WARBRINGER - Woe To The Vanquished

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VÖ: 31.03.2017
Bandinfo: WARBRINGER
Genre: Thrash Metal
Label: Napalm Records
Lineup  |  Trackliste

Ich kann mich noch an Zeiten zurückerinnern, da wurde die dereinst blutjunge Thrash-Truppe WARBRINGER im Jahre 2008 für ihr furioses "Total War"-Debüt (und eigentlich auch schon für die vorangegangenen Demos) in einer exorbitanten Art und Weise abgefeiert, weil sie den Spirit der Legenden mit einer überzeugenden Frische und der nötigen Technik zugegebenermaßen haben mustergültig fortleben lassen, ohne sich dabei zu sehr in's gemachte Nest gesetzt zu haben. Heute, stolze neun Jahre Später, stellt man einmal mehr: Time flies. Denn mit "Woe To The Vanquished" steht mittlerweile das fünfte Werk des Kalifornien-Quintetts bereit und wartet nur darauf, den Kanonen des genialen Andreas-Marshall-Frontcovers (das Zentrum erinnert ein wenig an den RUNNING WILD Klassiker "Pile Of Skulls", oder was meint ihr? Gut, mit viel Fantasie...) ihre Jungfräulichkeit zu entreißen. 

Und - ja, möglicherweise liest es sich allmählich wirklich abgedroschen - man hört WARBRINGER diesen Reifeprozess als Menschen und Musiker auch förmlich an. Schließlich war Bandkopf und Sänger John Kevill beispielsweise zu Gründungszeiten gerade mal zarte 15 Jahre alt und ist mit 30 Lenzen heute als gestandener Mann zu betrachten, der zusammen mit dem zweiten übrig gebliebenen Gründungsmitglied Adam Carroll eine hungrige, illustre Thrash-Runde um sich geschart hat (Jessie Sanchez von BONDED BY BLOOD und Carlos Cruz von MANTIC RITUAL, die wiederum 2009 in ähnlicher Weise gefeiert, mittlerweile aber längst aufgelöst wurden), die sich zusammen so viel zutraut, dass man die Blitzkrieg-ähnlichen Attacken von früher nun mehr denn je mit einer manchmal nur verspielten, manchmal aber auch progressiven Herangehensweise ("When The Guns Fell Silent") ornamentiert.

Der Opener "Silhouttes" bleibt davon noch weitreichend unberührt und fuchtelt sich zunächst noch durch's Midtempo, ehe er dann immer wieder schrittweise das Tempo strafft und in ein erstklassiges Solo mündet. Als Einstieg eignet sich dieser deshalb so gut, weil sich WARBRINGER hier auf von den Vorgängern bereits gewohntem Terrain abarbeiten und dem bis dato ahnungslosen Hörer damit erstmal eine gewisse Anlaufzeit einräumen, denn spätestens ab dem Titeltrack und dem hier immer wieder eingestreuten Black-Metal-Drumming oder auch dem viskosen "Remain Violent" mit der nötigen Durchschlagskraft wird man merken, dass die Amis Gefallen daran gefunden haben, zu experimentieren und mit zahlreichen Tempowechseln zu kokettieren. Fans bzw. langjährige Verfolger der Band hingegen dürften sich hier bereits zuhause fühlen und werden nur geringfügige Tweaks ausfindig machen können, wobei WARBRINGER selbst diese mit dem abschließenen 11-Minuten Longtrack "When The Guns Fell Silent" überraschen werden. Der nimmt sich nämlich nicht nur viel Zeit, um seine Geschichte mit Sprachsamples, düsteren Keyboardtönen und Akustikgitarren vor dem geistigen Auge aufzubauen, sondern setzt im weiteren Verlauf auch auf klug platzierte Melodien, Dramatik und Epik, um den Abgesang auf die Menschheit und ihre kriegerischen Aktivitäten abzurunden. Daran könnten sich die Geister scheiden.

Dass John Kevill im Vorfeld aber auch das bislang schnellste Material von WARBRINGER prophezeit hat, kann man ihm nach etlichen Durchläufen von "Woe To The Vanquished" nicht mehr nehmen: "Shellfire" beispielsweise ist fast schon so schnörkellos wie zu Anfangstagen der Band, während sich "Descending Blade" zügig als rasanter Tech-Thrash-Ansturm entschleiert und man diese Offensive in "Divinty Of Flesh" sogar um schneidende Black-Metal-Tremolos erweitert - gerade dabei merkt man gleichzeitig auch, dass WARBRINGER nicht nur ein großes Interesse für unterschiedliche Stilistiken pflegen, sondern sich auch stets im Prozess der Weiterentwicklung befinden und sich vom Gros der Retro-Thrash-Welle abheben, dass sie einzigartig sein wollen. 

Genau das gelingt ihnen auch auf "Woe To The Vanquished", nur muss man gleichzeitig auch zugeben, dass manchen Passagen dadurch ein gewisser Kick abgeht und man als Hörer vergebens die ausbleibende Zündung herbeisehnt ("Spectral Asylum"). Andererseits ist es aber schön zu beobachten, welche Entwicklung WARBRINGER in den letzten Jahren vollzogen haben und dass sie sich nicht auf ihrem überfallartigen Thrash ausgeruht haben, der früher oder später auch Rost angesetzt [Anm. d. Redakteurs: ja, ich habe bewusst auf ein Wortspiel mit meinem Nachnamen verzichtet ;)] [Anm. d. Red.: Löblich!] hätte. Stattdessen schreddern sie nun mit sieben überwiegend tollen Songs inklusive viel Abwechslung (und natürlich auch Können) sämtliche Kriegsschauplätze klein und haben sich endgültig in ihrer eigenen Nische emanzipiert, die mit besagtem Risiko-Longtack, den ich nicht nur mutig, sondern auch gelungen finde, ihren eigenen Titelsong spendiert bekommen hat. Von dieser Qualität sind die hochgelobten HAVOK mit ihrem durchwachsenen "Conformicide" weit entfernt.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (30.03.2017)

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