CONCRETE EDEN - Left

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VÖ: 21.04.2017
Bandinfo: CONCRETE EDEN
Genre: Nu Metal
Label: Eigenproduktion
Lineup  |  Trackliste

Lange Zeit war es ein offenes Geheimnis, über das niemand wirklich sprechen wollte. Eine, sagen wir, nicht zu verleugnende, aber erdrückend eindringliche Wahrheit, die spätestens in dem Moment, in dem auf einer lokalen Veranstaltung "Blue (Da Ba Dee)" aus den Boxen dröhnt und alle im Alter von 18 bis 28 in Ekstase zu quieken beginnen nicht mehr verleugnet werden kann: Die 90er sind zurück. Oder sollte man eher fragen: "Waren sie jemals weg?" Immer wieder sprießen kleine, für viele vielleicht unscheinbare, aber doch merkliche Indizien dafür aus dem Morast der Vergangenheit, die uns immer wieder daran erinnern, dass der Faktor "Nostalgie" ein sehr mächtiger ist, deswegen sollte er in keinem Bereich des Lebens unterschätzt werden. Das gilt auch, wie könnte es denn anders sein, in der Musik, oder noch genauer, in unserem geliebten Metalkosmos, den wir unsere musikalische Heimat nennen. "Ohje, jetzt kommt's", werden jetzt viele denken, denn der "Metal" der 90er ist, wie wir wissen, für viele in der Community ein schwieriges Thema. Erst das Aufkommen des Grunge, der für lange Zeit die Popkultur dominierte und vor allem auch der für viele befremdliche Nu Metal, da gab es Einiges, was bis zu diesem Zeitpunkt eingefleischten Metalheads nicht in den Kram passte. Doch sei es wies sei, ebenso viele konnten diesen neuen Strömungen, die Bands wie LIMP BIZKIT auch im Mainstream sehr beliebt machten, genug abgewinnen, um sie bis heute überleben zu lassen und immer wieder gibt es Musiker, die die kurze Glanzzeit dessen, was wir Nu Metal nennen, wieder aufleben lassen wollen - auch in näherer Umgebung. Die Band mit dem einschlägigen Namen CONCRETE EDEN aus dem schönen Graz ist das perfekte Beispiel dafür. Gekennzeichnet als eine "Stimmungs-Band mit musikalischem Tiefgang" versuchen die Musiker um Vocalist Mike Kostner die Glanzzeiten dieser Musikrichtung wieder zurückzuholen und sind nebenbei auch bemüht, etwaige Fehler, die ihre Vorgänger machten, auszubessern. Vor allem als Live-Band profiliert beschreibt die Band selbst ihre Auftritte als "eine Show voller Power, die definiert wird durch harte Gitarrenriffs, hämmernden Bass, brachiales Schlagzeug und Arrangements aus Sprechgesang, durchzogen von melodiösen Gesangspassagen.", eine Behauptung, die bei Live-Shows als Support von KONTRUST oder auch Urgesteinen wie CRAZY TOWN schon mehrmals unter Beweis gestellt werden musste. Ende April 2017 erfolgte nun auch der Release ihres Full-Lenght Albums mit dem simplen Namen "Left", das die gewaltige Energie ihrer Auftritte nun auch auf Tonträger festhalten sollte. Ein erfolgreiches Revival einer längst vergangenen Zeit oder doch nur eine öde Aufbereitung von etwas, das man schon zur Genüge gehört hat und eigentlich nicht mehr braucht? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden...

Die ersten Minuten des Albums werden wohl auch die Wichtigsten sein, wenn es darum geht, ob man mit überraschtem Gesichtsausdruck begeistert mit dem Kopf zu wippen beginnt, oder dagegen das Abspielgerät der Wahl samt Tonträger direkt mit Untermalung des hysterischen Kreischens einer in einen Vulkan geworfenen Jungfrau in eben diesen Vulkan wirft. Was soll man sagen, hier ist der erdrückende Einfluss des Hip-Hop nicht zu leugnen. Die Drums sind hart, präzise und rythmisch, darauf ausgelegt, die Vocals pointiert zu verstärken. Das Gitarrenspiel beschränkt sich in den meisten Fällen auf hart angeschlagene, dröhnende Akkorde, alles ist hier überaus direkt und dreckig, weit weniger künstlerisch oder gar verträumt aufgebaut als bei vielen anderen Genres. Nein, der Schwerpunkt ist bei "Left" gänzlich anders gesetzt. Es wäre bei einer "Stimmungs-Band" wohl auch fehlt am Platze, mit hoch aufwendigen Arrangements aufzuwarten, wenn sie die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden und dadurch das simple, aber befriedigende "Hau drauf!" - Feeling in den Hintergrund drägen würden, denn genau auf dieses sind CONCRETE EDEN aus. Auf eine wütende, musikalische Explosion, die in jedem Hörer Energien hervorkommen lässt, von denen er selbst nicht einmal wusste, dass sie in ihm stecken. Eine Explosion, die die aufgestaute Wut über den Alltag, die mit dem Hören der wütenden Riffs überhand nimmt und einfach rausgelassen werden muss, unwiderruflich freisetzt. Das, was CONCRETE EDEN hier macht wirkt, wie das Musik eben schon immer tat, als ein Ventil für Dinge, mit denen man sonst nicht umgehen könnte, ein Phänomen, das schon oft vorkam und beispielsweise auch bei Bands wie SLIPKNOT oder HOLLYWOOD UNDEAD gut zu beobachten ist. Wichtig ist für ein Projekt, das auf diese Art die Energie in ihrem Klang freisetzen will und sich nebenbei stark auf ein Hip-Hop inspiriertes Grundkonzept beruft, eben eine einfach zu folgende Rhythmik, die die Zuhörer schnell einzufangen vermag. Allgemein ist das ganze Instrumental über einen im Großteil des Albums mit zwei Aufgaben betraut: Einerseits die Bildung einer Leitlinie, die die Vocals unterstreicht, andererseits das Verschärfen der musikalischen Aggression und damit die, ich nenne es jetzt einmal "Einhärtung" der sehr Hip-Hop-lastigen Gangart von "Left", die aus der zuerst sehr nach den frühen LIMP BIZKIT klingenden Band immer mehr ein RISE OF THE NORTHSTAR macht und letztendlich einen Hybrid aus Beidem erzeugt, wollte man denn mit Vergleichen arbeiten. Alle Stilisierung macht jedoch auch eine große Schwäche unausweichlich: Die Songs beginnen schnell an Abwechslung zu verlieren, klingen nach mehrerem Hören gerne gleich und vielen, wenn auch nicht allen ("Gone to Far") fehlt es an Wiedererkennungswert, auch wenn versucht wird, dies durch über das Album verstreute, kurze Instrumentalparts zu überdecken. Eine Ausnahme stellt hier "Last Border" dar, dieses bietet durch ein überraschendes "Voodoo Child" Intro nämlich den größten Aufhörer zum Ende des Albums und weiß mit diesem unterwarteten Schritt zu begeistern.

Auch steht Eines fest, wenn man sich die Vocals der Band anhört: Man muss nicht lange nachdenken, wenn man nach der Hauptinspiration für Frontmann Mike Kostner sucht. Diese ist eindeutig das Schaffen von Fred Durst, was im Opener "According to Law" am offensichtlichsten wird. Dieses ganz eigene "Oh yeah!" ganz am Anfang, es ist einfach unverkenntlich und kommt mit einem ganz eigenen Flair, auch wenn diese direkte Übernahme wohl eher als eine Hommage zu sehen ist. In anderen Bereichen besticht CONCRETE EDEN nämlich dadurch, dass ihre Lyrics wesentlich ausgefallenener in den Ohren erklingen als es bei anderen Genre - Vertretern noch damals in der 90ern war. Obwohl die Texte selbst oft merklich in den Hintergrund treten, so scheint ihre Darbietung zumindest weitaus bedachter gewählt zu sein und sie bieten im Gegensatz zum großen Vorbild auch viel mehr Abwechslung. Es wird gezeigt, was man kann. Seien es knallharte Verse, die durch einen guten Flow bestechen, seien es wütende Growls, die sich nach und nach in die Routine der Songs eingliedern, das alles funktioniert fast reibungslos. Wo allerdings noch geschraubt werden sollte sind die, zugegeben seltener vorkommenden Klargesangpassagen, die stellenweise noch unausgegoren sind und etwas zu sehr gewollt wirken, als dass es der Stimmung der Songs gut tun würde. Dies fällt vor Allem bei "According to Law" und "Gone to Far" sehr störend ins Gewicht, wird auf anderen Songs wie "Last Border", wo schon fast wieder an Shouts gedacht werden könnte, jedoch besser gelöst, weswegen der Gedanke, sich in zukünftigen Releases mehr darauf zu konzentrieren, vielleicht nicht abwegig wäre.

"Nu Metal isn't dead!", ein Ausspruch, den man stolz bei CONCRETE EDEN lesen kann. Das kann man wohl nicht leugnen, nein, der Nu Metal existiert nach wie vor, obwohl er schon lange nicht mehr den Stellenwert hat, den er einst während seiner Glanzzeiten  innehatte. Das Revival dieser "guten, alten Zeit" durch die junge Band aus Graz kann grundsätzlich als positiv angesehen werden, ihre Gangart vereint das, was diese Musikspate damals so berühmt machte, mit einer wesentlich besseren Aufarbeitung als damals, doch ist auch nicht zu leugnen, dass hier mit sehr viel Herzblut gearbeitet wurde. Letztendlich ist "Left" nicht ohne Fehler, so machen sich immer wieder Ermüdungserscheinungen bemerkbar, viele Songs, die man hier zu hören bekommt, klingen schlichtweg ähnlich. Ebenso sind einige Patzer bei den Vocals nicht zu überhören, auch wenn diese eher dem geschuldet sind, dass hier Neues versucht werden wollte, allerdings noch nicht vollends ausgereift war. Größtenteils spiegelt CONCRETE EDEN aber das wieder, was sie sein wollen: Eine energiegeladene, junge Band, die ihre Fans vor Allem auch live begeistern und mitreißen wollen, und das ist ein Unterfangen, für das das vorliegende Material absolut geeignet ist!



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Daniel Csencsics (18.06.2017)

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