SUNS OF THYME - Cascades

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VÖ: 27.05.2016
Bandinfo: SUNS OF THYME
Genre: Krautrock
Label: Napalm Records
Lineup  |  Trackliste

Genialer Gruftie-Hippie-Zwitter!

Die Berliner SUNS OF THYME melden sich, nach dem sehr gelungenen Debütalbum „Fortune, Shelter, Love and Cure“ (2013), mit nichts Geringeren als einen Meilenstein zurück! „Cascades“ ist nicht nur die erste Platte, die über das Groß-Label Napalm Records veröffentlicht wird, sondern geht noch tiefer in den eingeschlagenen Weg aus vielseitigen Emotionen und facettenreichen musikalischen Texturen. Die Grooves, der Bass, das Schlagzeug und die Percussion erden „Cascades“, während die flächigen Gitarren, die Effekte, die spacigen Synthesizer und Tobias Feltes’ außerweltlicher, melancholischer Gesang dem Album eine raumgreifende Schwerelosigkeit verleihen. Immer wieder treffen Echos von kühlem Postpunk auf Shoegaze, Psychedelic, Krautrock und arabeske Elemente. Und dazu entstand alles in Eigenregie. Vom Schreiben, über das Aufnehmen und Mischen, bis hin zum Artwork, welches Schlagzeuger Jascha Kreft entwarf. Ähnlichkeiten zu der Mittlerweile aufgelösten Hagener Neo-Psychedelic-Rock-Combo THE BLUE ANGEL LOUNGE sind schnell ausgemacht. Auch THE CURE, HAWKWIND und THE VELVET UNDERGROUND wabern mit. „Cascades“ ist eine Reise aus der Dunkelheit ans Licht.

Wabernde Klänge, ein sanft nach vorne stampfendes Schlagzeug, hochgestimmte Gitarren, die immer mal wieder an STONED JESUS erinnern, dazu die hypnotisierende Stimme von Tobias Feltes, sorgen für ein sehr psychedelic-lastigen Auftakt. „Do Or Die“ hat etwas von einem sommerabendlichen Strand-Jam, wären da nicht die düsteren und bedrohlichen Klänge, die sich immer mal wieder sehr dominat auftürmen. Ein sehr gelungener Start in die Platte.

Das mit der Textzeile "And the moon shines bright tonight" beginnende „Intuition Unbound“ geht dann noch tiefer in die Grippie (Mischung aus Gruftie und Hippie)-Materie über. Sauber produziert und sehr abwechslungsreich; eine geradezu unendliche Soundlandschaft kann den Hörer gekonnt fesseln. Diese spezielle Mischung aus Gruftie-Occult-Hippie-Psychedelic-Stuff lädt nicht nur hervorragend zum Träumen ein, sondern macht den Berlinern auch so schnell keiner nach.

„Ich Träum Von Dir“ groovt mit melodischen Riffs durch die Lauschlappen. Hypnotisierend zieht der Song über einen hinweg, getragen von der genialen Stimme von Tobias Feltes, die sich hervorragend in die Soundlandschaft eingliedert. „Ich Träum Von Dir“ ist ein zweisprachiges Englisch-Deutsch-Vocalgemisch. Auch die deutschsprachigen Passagen stehen SUNS OF THYME sehr gut zu Gesicht und lassen hoffen, dass irgendwann mal ein rein deutscher Song umgesetzt wird.

Brummend eröffnet sich bei dem Instrumental „To Vanish“ eine weitere sehr düstere, bedrohlich wirkende Soundlandschaft, doch die hohen Keyboard-Parts lassen einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont erahnen. Interessant ist auch diese sehr fein ausbalancierte, auf den präzisen Punkt gebrachte Abstimmung zwischen Melancholie und Hoffung, die über die gesamte Langrille gehalten wird. Die Songs bauen sich mehr und mehr auf, bei „Rush“ springen einen sogar entfernte Erinnerungen an Jim Morrison und THE DOORS ins Blickfeld. Die Nummer klingt durch die besonderen Riffs zu Beginn gar etwas nostalgisch. Dann wird die Soundwand zurückgefahren und auf minimalistischer Weise der Song weiter nach vorne getragen.

Der nächste Song mit deutschen Titel „Schweben“ ist Soundmäßig eher homogen, spielt dafür jedoch mit verschiedenen Vocaltechniken. Auch hier ist es wieder sehr präzise Arbeit und man läuft nicht im Geringsten Gefahr, zu viel zu Experimentieren und somit dem Song zu schaden. Für ausreichend Abwechslung auf dem Teller sorgen dann Songs wie „Deep Purple Rain“, das die Geschwindigkeitsschrauben anzieht und mit etwas härterer und kratziger Gitarrenarbeit überzeugen kann.

Das mit einer Flöte eingeleitete „Val Verde“ ist ein weiterer grandioser Leidi-Leidi-Song mit hymnenhafter, saugeiler Melodie. „The Field“ überrascht dann mit Klängen aus Tausendundeiner Nacht; ein sehr exotisches Instrumental, bevor es mit „Aphelion“ dann wieder düster und beklommen wird, gar okkultig und doomig. Doch die Gitarrenriffs schneiden einen Lichtschimmer ins Dunkel. Trotz allem, eine sehr bedrohlich wirkende Nummer.

Es ist auch in der Musik sehr selten, vollkommen berührt zu werden. Doch es gibt sie, diese Alben die aus dem Nichts auftauchen und für alle Zeit rotieren werden. So auch hier. Genug des Lobes! Doch „Cascades“ ist ohne Zweifel eines der besten Alben die ich je bewertet habe. Sehr verdiente 5/5!

Lauschlappen-Orgasmusfaktor: „Ich Träum Von Dir“



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: inhonorus (23.06.2016)

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