CALL THE MOTHERSHIP - Of Dark Matter And Ascension

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VÖ: 31.03.2017
Bandinfo: CALL THE MOTHERSHIP
Genre: Progressive Metal
Label: Eigenproduktion
Hören & Kaufen: Webshop
Lineup  |  Trackliste

Da gibt es so Bands, die denken sich nicht viel, stellen sich mit versifften Klamotten in den finsteren Wald und schauen garstig – fertig ist das Bandkonzept und das Image. Und dann gibt es Bands wie CALL THE MOTHERSHIP, die tun sich jede Menge an, ein durchdachtes Image samt Backstory rüberzubringen, fast wie Corporate Identity und mit sowas wie Uniformen als Zeichen der Zusammengehörigkeit, konzeptuell wie musikalisch – CALL THE MOTHERSIP präsentieren sich als wackere Raumschiffbesatzung, auf der Suche nach den kosmischen Reisewegen ihrer Ahnen. Nach drei bemerkenswerten Veröffentlichungen (dem Debut „Of Cold Fusion And Light Mass“, der Single „Lights:Out“ und der Ambient-EP „Aeternitas“) setzen die Wiener rund um den ehemaligen DEVASTATING ENEMY/BLED DRY-Basser Jörg Varga zum vierten Raumflug an. Und ja, der Weltraum scheint hier nicht nur ein beiläufiges Konzept zu sein, sondern hat eine allumfassende Präsenz in Songs, Lyrics, Image, Outfit und Artwork – wenn auch meistens als Metapher, in dieser kosmischen Reise ins menschliche Gehirn in den diversen Stadien einer Krise.

Das fünfzigminütige Werk ist komplett in Eigenregie entstanden, was umso bemerkenswerter ist, wenn man sieht und hört, wie rund und in sich geschlossen Musik und Konzept sind: die ganze Story hinter der Platte wird sogar demnächst als E-Book veröffentlicht. Schon beim - im Kontext eher entspannten - Opener „Ascension“ hört man, dass hier ausschließlich Profis am Werk sind, die wissen was sie tun und vor allem wissen, was sie wollen. Grundsätzlich im Metalcore zu verorten, neigt sich die Musik von CALL THE MOTHERSHIP aber auch in einige andere Genres. So sind des Öfteren Parallelen zum Techno-Death von SCAR SYMMETRY vorhanden („Rareform“), manchmal erdreistet man sich sogar zu blackmetallischen Versatzstücken („How To Fall Without Gravity“), und immer wieder kommt man auf Djent der Marke MESHUGGAH zurück („Shapeshifter“, „Supernova Sunbathing“). „Let This Storm Carry Us Home“ überrascht mit chilligen, fast schon an ANATHEMA gemahnenden Melodiefüssen, und „Lightbearer“ fließt perfekt in einem Melo-Death-Orgasmus über.

Überhaupt fällt auf, dass es die sechs Jungs zwischendurch gerne auch mal recht ruhig und gediegen mögen. Das entfernt sie gottseidank auch meilenweit vom handelsüblichen Metalcore-Geplärre, wo acht Songs gleich klingen und man nach dem dritten bereits den Psychiater anrufen möchte. „Of Dark Matter“ ist so ein Beispiel. Durchaus progressiv – so wie übrigens weite Teile des Longplayers – webt sich dieser Siebenminüter konstant in ein schäumendes Crescendo, bevor er wieder in sich zusammenfällt. „Shapeshifter“ ist auch ein überaus starker Song, dessen Refrain Ohrwurmqualität hat – leider aber nur einmal im Song vorkommt. Schade. Nach dem nicht minder interessanten „Supernova Sunbathing“ (heißer Songtitel-Anwärter der Jahres!) und dem kurzen Axt-im-Wald-Massaker „Thanatos“ kann vor allem der Bonustrack „A Thousand Suns Before Us“ verblüffen, der doch am Ende astreiner Ambient vor dem Herrn ist.

CALL THE MOTHERSHIP können mit diesem zweiten Langspieler gleich mehrere Dinge beweisen. Erstens: Metalcore muss nicht immer nur aus schnöden Breakdowns bestehen, monoton und keifend sein. Zweitens: es mangelt der österreichischen Szene scheinbar nicht an Einfallsreichtum. Drittens: musikalisches Können schön und gut, man muss aber auch einen Song schreiben können. Und schließlich, viertens: Metalcore, Techno-Death, Math-Metal und Prog vertragen sich bei guter Mixtur nicht nur gut, das Resultat klingt auch noch saugeil. Das Promo-Package kommt übrigens bei Bedarf mit den schmucken „Groove Pants“ daher, die man sich aber auch separat bestellen kann – für den Fall, dass es einem bei dieser intensiven Mucke das Höschen auszieht, keine schlechte Idee. Irgendwann bilde ich mir ein, immer so ein unheilvolles Dröhnen im Hintergrund zu hören, und plötzlich werde ich durch HAL’s sonore Stimme aus dem Hyperschlaf gerissen. Ruft das Mutterschiff, aber dalli!

Hier könnt ihr euch das Album als Gratis-Download holen!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (30.03.2017)

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