Sarcofago - Die Hard

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VÖ: 07.10.2016
Bandinfo: Sarcofago
Genre: Death Metal
Label: Greyhaze Records
Lineup  |  Trackliste  |  Trivia

Der Begriff "Kult" wird ja oft überstrapaziert. Im Zusammenhang mit SARCOFAGO ist die Konnotation jedoch keineswegs deplatziert. Umso weniger, wenn es noch dazu um die frühen Demos der Band geht, die hier gesammelt auf einer Doppel-LP erscheinen. Legionen von Bands berufen sich auf die Brasilianer, die lange vor vielen anderen im modrig-schwülen Proberaum von Belo Horizonte (ja, genau, bekannt geworden durch SEPULTURA) krawallierten. Und ebenjene Combos beweisen auch, dass die Essenz des Sounds der legendären Südamerika-Chaostruppe aktueller und angesagter denn je ist. Wüste Verhältnisse, eine jugendlich-ungestüme Portion Evilness, schrammelig-rumpeliger Kellersound und eine große Portion Übermut motivierten die jungen Wilden, sich Pseudonyme zuzulegen, die einem Schamesröte wie Schmunzeln gleichzeitig über die Visage jagen. Fronter Wagner „Antichrist“ Lamounier scharte Anfang 1986 „Butcher“ und „D.D. Crazy“ um sich, um das erste Demo „Satanic Lust“ (hier gleich in dreifacher Version zu hören) einzuspielen, den Bass übernahm ein gewisser, begrifflich unübertroffener "Pussy Fucker" (wer zur Hölle waren noch einmal diese Stahlpanter-Poser-Pussies? SARCOFAGO haben allen Chicas schon 25 Jahre früher gnadenlos den Popo gepudert!).

Heillos in allerlei blasphemisches Gedöns verstrickt, trümmerte das juvenile Quartett ein apokalyptisch anmutendes Frühwerk extremen Metals ein, das sich bis auf das Intro ganzheitlich auf dem vielverehrten Rumpelklassiker "I.N.R.I." (die hier vertretene Demo-Version des Titeltracks tönt um ein Vielfaches räudiger und ungehobelter als auf dem Banddebut) wieder finden sollte. Vor allem das schleppende „Nightmare“ fand sich später sogar noch auf der „Rotting“-EP wieder. Markant vor allem die partiell eingestreuten, spitzen Screams von Wagner und der CARNIVORE-ähnliche (Bass-)Sound auf „The Black Vomit“ (vom gleichnamigen Demo, später auch auf „The Laws Of The Scourge“). Ebenso findet sich der „The Laws Of The Scourge“-Track „Secrets of A Window“ in einer Frühversion, ganz ohne Keyboards auf dieser sagenhaften Rödel-Compilation. Wagner und seine Spießgesellen kultivierten die garstige Saat, welche zuvor BATHORY, HELLHAMMER, SLAYER, POSSESSED, SODOM & Co. gestreut hatten, weiter, trieben mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit, dem exotischen Charme und musikalischer Radikalität die Basis für spätere Ausprägungen im extremen Metal von Black bis Death Metal etc. voran und gelten heute zurecht als (Mit-)Originatoren sämtlicher extremen Metalspielarten und rollten – unter dem Banner des legendären Labels Cogumelo Records - das Feld gemeinsam mit ihren Landsmännern SEPULTURA, OVERDOSE, VULCANO & Co. von hinten auf.

Einen weiteren Kernpunkt dieser Zusammenstellung bildet das 87er „Christ´s Death“-Demo, das mit dem rausgekotzten Titeltrack samt dumpfen Vocals aus den tiefsten Katakomben und kompromissloser Härte und Speed überzeugt. Alle auf diesem Demo vertretenen Tracks bilden tragende Säulen von „I.N.R.I.". Eine wüste Demoversion von „Alcoholic Coma“ (später auf der „Rotting“-EP) und eine Instrumental-Version von „Satanic Lust“ (man höre die „natürlich“ klingenden Drums) vervollständigen diese kultige Zusammenstellung. SARCOFAGO in ihrer primitiven Frühphase bedeutet neben legendären Veröffentlichungen und bahnbrechenden Trümmer-Hymnen vor allem eins: Patronengurte, Pandaschminke und Nagelarmbänder To The Max! Blasphemie, Tod und Teufel inklusive, die perfekte Antithese zum katholisch geprägten Brasilien und eine Funktion als Wegbereiter extremer Metal-Kultur. „Die Hard“ ist im Grunde ohnehin schon perfekt betitelt. Eine Doppel-LP für alle Verehrer der Brasilianer, die ein gefundenes Fressen für alle Fans, Sammler und Demo-Liebhaber ist und im Kern die ungeschliffene, abartige Demo-Version des sowieso als Räude-Klassikers geltenden Debutalbums bietet.



Ohne Bewertung
Autor: Thomas Patsch (08.10.2016)

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