DARK LAMBENCY - Spectra

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VÖ: 27.01.2017
Bandinfo: DARK LAMBENCY
Genre: Melodic Metal
Label: 7us media group
Lineup  |  Trackliste

Ein Spaziergang durch die kühle, mondbeleuchtete Nacht, eine traurig-melancholische Geschichte an einem Lagerfeuer, Sehnsuchtsgefühle auf hohen Klippen, während die Brandung in scheinheiliger Rhythmik gegen die Felsen kracht, oder ein verzweifelter Aufschrei mitten in die Einsamkeit. Das alles ist DARK LAMBENCY. Und dabei sind die „typischen“ Metal-Teile noch nicht mit eingerechnet. Mit einer Wandelbarkeit in ihrem Sound, der durchaus ihresgleichen sucht, bewegt sich die Band musikalisch zwischen klarem Melodic Metal, fast schon goth-rockigen Einspielungen, vermengt mit härteren Riffs, eindeutigen Power-Elementen und selbst folk-angehauchte Nuancen, wenn es dem Zweck dient. Die belgische Formation spielt mit sehnsuchtsvollen und melancholischen Melodien, eisklaren Keyboard-Effekten und erzählenden Lyrics, die den Hörer nicht nur in eine bestimmte Soundkulisse ziehen, sondern auch in die dazu passende Szene, Geschichte, in das Setting, das für den Song auserkoren scheint. Zu dem kühlen und melancholischen Spannungsbogen trägt schließlich auch die perfekt passende Stimme bei, die zwar nicht zwangsläufig facettenreich, dafür klar, hell und ohne Unebenheiten für die perfekten Vocals sorgt. Alles in allem hat sich DARK LAMBENCY in allem ausbalanciert und dies macht sich auf dem Album auch durchaus bemerkbar.
 
DARK LAMBENCY konzentriert sich nicht auf instrumentale Schlachten, sondern fokussiert eine erstklassisch episch-musikalische Erzählweise, während ein Spannungsbogen bis zum Anschlag über jeden Song gezogen wird, der in dieser Dichte und Intensität durchaus seinesgleichen sucht. Viele der Songs auf „Spectra“ könnten ohne weitere Überarbeitung auch als Soundtrack für fantasylastige Serien- und Filmerlebnisse eingesetzt werden. Doch erst beginnt das Album mit „Left alone“ trotz Tempowechsel und spannendem Aufbau mit einem der straightesten Songs, der die melodische Gangart mit dem melancholischen Einschlag von DARK LAMBENCY definiert und eine Keyboard-lastige Dominanz vorstellt, die sich durch das gesamte Album ziehen wird. Hier wird gleich klar gemacht, woran man ist. „Orcus“ macht dann in erster Linie durch die Gegensätzlichkeit des recht sanften melodischen Aufbaus und dazu der schroffen Gitarre auf sich aufmerksam, ehe der Refrain in einem Treffen aller zur Verfügung stehenden Mittel, inklusive Screams, hartem Riffing und ohrwurmlastiger Melodieführung gipfelt. Wir erinnern uns an den schon eingangs gelobten Spannungsbogen. Eine traurig-tragische Geschichte wird dann mit „A Curse“ erzählt, deren Tragweite sich auch in der musikalischen Umsetzung wiederspiegelt. „Chance“ zeigt sich ähnlich „typisch“ geradlinig episch-melodisch wie auch schon der Opener der Scheibe, treibt zudem schon fast symphonisch angehauchten Schwung auf die Scheibe. „Twisted Mind“ steigert sich in Direktheit noch einmal etwas, während auch mit etwas düster-unheimlicheren Melodielinien gearbeitet wird, ehe bei „Revolution“ eine Warnung ausgesprochen werden muss. Alarmstufe Rot im Bereich klebriger Ohrwurm, den man niemals wieder los wird. [Anm. d. Lekt.: Mehr Teflon braucht die Welt!] Dieses Stück könnte dem Klang nach auch gut und gerne von bekannten finnischen Genre-Kollegen stammen, funktioniert aber auf „Spectra“ ebenso gut und ist DARK LAMBENCY auch durch die stilistischen Wechsel wie auf den Leib geschneidert. Begleitet von anfänglichen Klavier- und Keyboardtönen geht es dann mit „Across the Ocean“ in beschwingt-balladesque Wellenbewegungen, die durch ansteigende Power-Elemente und dafür fehlende Tonhöhenspitzen besticht. (Und ja, das war überaus positiv gemeint. Songs, die ihren letzten Kraftausstoß durch Oktavensprünge definieren, gab es schon das ein oder andere Mal – hier wird mit instrumentalem Wechsel und stimmungsvoller Melancholie gearbeitet und das funktioniert mindestens genauso gut). Abschließend wird dem Zuhörer „The Circle“ ans Ohr gelegt, das vielleicht als eines der progressivsten Stücke auf dem Album anmutet, aber definitiv ein sehr interessantes und spannendes ist. Begonnen wird mit von Soundteppich unterlegter Rhythmisierung und keltisch-irisch klingenden Vocals (hierbei ist der „Folk-Einschlag“ wohl aber auch Einstellungs- und Sound-Erfahrungssache). Und dann wird auf eine Länge von knapp 12 Minuten gesteigert, was das Zeug hält, ohne dass es auch nur eine Sekunde lang gezogen, langweilig oder schon da gewesen klingt. Ein würdiger Abschluss für ein großartiges Album!

DARK LAMBENCY bestechen auf ihrem Album „Spectra“ durch epische Dichte und musikalisch ausgefeilte Kompositionen, die sich nicht in ihrem Dasein überschlagen und gegenseitig bekämpfen müssen, um großartig zu klingen. Hier wird keineswegs nach altbekanntem Schema und mit aufgesetzten Genre-Scheuklappen gearbeitet. Somit stehen kleine und angenehme Überraschungen quasi auf der Song-Ordnung. Die Band fühlt sich ganz eindeutig wohl in dem, was sie tut. Ein besseres Rezept gibt es nicht, um zu begeistern. Zudem werden auf „Spectra“ emotional geleitete Bilder erweckt, die den Sound-Einschlag noch mehr verstärken. In der „klassischen“ Romantik hätte man es symphonische Dichtung genannt, hier und heute nenne ich es eine von vorne bis hinten durchdachte Meisterleistung auf höchstem Niveau. 

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lisi Ruetz (19.03.2017)

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