THE NEGATIVE BIAS - Lamentation Of The Chaos Omega

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VÖ: 01.12.2017
Bandinfo: THE NEGATIVE BIAS
Genre: Ambient Black Metal
Label: Aeternitas Tenebrarum Musicae Fundamentum
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Lineup  |  Trackliste

Der sogenannte „negativity bias“, welcher bei der Namensfindung von THE NEGATIVE BIAS herangezogen sein worden dürfte, beschreibt das Phänomen, dass schlechte - negative - Dinge, die passieren, trotz gleicher Intensität einen größeren Einfluss auf die Psyche und das Weiterleben des Menschen haben. Ihr könnt euch an manche Jahre der Kindheit kaum mehr erinnern aber an einige Momente glasklar, ohne großartige Verzerrung, als wäre es gestern passiert? Meistens etwas nicht unbedingt Schönes, meistens sehr prägend? Voilà.

THE NEGATIVE BIAS sind prinzipiell kein negatives Erlebnis, das man verdrängen oder mit therapeutischer Hilfe aufarbeiten müsste, ganz im Gegenteil. Es ist im Black Metal ja (leider) des Öfteren Usus, die Alben so verwaschen, zerschreddert und blechern als nur möglich zu mischen, dass es garantiert so klingt, als wäre die Musik der Kehle eines Höllendämons entfleucht, welcher sich röchelnd in einem düstren Winkel im letzten Höllenkreis windet. Total oldschool, finden manche – scheiße unnötig, finde ich. Umso besser dass THE NEGATIVE BIAS nicht so klingen. Bei „The Golden Key To A Pandemonium Kingdom“ ist zwar der Glöckerl-Sound (hört rein, ihr wisst was ich meine) hart dran meine Nerven anzusägen, aber es hält sich in Grenzen. Hier zeigt sich auch, was sich irgendwie als roter Faden bei THE NEGATIVE BIAS herauskristallisiert – es gibt harte Wechsel in der Musik, sowohl vom Rhythmus als auch vom Klang. Was bei anderen Bands klingt, als wäre ihnen zwischendrin einfach fad geworden und dann haben sie halt lustig mit einem anderen Stil weiter gemacht, klingt bei THE NEGATIVE BIAS nicht lästig, sondern gewollt und rund. Stimmlich außerdem absolute Spitze – zwischen Keifen und Knurren sauber und pointiert.

„Journey Into The Defleshed Paradise“ hat außer dem grausigen Titel schon zu Beginn Gänsehautfaktor, stilistisch nah dran am vorhergehenden Track. Bei länger währenden Liedern (nein, vier Minuten ist nicht Überlänge!) ist immer der kritische Punkt, ob und wann der Hörer schaut, wie lang es noch dauert. THE NEGATIVE BIAS retten sich darüber wieder mit gekonnten Brüchen im Song hinweg – wenn es Gefahr läuft langatmig zu werden gibt es einfach eine dezente Kehrtwende und schon ist der Anflug von Stirnrunzeln wieder geglättet.

„Tormented By Endless Delusions“ ist wirklich ein bisschen „torment“ – muss ich schon sagen. Da scheppert es einfach zu viel. Ich weiß eh, ich bin eine Banause, aber wenn mir der Herzschlag in gruselige Höhen mit den beats mit steigt, wird es mir irgendwann einfach zu bunt. Dauert aber eh nicht lang, bei dem Track haben sie sich kurz gehalten - da ist dann auch alles gesagt.

„The Undisclosed Universe Of Atrocities“ ist schon wieder viel eher meine Kragenweite. Langsam und stetig wird eine intensive und feine Atmosphäre erzeugt, die vom später einsetzenden Gesang untermauert und ausgebaut wird. Jegliches Geschepper wird verziehen – bei dem Track stimmt einfach alles. Keine Ahnung warum „Tormented By Endless Delusions“ so wenig und „The Undisclosed Universe Of Atrocities“ so sehr wirkt – subjektives Hören würde ich sagen. Auf alle Fälle ist der Track der meistgespielte des Albums seit ich es in den Fingern habe. Den Song kann man im Kontext oder einfach nur für sich hören und genau so stehen lassen – perfekt.

„Cryptic Echoes From Beyond Dimensions“ ist anders und zugleich absolut stimmig – an den Track zuvor schließt es an und öffnet trotzdem ein ganz anderes Fass. Der Soundtrack für die dunkelsten Winternächte ist gefunden – nichts als die Schwärze der Nacht, in den Himmel steigende Feuerfunken und diese Musik. Mir fehlen die Worte, um adäquat zu beschreiben was der Song auslöst – ich kann auch den Finger nicht darauf legen welche Gefühle das lostritt, es ist auf alle Fälle mächtig. "True Detective"-Fans dürfen sich auch besonders freuen.

„And Darkness Should Be The End Of Cosmic Faith” – macht mich ein bisschen fertig nach dem Track davor. In Sachen harte Wechsel erreicht man hier ein ganz neues Level. Musikalisch ziemlich geil, nach einer kurzen Pause zum Runterkommen geht es auch wieder.

Ein guter Abschluss, wenn auch das Album gerne noch ein paar Tracks länger dauern dürfte.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lee (04.12.2017)

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