EL POSTRE - Schweres Gerät

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VÖ: 28.10.2016
Bandinfo: EL POSTRE
Genre: Crossover
Label: Quasilectric
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Lineup  |  Trackliste

Gute Güte. Da will man sich ab und an eine Veröffentlichung zwischen die Synapsen hauen, nur um sie zu verreißen. Und dann passiert sowas.

Gut, das war jetzt etwas übertrieben, aber die Eigenbezeichnung Rap Metal Rock Crossover klang in etwa so einladend wie eine Ehrenmitgliedschaft auf Lebenszeit beim Vespa-Stammtisch Latrini im Südwesten meines Bundeslandes. Erstaunt muss ich nach ein paar Umrundungen feststellen, dass das, was die Kohlenschaufler von EL POSTRE aus dem Ruhrpott hier veröffentlichen, zwar wie ein Best-Of der alternativen 90er klingt, aber erstaunlich eingängig, gut gemacht, zeitweise lustig und insgesamt gar nicht mal schlecht ist.

Die Zutaten von EL POSTREs neuem Werk "Schweres Gerät" sind wenig subtil von den FARMER BOYS über die GUANO APES, RATM bis hin zu LIMP BIZKIT zu verorten. Rap Metal, Crossover, Deutschrock ("Freizeit") und, jetzt kommt's heftig, sogar EMINEM (der Beginn von "Mensch Maschine"), das alles und noch ein wenig mehr zaubern die Jungs aus ihrem musikalischen Füllhorn. Und eigentlich muss sogar der trve, knallharte Metaller sagen, dass das was sie machen wirklich gelungen ist. Klar, das ist in etwa so heavy wie eine Pensionsvorsorge bei der lokalen Raiffeisenkasse und so metallisch wie eine 800er Silberlegierung bei "Bares Für Rares", aber musikalisch macht das Spaß, ist sauber gemacht, top produziert und beinahe erfrischend alt. Da heutzutage ohnedies jeder die NWoBHM und den alten Schweden-Death nachmacht, ist es nur legitim, auch mal die Crossover-Schiene der 1990er zu reanimieren.

Textlich geht es EL POSTRE um die Arbeit im Pott, um die täglichen Probleme, um das Sein an sich. Oder so ähnlich. Der Flow flowt meist, manche Schüttelreime tun ein bisschen weh, "ich bounce, mit meiner Plauze", andere wiederrum sind beinahe schon zum Schreien lustig ("Ich weiß, es sind üble Zeiten – aber irgendwann hört der Spaß auf –, denn ich bin höchstens auf 'nem grünen Zweig wenn ich mal Gras rauch" aus dem eher kritischen "Abgebrannt"). Es geht um die Arbeiterehre und den Scheiß im Fernsehen, um die Kurve auf Schalke und das Glasmantelgeschoß nach der Schicht. Ob und wie man das alles ernst nehmen kann/soll/muss weiß ich nicht, dieser Informationen bin ich nicht gewahr.

Aber wer es schafft deutsche Elektrikerausdrücke so in Rapform zu bringen, dass sie funktionieren, kann so tumb nicht sein und deshalb darf ich den Kindern der 90er und allen, die sich gerne auch einmal ent-trven, dieses Album empfehlen. 

Ich bin in der Tat erstaunt, wie man aus diesem MischMasch aus Stilen und der lyrischen Basis ein durch und durch stimmiges Album machen kann. 

Gibt es ein Publikum dafür? Schwer, meine ich, aber gerne täusche ich mich im konkreten Fall.
Die Wampe auf dem Cover ähnelt zwar der meinen, aber es handelt sich hier um ein Bodydouble!



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (25.10.2016)

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