ANAAL NATHRAKH - The Whole Of The Law

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VÖ: 28.10.2016
Bandinfo: ANAAL NATHRAKH
Genre: Grind Core
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste

ANAAL NATHRAKH entstanden zu einem einzigen Zweck: als Soundtrack zum Armageddon, als akustische Essenz von Bosheit, Hass und Gewalt, um den wahren Geist des Kranken in musikalische Extreme zu führen.

Genau, das Sprüchlein hab ich schon zu "Desideratum", dem Vorgänger von "The Whole Of The Law" verwendet und es hat noch immer seine Berechtigung. So etwas gibt es nur von den Engländern. So etwas kann es wahrscheinlich auch nur von Engländern geben, siehe die oberkranke Zusammenarbeit von NAPALM DEATH mit JOHN ZORN.

Was hat sich also getan im Lager von Dave Hunt und Mick Kenney? Nicht viel eigentlich. ANAAL NATHRAKH (der Name stammt übrigens aus John Boormans Film Excalibur (1981)) sind noch immer das Extreme, das dem Brutal Death Metal fehlt, das Irre und Kranke das selbst ´evy Deafy nie finden wird und das unerwartet Hymnische, das eigentlich hier im Kontext des Albums nichts zu suchen hat. Sie machen es trotzdem. Erhaben, black, grindig. Hardcore-Technoeinflüsse in "Hold Your Children Close And Pray For Oblivion" passen genau so dazu wie eine beinahe liebliche Melodie gleich drauf im selben Song.

ANAAL NATHRAKH sind die eierlegende Wollmilchsau der extremen Musik. Im Endeffekt ist es anfangs reiner Krach. Man muss sich die Zeit nehmen, um wirklich in die Songs rein zu kommen. Dann wird man völlig verblüfft sein, wie songdienlich die beiden Jungs unterwegs sind.

Sie waren das wohl ohnedies schon immer, aber ich hab mich noch nie so leicht mit einem ANAAL NATHRAKH-Abum getan wie mit "The Whole Of The Law". Drei mal durchgehört und mit "Hold Your Children Close And Pray For Oblivion", "We Will Fucking Kill You" (herrlich polyrhythmisch mit positiv nervenden Keyboardmäandern), "In Flagrante Delicto" und "Of Horror And The Black Shawls" gibt es einige Hits auf dem Album. Mit passenden Gitarrensoli, schön polyrhythmischen Drums (ob echt oder programmiert ist wurscht), argen Blast-Abfahrten und hymnischen Refrains ("We Will Fucking Kill You" werdet ihr nach dem zweiten Mal fröhlich vor Euch her pfeifen).

ANAAL NATHRAKH sind aber eben auch viel mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Sie nehmen aus jedem Bereich das Extremste und machen noch etwas viel schieferes daraus. Der ZDF-Fernsehgarten für Wahnsinnige quasi. In den Grind-Tteilen droht man immer etwas zu sehr Richtung reinen Noise abzudriften, nur kriegt man dann mit beinahe als schön zu bezeichnenden Refrains wie bei "In Flagrante Delicto" spielerisch einfach die Kurve und der Song, wie einige andere auf dem Album auch, bleibt hängen. Dieser Song ist in der Tat so etwas wie ein kleines Best-Of der Birminghamer. Da ist alles drin, alles hat seinen Platz. Genau so gehört das.

Extreme Metal mit Mitsingfaktor. Und ich dachte, man kann nichts Neues mehr erfinden.

Für die Prügelfreunde gibt es natürlich genug Futter, "And You Will Beg For Our Secrets" tritt dem Hörer mit Anlauf ins Gemächt und hört nicht auf weiterzutreten. Bei selbigem Song wird auch den ganzen Black Metal-Pussies gezeigt, wie es dann wirklich geht.

Und um dem ganzen ein Krönchen aufzusetzen wird auch noch als Bonus MAIDENs "Powerslave" gecovert. Egal ob ihr die anaalen Zwei mögt oder nicht, aber das muss man gehört haben. Klar, zwischen London und Birmingham sind im konkreten Fall musikalische Welten, aber wie man einen solchen Klassiker zerlegen und Scheibchen für Scheibchen wieder auf völlig eigene Weise zusammensetzen kann nötigt den größten Respekt ab. Allein die Interpretation des Soloteiles ist fantastisch. Danach noch THE SPECIALS "Man At C&A" als Cover und als seelisch wenig gefestigter Mitbürger greift man sofort zum nächstliegenden Serotoninwiederaufnahmehemmer.

Mit "The Whole Of The Law" bleiben ANAAL NATHRAKH an der Spitze der extremen Musik. Wer "Desideratum" mochte kann hier bedenkenlos zugreifen. Nichts aufregend Neues, an ein paar Schrauben wurde gedreht und, wie schon erwähnt, der Hitfaktor of Pain ist massiv erhöht worden.

Ich weiß jetzt echt nicht, ob die Band noch das Böseste ist, was es an Musik gibt, aber verzerrte Schönheit im Extremen ist auch etwas, das man erst einmal erreichen, oder besser: erschaffen, muss. Die Band ist auf ihrem absoluten Höhepunkt angekommen und wenn man sich den einen oder anderen Noise-Ausflug geschenkt hätte, wäre ich auf volle Punktezahl gegangen.

So bleiben viereinhalb Steine und die Challenge an alle da draußen, die glauben, sie wären extreme Musiker: Seid ihr nicht! V.I.T.R.I.O.L. und Mick Kenney haben diesen Job und werden ihn, wenn sie dieses Level halten, auch so schnell nicht wieder hergeben.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (21.10.2016)

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