SVART CROWN - Abreaction

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VÖ: 03.03.2017
Bandinfo: SVART CROWN
Genre: Black Metal
Label: Century Media Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

"Bei den Franzosen ist irgendetwas im Wasser" hat mir vor vielen Jahren der DVD-Verleiher meines Vertrauens gesagt, als der französische Film mit betörenden Abartigkeiten wie "Martyrs", "À l'intérieur" oder "Frontiers" hervorkam. Dass sich das auch auch auf primär aurale Produkte bezog, bewiesen auch völlig schräge Black Metal-Zusammenrottungen wie DEATHSPELL OMEGA oder die mittlerweile völlig abgeschrägten BLUT AUS NORD

Da nimmt es mich nicht weiter wunder, dass auch eine mit einem Fuß eher im Death Metal stehende Band wie SVART CROWN aus Nizza kaum auf eingängige Strophe-Refrain Schemata zurückgreift, dadurch erstens wirklich anstrengend in den ersten Umrundungen ist, zweitens aber eine Bösartigkeit evoziert, die es so sehr selten zu hören gibt.

"Abreaction" heißt es, das neue Album der Südfranzosen und ist eben typisch französisch. Schräg, atonal türmen sich Riffmonster übereinander, hängende Gitarrenlinien ziehen hinter den Songs her, nur um sich dann in Blastorgien aufzulösen. Die dann erneut an den Stränden der Gemächlichkeit anbranden. Und das Spiel beginnt von Neuem. Die nunmehr vierte Volllänge beschwört ein Schlachtenszenario herauf, wie man es am ehesten noch mit den polnischen Megasellern von BEHEMOTH vergleichen kann. Ähnlich garstig und versatil gehen die vier Bourbonen zugange, wenn auch noch eine deutliche Ecke volatiler, verschrobener und, wie soll ich sagen, okkulter und noch eine Ecke böser. [Anm. d. Lekt.: Liebe Leser, ich hoffe ihr habt euer Fremdwörterlexikon immer parat.]

Damit meine ich das beschwörende Element, das beinahe jedem Song innewohnt. Hier werden dunkle Deitäten beschworen, erst beinahe zart, fragil, bis das Chaos Überhand nimmt und es kein Halten mehr gibt.

Das mag jetzt nicht wirklich greifbar klingen, aber das sind hier weniger Songs, eher Riten, Messen, die es zu durchmessen (...) gilt, nur um am Ende der einen festellen zu müssen, dass es noch zehn weitere zu bewältigen gilt, bis man den Zyklus möglicherweise erfolgreich durchlaufen hat.

Das ist bretthart produzierter Black/Death Metal mit typischen Stilelementen aus beiden Ecken, flirrende Schwarzgitarren und treibende Todesriffmonster. Alles aber eben garniert mit dem französischen Wahnsinn, wie er wohl so schnell kein Ende findet. Wir haben hier Gitarren, die im Dialog miteinander stehen, Elemente die sonst eher im Jazz wohnen, wir haben Konter-Melodien, die es überhaupt erst beim was-weiß-ich-wievielten Durchlauf an die Oberfläche schaffen. Und, Obacht!, das alles lupenrein produziert, mit einer wirklichen Härte und Gemeinheit wie es zum Beispiel die letzte IMMOLATION vermissen ließ (ich wurde bezüglich meiner Rezi zu "Atonement" schon gerügt, aber dazu stehe ich. Der Sound geht gar nicht). 

SVART CROWN - Sänger/Gitarrist JB Le Bail meinte, dass auf "Abreaction" mehr Feeling und Atmosphäre vorhanden ist. Passion ist es auf jeden Fall. Hört man sich "Khimba Rites" an, findet man sich mitten in einem Voodoo Ritual. Böser geht es kaum. 

Ein anfangs schwer zu nehmender Hassbrocken, der aber, mühsam nährt sich das Eichhörnchen, mit jeder Umdrehung gewinnt, so man die nervliche Stärke mitbringt.

Frankreich macht es einem auch diesmal wieder nicht leicht. Da ist wohl wirklich etwas im Wasser.

 

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (28.02.2017)

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