MONO INC. - Symphonies of Pain - Hits and Rarities

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VÖ: 24.11.2017
Bandinfo: MONO INC.
Genre: Goth Rock
Label: NoCut GbR
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Lineup  |  Trackliste

MONO INC. und ihr neues Machwerk mit alten Liedern. Darunter sind auch solche, die kaum oder gar nicht anderweitig zu finden sind. Aber es finden sich auch schon zu Hits gewordene Lieder auf diesem Album. Eine Kompilation, wie ein Resümee des bisherigen Schaffens dieser Band aus Hamburg.

„Voices of Doom“: Da hat diese Hamburger Formation einen alten Song ausgegraben. Immerhin wurde er bereits im Jahre 2009 veröffentlicht. Wenn man sich besonders eine Veröffentlichung aus 2015 anhört, könnten böse Zungen behaupten, eine gewisse Dark-Pop-Band hätte ihre Flügel erhoben und sich bei diesem Song von MONO INC. einen kleinen Teil abgeschaut. Besagte geflügelte Band wurde unlängst hier beim Stormbringer-Magazin bereits unter die Lupe genommen. Doch nun zu den Stimmen der Verdammnis selbst: Inzwischen zu einem echten Club-Stampfer geworden, ist dieser Track ein Konglomerat des Getrieben-Seins in Text und Musik, welches zum Mitsingen animiert. Dieser Mitsing-Drang ist besonders live zu merken, was ich auf einem Auftritt von MONO INC. auf dem M’era Luna Festival miterleben konnte. Das volle Potential entfaltet „Voices of Doom“ definitiv live, vor und mit einem mehrere tausend Kopf starken Publikum.

Dann ist da der Klassiker der neueren Gothic-Szene, wenn es um Hymnen auf die selbige geht. Wie Sänger Martin Engler Ende 2016 in einem Interview mit Lotto King Karl sagte, spiegelt dieser Song mehrere Generationen der Szene wider. Mit dabei bei diesem Interview waren auch die anderen drei Herren, die in diesem Song zu hören sind. Die Rede ist von „Children of the Dark“. Eine Zusammenarbeit mit Chris Harms (LORD OF THE LOST), Thilo Wolff (LACRIMOSA, SNAKESKIN) und Joachim Witt. Vier markante Stimmen besingen das Anders-Sein, was hier etwas zu nah an einem floskelhaften “wir gegen die da” kratzt. Doch was heißt Anders-Sein? Wie weit reicht es? Und was kann, was sollte ein Song von knapp fünf Minuten mehr in Bezug auf dieses Thema leisten, als lediglich auf die optische Abgrenzung hinzuweisen, die sich neben der Kleidung auch im Headbanging („our heads are spinning“, wie es in diesem Lied heißt) ausdrückt?

Auf jeden Fall scheint sich hier eine gewisse Tradition von MONO INC. anzubahnen, mit Joachim Witt Musik zu machen. Denn schon „Kein Weg zu weit“ entstand aus einer Kollaboration mit diesem musikalischen Urgestein und könnte als goldener Vorreiter vor weitere Zusammenarbeiten angesehen werden.

Und schon ist man bei Kinderreimen angelangt, genauer gesagt bei „Heile, heile Segen“.  Es beginnt vertraut MONOmanisch. Wieder eine tanzbare Nummer, die eine der wenigen deutschsprachigen Stücke der MONOs repräsentiert. Kategorie: Ganz nett. Denn es ist zwar hörbar, ist aber wenig originell.

Es wird balladesk, es wird düster und resignierend. Ein seltenes Klavier-Werk, das im sonst sehr rockigen Repertoire von MONO INC. wie ein Stolperstein auffällt. Schönes Thema, verpackt in einer Melodie, die sich zu gut in den Rest einfügt, als dass sie gewollt wirkt. Kein Stück der Kategorie Haben-um-zu-Haben. Es geht um „In the End“; Geht runter wie ein samtig-bittersüßer Wein.

Die „Symphony of Pain“ ist zu so etwas wie einem Klassiker geworden. Wann immer ein Lied der MONOs gespielt wird, ist es oft diese Symphonie. Mitsingen ist hier besonders beim eingängigen Refrain vorprogrammiert, ebenso das Mitpfeifen (was nicht den Vorwurf „ihr Pfeifen“ implizieren soll). Live wie aus der Dose ein schöner Song.

Und schon wieder ein Feature-Song. Es wird maritim, wie es zu Hamburg passt. Konsequenterweise zeigt das entsprechende Musikvideo Szenen des Hamburger Hafens. Der Gast hier ist niemand geringeres als Ronan Harris, seines Zeichens die Stimme von VNV NATION. Und so klingt der „Boatman“ auch: Nach einer Verschmelzung von MONO INC. und VNV NATION. Und das nicht nur in Bezug auf die Offensichtlichkeit des Gesangs. Kann man machen, ist gar nicht so übel.

„Arabia“ ist passend für Katha Mias Background-Gesang. Insgesamt hörbar ohne Gefahr für Ohrenschmerzen, auch wenn der Rhythmus des Schlagzeugs wenig überrascht, sondern wie eine Wiederholung aus anderen Stücken von MONO INC. klingt. Kurzum, dieser Song bietet musikalisch wenig Überraschendes. Textlich wird großteilig in Fragen gesprochen, der Refrain wiederholt das Wort „Arabia“. Leicht zu merken, leicht mitzusingen.

Mit „Potter’s Field“ ist nicht etwa ein klanglicher Rekurs auf den literarischen Bestseller von J.K. Rowling zu erwarten, sondern vielmehr ein Juwel. Es treten endlich eimal neue Instrumente in Form von Streichern und etwas, das wie eine Harfe klingt, auf. Definitiv hörenswert für solche Menschen, die auf Balladen stehen. Einer meiner Favoriten auf diesem Best-Of-Album.

Bei „Cementry of Hearts“ fällt einiges Altbekannte auf. Was zunächst nach einer Mischung aus „Voices of Doom“ und „Heile, heile Segen“ (beide auch von MONO INC.) klingt, wird ergänzt durch den zum Erkennungsmerkmal gewordenen „Aaah“-Gesang der Drummerin Katha Mia. Jenes Merkmal, welches sich in vielen Intros und Gesangpausen von Martin Engler findet, fast ungeachtet des jeweils spielenden Stücks. Dieser Song plätschert leicht dahin wie ein sanfter Weißwein im Sommer die Kehle herunterrinnt. Ein Lied mit einem offenbaren Hang zur Liebe und zum Vermissen.

Man merke auf: „Forgiven“ ist bemerkenswert. Der Text geht über das Plattitüdenhafte hinaus, ist wesentlich interessanter gearbeitet. Auch die Stimmenanzahl wurde gesteigert. Denn mindestens zwei Stimmen unterstreichen den von Martin präsentierten Gesang. Es geht voran. Dieser Titel ist ebenso auf der rein musikalischen Ebene vielschichtiger als so mancher Vorgänger auf diesem Album.

„Wave no Flag“ geht wirklich unter die Haut. Hier ist das Minimalistische in der Musik wirklich angebracht. Mehr hätte diesem Track nicht gutgetan. Der schlichte Rhythmus ist dezentes, und setzt an den angebrachten Stellen des Textes Akzente (gute Arbeit, Katha). Einziges Manko: Der Song ist zu kurz.

Und wieder wird es schneller und treibender. Es wird ein Song, der bisher zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat. „My Sick Mind TV“. Und wiederum ein Titel, bei dem der Text nicht allzu vorhersehbar und simpel ist. Geht klar, die Nummer. Was ebenso klar geht, ist „Teach me to love“. Eine Ballade, die in Teilen an „Nothing else matters“ von METALLICA erinnert. Besonders auffällig ist das Gesangsduett. Definitiv hörenswert für solche, die auf Rockballaden stehen.  

„Euthanasia“ reiht sich musikalisch in die Gruppe der Setzkasten-Songs ein. Musikalisch wenig überraschend, aber dennoch bzw. gerade deswegen gefällig. Dezent wird eine dünne Schicht Streicher auf dieses Schwarzbrot gestrichen. Kollektives Singen in einer Live-Situation ist nicht ausgeschlossen.

An „Viva Hades“ kommt man offenbar nicht vorbei, wenn eine Compilation von MONO INC. ins Hause steht. Eine Nummer, maßgeschneidert für einen Bikerfilm auf einer staubigen Straße unter der brennenden Sonne von Texas. Dieser Titel ist mit seinen bald sieben Jahren einer der alten Herren dieses Albums und hörenswert, wenn man Lust auf Abrocken hat. Was hier an Stimmung einer Motorradfahrt vorbereitet wurde, wird von „Never Ending Love Song“ aufgegriffen und fortgeführt. Eine der wenigen Stellen auf diesem Album, an der ein solches Aufgreifen erkennbar ist. Sonst wirkt es doch eher wie eine Aneinanderreihung von Liedern.

Und somit ist man schon bei der Halbzeit angelangt: „Time to go“. Es ist nun Zeit, dass die erste Scheibe endet, um Platz für die zweite CD zu machen. Mal wieder eine romantische Ballade, die angesichts stärkerer Vorgänger wie „In the End“ in dieser Richtung nicht wirklich viel Neues bietet. Ist hörbar, aber wenig spannend. Mehr eine Rollei-Kamera mit Full-HD denn eine GoPro mit 4K. Es ist brauchbar, geht aber besser. Und dass MONO INC. Balladen können, haben sie mit „In the End" bewiesen.

Eine Aneinanderreihung von Gegensätzlichkeiten? Ist da. Die Aussage, dass es nur manchen gut geht? Gefunden. Das System ist starr? Auch da. Was nach einem Bingo-Abend plumper Plattitüden punkiger Positionen klingt, hört bei MONO INC. auf den Namen „Beggars and Kings“. Ungeachtet der Bedeutung dieser Aussagen hätte m.E. die hier besungene Haltung anders transportiert werden können. Denn die MONOs haben andernorts bewiesen, dass sie musikalisch wie textlich mehr draufhaben.

Besonders hinzuweisen ist auf den ersten Titel der zweiten CD dieses Doppelalbums. „Ghostship“. Haben sich da die MONOs etwa die Aufgabe gestellt, ein Lied für die gleichnamige Party zu schreiben, die regelmäßig in Hamburg auf einem, wie könnte es anders sein, Schiff stattfindet? Wenn dem so ist, haben sie die Stimmung jener Party gut erwischt. Man sieht sich zu den Klängen von „Ghostship“ des Nachts auf dem Weg zur Ghostship. Und dann wird bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Alles zusammengefasst in diesem Lied. Gut gemacht.

„For all we have to suffer“ wird philosophisch, mit einem Hang zum Theologischen. Mal wieder wird die Theodizee-Problematik aufgegriffen und ausgewalzt. Eine Frage, die Denker über viele Jahre zumindest für sich selbst beschäftigt hat. Zweifel und Fragen kommen so manchen Menschen, das Sich-Abwenden von Glauben kann durchaus vorkommen, ebenso wie das Sich-Nicht-Abfinden-Wollen. In diesem Song findet sich ein Ausdruck des Angegangen-Seins, des Fragens, verpackt in ein auffälligeres musikalisches Paket. Jedoch kommt es hier nicht über eine Anzahl an aufgewärmten Aussagen heraus.

Insgesamt wird es auf der zweiten Scheibe dieses Albums wesentlich abwechslungsreicher. Keine standardisierten Rhythmen oder Riffs mehr, die Mischung holt raus, was auf CD eins etwas vermisst wurde. Besonders „Feuer“ und „Alter Mann“, aber auch die unplugged-Ausgabe von „Kein Weg zu weit“ (mit Joachim Witt schon wieder) stechen neben dem bereits erwähnten „Ghostship“ heraus. Einige Neuheiten und wenige altbekannte Stücke.

 

Fazit: für eingefleischte MONO INC.-Fans lohnt sich dieses Album, um neue Lieder zu entdecken. Andere Menschen, die gerade mit dieser Musik in Berührung gekommen sind, können einen zusammenfassenden Überblick über das Wirken dieser vier Menschen aus Hamburg bekommen. Es werden verschiedene Stimmungen und Szenerien erzeugt, aber eher wenige Highlights geboten.

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Thomas Trüter (26.11.2017)

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