrund der unterschiedlichen Stile und Einflüsse aber nicht zu den BLACK STAR RIDERS passten, machte er was Eigenes draus und im Endeffekt wurden es gleich zwei (!!) neue Alben: Das bluesige Akustik-Album „Hearts on Trees“ und das am klassischen Rock orientierte „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)“. Damit der geneigte Hörer beide Seiten von ihm kennen lernt, werden nun diese zwei unterschiedlichen Werke als Doppelalbum veröffentlicht.

Auf der Rock-Scheibe „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)“ hört man seine Musikeinflüsse ganz deutlich heraus: Der Rock’n’Roll bzw. Rock der 60er, 70er und 80er, wie ihn auch JOHNNY CASH, BRUCE SPRINGSTEEN, WOODY GUTHRIE oder STEVE EARLE spielten. Zusätzlich macht er auch vor Punk nicht Halt (Beispiel SEX PISTOLS), und manche Songs können diese bissige, raue Gangart nicht verleugnen.

Wer also auf die klassischen Sachen steht, der wird hier seine wahre Freude dran finden: schnörkelloser Gitarren-Rock, wo hin und wieder ordentlich geschreddet wird, klassische Rock-Riffs zu hören sind, und ein einfacherer, dafür aber beständiger Schlagzeugrhythmus zum Einsatz kommt, der die Stücke vorantreibt. Teilweise ist das Ganze ziemlich Bass-lastig, aber aufgrund von Rickys starker, prägnanter Stimme werden die Instrumente in die zweite Reihe gedrängt.

Den absoluten Gassenhauer gibt es beim Rock-Album nicht, dafür sind alle Songs von gleich guter Qualität. Man kann sich zum Einstimmen gleich mal den Opener „The Road To Damascus Street“ geben. In dieser Art sind alle zehn Songs, nämlich Rock pur. Natürlich mal schneller („Toffee Town“) und mal langsamer, wie der Title-Track. Dann gibt es den üblichen Happy-Sound-Rock-Song („Johnny Ringo’s Last Ride“), das obligatorische Mitsing-Stück, weil der Refrain so einfach ist („Yesteryear“), und auch Country-Touch („That’s Where The Story Ends“) bzw. ein Biker-Stück („Song Of The Wind“) fehlen nicht.

Insgesamt denke ich eigentlich die ganze Zeit an den 70er und 80er Rock und klassische Stadion-Bands wie SPRINGSTEEN, die hier eine Nachfolge finden. Auf der anderen Seite haut diese Musikrichtung aber die jungen Leute nicht um. Das ist eher was für ältere, die eben gerne die Musik ihrer Zeit wieder hören. Insofern nicht einfach, das zu beurteilen. Auf meiner Skala liegt das Album zwischen 3 und 3,5 Punkten. Es ist gut gemacht, aber es haut mich halt nicht um.

Schauen wir, wie es CD Nummer zwei geht – dem akustischen Blues-Rock Werk „Hearts On Trees“.

Da ich persönlich ein großer Blues-Rock-Fan bin und gerne die ganz großen Klassiker höre, bin ich neugierig, wie Ricky diese Stilrichtung umsetzen wird. Klassisch? Modern? Mit Schwerpunkt auf ruhig oder rockig? Die Neugierde steigt...

Der “Presbyterian Homesick Blues” klingt eher nach klassischer Umsetzung. Der Fokus liegt auf den Vocals und der akustischen Blues-Gitarre. Dazu noch ein wenig Rhythmus vom Schlagzeug und ein wenig Bass und schon ist die Nummer vollständig.

Ruhig und klar auch „Tank McCullough Saturdays“. Eine schöne Melodie, die nur aus Begleitgitarre und Vocals besteht, echt bestechend in ihrer Einfachheit. Die dazustoßende Streicher-Begleitung und der Bass runden dieses Stück ab und machen es herrlich emotional. Die Zeile „I won’t cry no more“ geht ins Herz und ins Ohr, die Mundharmonika setzt Akzente und man ist geneigt, sich diesen Song gleich noch mal anzuhören, weil er sich so schön einschmeichelt.

Tiefer und emotionsgeladen gesungen vereinnahmt einen „Psycho“ umgehend. Die Melodie und der Rhythmus sind leicht und eingängig, die Vocals klingen zumeist alleinstehend, weil die Begleitgitarre ganz ruhig und zart im Hintergrund spielt. Nur gelegentlich werden instrumentell Highlights gesetzt, vor allem, um den Refrain zu unterstützen.

In diesem Strickmuster geht es weiter: Die überwiegende Anzahl sind ruhige, angenehme bluesige Songs, mit Emotion vorgetragen und zumeist von einer simplen akustischen Gitarre begleitet. Das ist Musik im Urzustand bzw. in Reinkultur. Der Kombination aus gefühlvollem Gesang und weichen, schmeichelnden Akkorden kann man sich fast nicht entziehen. „Said Samson To Goliath“ und „Way Too Cold For Snow“ spielen in dieser Liga, aber auch “The Year Of Living Dangerously” oder der letzte Song “82”, bei dem vor allem die Textzeile “I still love you” bei mir hängen bleibt.

Die zweite Variante, die Ricky zu bieten hat, sind bluesige Stücke mit mehr oder weniger Rock’n’Roll. Sie sind zum Mitsingen oder Schunkeln geeignet und passen perfekt, um sie im Freien zu spielen, zum Beispiel in gemütlicher Runde am Abend und bei ein paar Bierchen. „Hearts On Trees“ ist ein Paradebeispiel dafür, aber auch der “Schwaben Redoubt”. Hier ist ein guter Refrain eingebaut und man summt oder singt diesen umgehend. Klingt irgendwie wie ein irisches Trinklied, oder? Ich kenn zwar keines, aber ich kann es mir sehr gut so vorstellen. Vor allem, da es im Text um die Pub-Meile geht, und man Ortsnamen wie Sligo hört. „Disasters“ würde ich auch noch zu diesen rockigen Songs zählen.

Nachdem man also nochmal zehn neue Songs gehört hat und diese mit dem ersten Teil vergleicht, lässt sich feststellen, dass es sehr unterschiedliche Teile sind. Ich wundere mich, dass sie gemeinsam in ein Doppelalbum gepackt wurden. Einerseits ist mir schon klar, dass Ricky damit versucht, möglichst viele seiner Fans mit allen Facetten seiner Solo-Musik zu erreichen. Andererseits kann ich mir aber nicht vorstellen, dass beide Alben gleich intensiv gehört werden. Der eine wird mehr Gefallen am Rock-Album finden, der andere mehr am akustischen Blues-Album. Jedes Werk hat seine Eigenheiten und Raffinessen und für jedes finden sich Gelegenheiten, wo es besser passt. Aber ich glaube, sie werden polarisieren.

Für mich persönlich ist klar, das bluesige „Hearts On Trees“ gefällt mir besser, aber es wird jeder seinen eigenen Favoriten finden, da die Geschmäcker zum Glück für die Musik unterschiedlich sind.

4 Punkte daher für „Hearts On Trees“ von mir.

 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lady Cat (12.04.2016)

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