KAUNAN - Forn

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VÖ: 13.10.2017
Bandinfo: KAUNAN
Genre: Neofolk
Label: By Norse Music
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Lineup  |  Trackliste

Eigentlich war das immer noch recht frisch gegründete Plattenlabel By Norse, das bislang überwiegend als Plattform für WARDRUNA und ENSLAVED diente, ausschließlich für norwegische Kunst und Kultur erdacht, aber mit der kürzlichen Kundgebung, dass man KAUNAN unter Vertrag genommen hat, wurde die kulturelle Gewichtung auf den gesamt-skandinavischen Raum ausgebreitet und mit der nahenden Veröffentlichung von "Forn" gebührend zelebriert. Dabei ist KAUNAN erwartbarerweise vor allem eines nicht: eine Ansammlung namenloser Amateure. Oliver S. Tyr (FAUN), Boris Koller (ein bekannter österreichischer Maler und Komponist) und Göran Hallmarken (seines Zeichens einer der besten Hurdy-Gurdy-Akteure der schwedischen Medievalszene) ergeben ein imposantes Trio und haben sich bereits vor neun Jahren zusammengefunden, spielten seitdem nur einige Exklusivkonzerte, sammelten über diesen Zeitraum aber auch das Material, das man passenderweise im Herbst als Debütalbum vorstellt.

Eine Entwarnung kann man direkt an den Anfang stellen: KAUNAN sind stilistisch mehrere Galaxien vom zuletzt eher poppigen Mittelalter-Schlager FAUNs entfernt. Rhythmisch kann man höchstens noch im Opener "Halteguten" Parallelen erkennen, aber auch das erübrigt sich spätestens mit dem atmosphärischen Sprung in den Norden, den das Stück nach den ersten eineinhalb Minuten hinlegt. "Forn" weiß rasch durch seine Unverkrampftheit und die sich daraus ergebende, nahezu selbstverständliche Vielfalt an unterschiedlichen Stimmungen mitzureißen. So gibt es auf der einen Seite durchaus einige heitere Lagerfeuer- bzw. Waldtänzchen à la "Den Gamle Sordølen" oder auch "Dansen Ungdom", auf der Gegenseite aber auch eine größere Palette an verschiedenen melancholischen Farbtönen, die wunderbar zu Herbst und Winter passen werden.

Dabei finden KAUNAN eine eigene Spalte zwischen großartigen Künstlern wie TENHI, FORNDOM, NEST und WARDRUNA, da sie gewissermaßen weniger von der sogartigen Düsternis und den weitläufigen Soundlandschaften zehren, sondern sich stattdessen - "Vallåt" ausgeklammert, da hier der Einfluss von Einar Selvik (das Duett mit Maria Franz ist Gänsehaut pur) eben doch als Kniff durchschimmert - rein auf ihr stark ausgeprägtes Geschick bei der Instrumentierung stützen, das nicht nur "Byss Kalles Vals" und "Svärdsjö Polska" als Eckpfeiler eines in sich geschlossenen Albums hervorbringt. Dass mir dann im Gegenzug diese speziellen Momente fehlen, nach deren Genuss ich mich am liebsten selbst irgendwo in der skandinavischen Fauna, bloß mit einem Fetzen Stoff ausgerüstet, aussetzen würde, um den lieben langen Tag Naturphänomene in epische Göttersagen zu hüllen sowie sämtliche Nahrungsmittel selbst zu jagen, ist nebensächlich und u.A. auch der Tatsache geschuldet, dass nordischer Folk mit Dark-Ambient-Einflüssen einfach unantastbar erscheint, wenn man diese Elemente weitestgehend ausklammert.

Das wiederum ist eine ganz klare Frage persönlicher Präferenzen, weswegen man hier auch nicht zwingend von einer Abwertung sprechen muss. "Forn" ist nämlich trotz alledem ein rundum kultiviertes Gesamtkunstwerk, das KAUNANs Engagement bei By Norse mit einem zur Labelphilosophie passenden Klangausrichtung rechtfertigt. Würde man behaupten, dass das Debüt des Trios vor allem von all denen angehört werden sollte, die mit FAUN zuletzt überhaupt nichts mehr anfangen konnten, würde man doch sehr weit von der eigentlichen Kernthematik abdriften, Liebhaber klischeefreier mediävaler Tonkunst werden hier aber ein ansprechendes Release vorfinden, mit dem sie zweifelsohne auf der sicheren Seite sind.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (13.10.2017)

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