STATUS QUO - The Last Night Of The Electrics

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VÖ: 14.07.2017
Bandinfo: STATUS QUO
Genre: Rock
Label: earMusic
Lineup  |  Trackliste

STATUS QUO war einmal eine großartige Band. Zu Unrecht wurden sie oft als Band deren Songs alle gleich klingen, da sie immer nur dieselben drei Akkorde spielt, belächelt. Wer allerdings etwas besser mit ihrem musikalischen Werdegang vertraut ist, weiß, dass der Stil der Band nicht immer der war für den sie heute bekannt sind. Aus den psychedelisch und teilweise auch etwas poppigen Anfängen in den späten 60ern (viele davon noch von anderen geschrieben, wie "Ice In The Sun" oder "Paradise Flat", aber auch schon eigene Kompostionen wie "Pictures of Matchstick Men", "Face Without A Soul") über Blues- und Hardrock in den frühen 70ern ("Daughter", "Shy Fly", "Railroad", "Backwater") entwickelte sich allmählich der typische STATUS QUO Hardrocksound, häufig mit Boogieeinschlag.


Während sie in den späteren 70ern und frühen 80ern mit dem Sound einige ihrer größten Hits landeten ("Rockin' All Over The World", "Whatever You Want", "What You're Proposing"), machten sich spätestens Mitte der 80er Ermüdungserscheinungen in der Qualität der Songs bemerkbar. Mitverantwortlich dürfte der Ausstieg von Schlagzeuger John Coghlan und dann auch Bassist/Sänger/Songwriter Alan Lancaster – Mitglieder der klassischen Line-Ups seit dem ersten Album – sein, sowie das Ende der Zusammenarbeit mit Songwriter Bob Young.


Nach dem Soundtrack zum wenig bemerkenswerten Film "Bula Quo!" vor vier Jahren, hat die Band zwei gut rezipierte Akustikalben (fast ausschließlich Coverversionen ihrer alten Songs) aufgenommen. Anfang 2016 verkündeten STATUS QUO die "Last of the Electrics" – eine Tour auf der sie zum letzten Male ihre Lieder elektrisch spielen wollten. Nachdem er in den letzten Jahren schon öfter mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, erlitt Rick Parfitt im Juni einen Herzinfarkt und gab später bekannt, dass er nicht mehr live spielen werde, bevor am 24. Dezember die traurige Nachricht kam, dass er an einer Infektion nach einer Schulteroperation verstorben ist.


Wie schon die Cover zu Alben wie "The Party Ain't Over Yet", "In Search of the Fourth Chord" "Aquostic – Stripped Bare" andeuten, sind (seit dem Ausscheiden von Coghlan und Lancaster) Francis Rossi und Rick Parfitt STATUS QUO – auch wenn John Edwards und Andy Bown schon seit über 30 Jahren bei der Band sind. Das Fehlen Parfitts macht sich auf dem Livealbum "The Last Night of the Electrics" bemerkbar.


Aufgenommen wurde die Show, die am 11. Dezember 2016 stattfand, in der O2-Arena in London. Die zwanzig Songs der Setlist sind eine ganz nette Auswahl aus der langen Karriere der Band, angefangen bei "Gerdundula" (von viertem Album "Dog Of Two Head" aus 1971) bis hin zu "The Beginning" aus "In Search Of The Fourth Chord" aus 2007, wobei der Fokus auf Songs aus ihrer Blütezeit in den 70ern bis frühen 80ern stammt und kaum etwas aus den letzten 30 Jahren (außer "The Beginning" noch "The Oriental" und "Creeping Up On You", beide vom 2002 erschienen Album "Heavy Traffic") enthalten ist.


Durch die Konzentration auf ihre klassischen Nummern haben sie den Fans vor Ort sicher eine Freude gemacht, die vermutlich, ähnlich wie jene im Juli 2016 in Linz (Livebericht), Spaß dabei hatten mitzusingen und zu den Songs zu rocken, oder zumindest sich zur Musik hin und her zu wiegen. Aber gerade auch deshalb kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass STATUS QUO, obwohl sie immer wieder neue Studioalben herausbrachten, zum Nostalgieakt verkommen sind.


Obwohl Francis Rossis Stimme altersbedingte Verschleißspuren aufweist, sind Songs wie "Softer Ride", "Caroline" und "The Oriental" ganz nett anzuhören. Songs bei denen jedoch Rick Parfitt als Leadvocalist fungierte, wie "Whatever You Want", "Rain" oder "Creeping Up On You", denen fehlt einfach etwas, auch wenn Parfitt selbst in den letzten Jahren nicht mehr wie zu seinen besten Zeiten klang, stimmlich hatte man keinen passenden Ersatz dabei. Immerhin kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Vocals nicht im Nachhinein im Studio mit Auto-Tune aufgebessert wurden. Neben ein paar fast schon schauderhaften Gesangseinlagen gibt es auch eine sehr gewöhnungsbedürftige Interpretation von Dions "The Wanderer".


Vielleicht sind die Songs ja besser wenn man selbst dazu singt? Die Musik an und für sich ist nicht schlecht und auch die Qualitäten der Musiker an ihren Instrumenten sind insgesamt überzeugend und energiegeladen. Größter Kritikpunkt hier ist, dass die Gitarren manchmal zu leise im Mix sind, insbesondere beim "Proposin' Medley".


Obwohl unterm Strich nicht schlecht (vor allem bei Song mit dominanten instrumentalen Parts, oder auch dem Schlagzeugsolo "The Caveman"), ist der Gesamteindruck dennoch, dass hier die Luft raus ist. Post-Coghlan/Lancaster STATUS QUO hatte schon deutlich an Dampf nachgelassen und wurde nur noch von den beiden Frontmännern angetrieben. Dass es an der Zeit ist die elektrische Gitarre an den Nagel zu hängen, hatte man offensichtlich schon erkannt. Ohne Rick Parfitt fehlt ein weiteres wichtiges Glied, das man nicht ersetzen wird können.


"The Last Night of the Electrics" gibt es in zahlreichen Formaten: als Doppel-CD Digipak, Doppel CD mit DVD oder BluRay, aud DVD oder BluRay, 180g 3-fach Vinyl LP (schwarz oder farbig), earBook (Doppel-CD, DVD und BluRay, ca. 120-seitiges Coffee Table Book), Bündel bestehend aus Doppel-CD, 3-fach LP und DVD oder BluRay, oder digital. Es wird eine breite Palette geboten, die sämtliche Präferenzen abdeckt, aber der Konzertmitschnitt – egal in welchem Format – ist wohl eher etwas für Komplettisten und Leute, die die Tour gesehen haben und damit Erinnerungen verknüpfen.
Andere möchten wahrscheinlich bessere Zeiten STATUS QUOs in Erinnerung behalten, so wie sie auf dem ersten Livealbum der Band, "Live!", 1977 festgehalten wurden.
 



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Brigitte Simon (21.07.2017)

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