Urfaust - Empty Space Meditation

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VÖ: 28.10.2016
Bandinfo: Urfaust
Genre: Black Metal
Label: Van Records
Lineup  |  Trackliste

URFAUST sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie gut sich Black Metal an den Mann und die Frau bringen lässt, wenn man ein Konzept, einen eigenwilligen Charakter und zwei über jedem Zweifel erhabene Musiker besitzt, die all dies zu kombinieren wissen. Die niederländischen Merchkönige, wie sie in der "Apparitions"-Review trefflich genannt wurden, haben sich nach den innerhalb eines Jahres aufeinanderfolgenden "Geist ist Teufel" und "Verräterischer, nichtswürdiger Geist" äußerst rar und exklusiv gemacht, sodass bis zum nächsten Full-Length "Der freiwillige Bettler" ganze fünf Jahre gespickt mit Split- und EP-Releases folgten. Das ist nicht nur clever, sondern erweist sich in diesem Falle auch für den Hörer als kreativer Erfolgsgarant, weil URFAUST einfach grundsätzlich keine Alben aus Prinzip veröffentlichen/erzwingen, sondern Material sammeln, schauen, zu was für einer Art von Release es letztlich reicht und für ihre treuen Anhänger durch all diese Appetizer trotzdem aktuell und allgegenwärtig bleiben. Keine Seite muss also Kompromisse eingehen - ein guter Weg, wie ich persönlich finde. Zumal man ihnen nicht vorwerfen kann, auf diese Weise jemals Schrott veröffentlicht zu haben.

Ähnlich lief diese Prozedur dann jedenfalls auch auf dem Weg von "Der freiwillige Bettler" hin zur "Empty Space Meditation", die heuer erstmals vollzogen wird, ab. Hier setzt das niederländische Duo in "Meditatum I" auch leicht abgewandelt genau da an, wo es mit dem 20-Minüter "The River" auf der letzten EP aufgehört hat: mit rein meditativem Ambient, der gemeinsam mit mehrstimmigen, düsteren Chören die Atmosphäre bestimmt - hier aber auf fünf Minuten begrenzt. Direkt im Anschluss, in "Meditatum II", darf man dann  Zeuge eines extrem raren Ereignisses werden, wenn IX vereinzelt Schreie zu seinem ansonsten typisch schrägen Gesang addiert und damit neben dem fast schon ungewohnt hohen Tempo für erste Überraschungen sorgt, die sich wunderbar mit den sphärischen Keyboardtexturen zusammenfügen und ein Gefühl erwecken, das man definitiv mit dem Albumtitel und dem dahintersteckenden Konzept in Verbindung bringen kann. Ab diesem Punkt ist "Empty Space Meditation" eigentlich fast schon ein Selbstläufer, zumal die einzelnen Passagen fließend ineinander übergehen und man hier von einem perfekt eingeflochtenen roten Faden sprechen kann.

Beachtlich ist hierbei hauptsächlich, also wie schon im eigentlichen Opener, dass URFAUST sehr detailversessen komponiert und dabei auch verhältnismäßig viel experimentiert haben, wodurch zwar kein Stück dem anderen gleicht, man aber trotzdem ein homogenes Gesamtbild schaffen konnte. Während "Meditatum III" und "Meditatum IV" (auch hier sind wieder vereinzelte Schreie eingestreut) also beispielsweise mit teils dissonanten, teils doomig-zähen Riffs aufwarten, findet man in einem "Meditatum V" rockige Reminiszenzen und kann im abschließenden "Meditatum VI" sogar orientalische Vibes spüren, die zusammen mit dem stoischen Schlagwerk und den teils ätherischen Gesängen ihre hypnotische Wirkung entfachen. Daraus bildet sich eine atmosphärisch höchst intensive Konstitution, die einmal mehr die Klasse von VRDRBR und IX herauskristallisiert und vor allem keinerlei Schwächen zu erkennen gibt.

Die Niederländer nehmen sich also ihre Zeit, haben dafür aber auch auf  "Empty Space Meditation" wieder hochqualitatives Material am Start, das dem völlig genialen Artwork locker gerecht wird. Da ist es völlig nebensächlich, ob die jeweilige Scheibe nun mit dem Attribut EP, Split oder Album etikettiert wurde, denn URFAUST haben - auf ihre Weise - viel für den Black Metal geleistet und legen auch im Jahr 2016 ein durch und durch tadelloses, eigenwilliges Meisterwerk ab, das den Kosmos der Band einmal mehr erweitert (der Ambient-Anteil ist definitiv gestiegen) und trotzdem genau so klingt, wie man sich das von ihnen wünscht bzw. vorstellt. URFAUST sind also eine Institution und werden höchstwahrscheinlich auch immer eine Institution bleiben, die in diesem Genre nahezu unerreicht bleibt und deshalb auch einfach nicht fehlen darf.



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (28.10.2016)

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