SHE MUST BURN - Grimoire

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VÖ: 03.03.2017
Bandinfo: SHE MUST BURN
Genre: Symphonic Black Metal
Label: Razor & Tie Records
Lineup  |  Trackliste

Schämen sich die Briten SHE MUST BURN eigentlich gar nicht? Welch sexistischer Bandname! Naja, immerhin nimmt Fräulein Miller mit ihrem Keyboardspiel sowie dem EVANESCENCE'schen Klargesang (kommt vom Promowisch, nicht von mir) eine prägende Rolle im Symphonic-Deathcore-Fünfer aus UK ein und darf auf dem Pressefoto sogar in typischer Coremanier mit der geballten Faust - achtet mal drauf! - posieren. Wenn das keine gelungene Integration ist... oh wait, Emanzipation meinte ich natürlich. Weg vom Sarkasmus, zurück zum Thema: Dieser Tage wird deren Debütalbum "Grimoire" über Artery Recordings erscheinen und nach der ganz netten EP aus dem Vorjahr die Frage aufwerfen, ob man den Vorschusslorbeeren gerecht werden kann.

Wobei das mit den Vorschusslorbeeren natürlich relativ ist. Ich kann bis heute nicht wirklich nachvollziehen, warum Labels immer wieder die grottenschlechten WINDS OF PLAGUE als Musterbeispiel für mit Symphonic/Melodic Black angereicherten Metal- bzw. Deathcore zitieren. Nothing for ungood, aber MAKE THEM SUFFER und CARNIFEX (die Wahl der Featuregäste passt auch deshalb gut) wären im Falle von SHE MUST BURN nicht nur als stilistisch weitaus zutreffenderes, sondern auch zur qualitativen Einordnung angenehmeres Vergleichsmaterial zu nennen. Whatever. Zum Glück bleibt man bei SHE MUST BURN vom fragmentierten Vorschul-Songwriting des amerikanischen Pestwindes oder von den Franzosen BETRAYING THE MARTYRS verschont und kriegt mit "Grimoire" ein handwerklich mehr als passables Genrealbum vorgelegt.

Von Stückwerk sind die Briten also weit entfernt und obwohl sie noch nicht ganz das Ohrwurmpotenzial von den Mannen um Scott Lewis innehaben, können sich die sieben Songs (abzüglich des kurzen Atmosphäre-Intros "Ritual" und des Interludes "A False Heaven") gut in Szene setzen, klingen dabei weitestgehend homogen und werden durch die wohldosierten weiblichen Gesangseinlagen ("The Wicked" und "From The Grave") mit einem Klecks Einmaligkeit aufgewertet. Ebenfalls achtbar schlägt sich sowohl der Schreihals Joseph Sinclair am Mikro, der mit einer vielseitigen Gesangspalette gesegnet wurde, als auch das Gitarrengespann Threadwell/Davies, das Songfundamente fernab üblicher Hackepeter-Strukturen verwirklicht und dabei nicht selten auf gut integrierte Melodien sowie pechschwarze Tremolos ("Victoria" und "Hallowed Grounds") zurückkommt, die diesem Werk Leben einhauchen und darüber staunen lassen, dass es sich hier eigentlich um ein Debüt handelt bzw. handeln soll.

Sind wir mal ehrlich: die kommende Nordamerika-Tour mit CARNIFEX, DESPISED ICON, FALLUJAH, LORNA SHORE und RINGS OF SATURN kommt nicht von ungefähr. Das soll nicht heißen, dass SHE MUST BURN ihren Vorbildern extrem ähneln, sondern dass sie aufgrund dessen, dass sie ihren symphonisch-melodischen Deathcore musikalisch lösen und auf langatmige Chugfestivals verzichten, gut in diese illustre Runde passen. "Grimoire" ist also ziemlich weit davon entfernt, beliebig zu sein und vollbringt überraschend das Kunststück, dem die oben erwähnten WINDS OF PLAGUE und BETRAYING THE MARTYRS nie so wirklich nahe waren: die vermeintlichen Antikörper Deathcore und Symphonic Black zu verschmelzen und dabei nicht allzu oberflächlich zu klingen. Mit anderen Worten: SHE MUST BURN haben eigentlich alles, was sie für eine erfolgreiche Bandkarriere brauchen. 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (02.03.2017)

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