Surgical Meth Machine - Surgical Meth Machine

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VÖ: 15.04.2016
Bandinfo: SURGICAL METH MACHINE
Genre: Industrial
Label: Nuclear Blast GmbH
Lineup  |  Trackliste

Jeder Musikfan hat gewisse Künstler bei denen er jeder Veröffentlichung entgegenfiebert, um sie dann umso kritischer zu hören. Seit Al Jorgensen sein nächstes Projekt als MINISTRY auf Speed angekündigt hat, ist einiges an Zeit bis zur Veröffentlichung von „Surgical Meth Machine“ vergangen. Nachdem die Neuerscheinungen seit der Wiederbelebung von MINISTRY nur mehr bedingt die gewohnt kompromisslosen Qualitäten der Meisterwerke der Blütezeit der Band erreichten, ist die Erwartungshaltung naturgemäß etwas gedämpft.

Das bereits veröffentlichte Video zu „Tragic Alert“ ließ bei mir die altbekannte Euphorie wieder aufflammen und weckte Hoffnungen auf einen künftigen Klassiker, die jedoch durch das extrem relaxte zweite Video zu „I’m Invisible“ wieder deutlich abnahmen. Zu widersprüchlich schienen die beiden völlig ambivalenten Tracks, doch wenden wir uns dem vollständigen Album zu, um beurteilen zu können wie diese Gegensätze im Kontext des Gesamtwerkes harmonieren.

SURGICAL METH MACHINE lassen dem Hörer keine Chance: Der aus „I’m Sensitive“, „Tragic Alert“ und „I Want More“ bestehende, eröffnende Dreierpack vereinnahmt den Hörer völlig. Jourgensen erschafft einen faschistoiden Moloch, der ausschließlich völlige Ablehnung oder bedingungslose Zustimmung auslöst. Der Hörer wird mit derart dicht arrangierten Maximalreizen zugedröhnt, was entweder fasziniert oder überfordert. Schnell, laut, chaotisch und komplex dringen die akustischen Signale stakkatoartig auf den Hörer ein, die Musik wirkt als ob alte MINISTRY und frühe ATARI TEENAGE RIOT ein Wunschkind gezeugt hätten. Al Jourgensen und Sammy D’Ambruoso beschränken sich aber nicht ausschließlichh auf wüstes Industrialgeballer. „Rich People Problems“ versprüht mit rotzigen Riffs punkige Vibes, während Al äußerst pointiert seine Ansichten über die Probleme reicher Menschen schildert. Das folgende „I don’t wanna“ ist nach LARD schon die zweite Kollaboration mit Jello Biafra und nimmt die chaotische Raserei der vorangegangenen Stücke wieder auf. Die SURGICAL METH MACHINE agiert auch auf der zweiten Hälfte des Albums eher mit durchgedrücktem Gaspedal. Aus dem Rahmen fallen das DEVO-Cover „Gates Of Steel“, welches, aufgrund der hochmelodischen Gitarrenparts, im Kontext der sonstigen Klanggewitter des Albums wie klassischer Hard Rock wirkt. Beinahe zahm, beendet „I’m Invisible“ Jourgensens jüngstes Opus nahezu melancholisch. Monotone Känge verströmen in Kombination mit effektvoll verfremdetem Gesang eine eigenartige Ruhe und Bedachtheit, die einerseits nicht so recht zum restlichen Chaos passen will, andererseits aber doch ein schlüssiges Ende bietet.

SURGICAL METH MACHINE ist das Überwerk von AL Jourgensen, welches man sich anstelle des eher lauwarmen MINISTRY Comebacks „Relapse“ erwartet hätte. Extrem wirre Kost, die verständlicherweise vielerorts auf völlige Ablehnung stoßen wird, aber wer das chaotische Element bei MINISTRY zu schätzen wusste, findet hier unter Umständen sein Album des Jahres.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Michael Walzl (26.04.2016)

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