CRUDA SORTE - Ewigkeiten im Schimmel

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VÖ: 26.02.2018
Bandinfo: CRUDA SORTE
Genre: Black Metal
Label: Bleeding Heart Nihilist Productions
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Lineup  |  Trackliste

CRUDA SORTE, italienisch für „Grausames Schicksal“, entlehnt aus einer Arie von Georg Friedrich Händel, sind mittlerweile von einem Soloprojekt zu einer richtigen Band angewachsen, worüber Nathanael zuletzt im Interview umfassend Auskunft gab. Zudem wurde diesmal mit einem richtigen Studio zusammengearbeitet, was man auch an allen Ecken und Enden hören kann, wenn man dieses Album mit „Nekrolog“, „Innozenz“ oder gar „Tollwutkult“ vergleicht. Außerdem hat sich mit Bleeding Heart Nihilist Productions mittlerweile ein Label gefunden, welches dieses Album auch auf CD herauszubringen bereit war. Es hat sich also äußerlich wie innerlich einiges getan im Hause CRUDA SORTE, weswegen das neue Album nun auch hier besprochen sein möchte.

Mit seltsam klingenden Piano-Klängen in Kombination mit einem rostigen Knarren beginnt also die Reise in das neue Album „Ewigkeiten im Schimmel“. Die Berliner Schwarzmetaller haben sich damit ein stimmiges Intro einfallen lassen, welches in Ansätzen schon fast alles beinhaltet, was sich in den folgenden Liedern auf einen ergießt bzw. teilweise übergibt.

Weitestgehend wird hier kompromissloser Black Metal geboten, der glücklicherweise keineswegs „depressive“ wirkt, sondern eine Art von Energie und Kraft transportiert, die einen schnell in den Bann zieht, wenn man dazu in der richtigen Stimmung ist. Das ist auch ein primärer Unterschied zu den vorherigen Alben: Obgleich mich diese zwar fesseln konnten, war die Musik doch an Kontrapunkten eher arm und baute weitaus mehr Spannung auf, als sie dem Hörer erließ, sodass das Ganze doch sehr erschöpfend wirkte. Damit sei mitnichten gesagt, dass „Ewigkeiten im Schimmel“ easy-listening sei: Ganz im Gegenteil, die hier dargebotenen Melodien und Strukturen sind dies keineswegs. Es ist lediglich ein Fortschritt im Songwriting und eine Reife vorhanden, welche den Spannungsbogen nicht (un)absichtlich überreizt.

Die Gitarrenarbeit sticht bei „Ewigkeiten im Schimmel“ besonders hervor, insbesondere bei den Lead-Melodien, welche enorm zu den jeweiligen Stimmungen passen und diese hervorheben. Da macht sich das Wirken von Memnoch deutlich bemerkbar, den ein, zwei geneigte Leser bereits von seinem Solo-Projekt WOLFSHAUCH kennen könnten. Weiterhin ist auch die sehr stimmige, akzentuierte Arbeit von M.Greis am Schlagzeug hervorzuheben, da dieser den Liedern eine Dynamik verleiht, die die einzelnen Parts und damit auch das Gesamtwerk deutlich aufwertet und die Spannungsbögen unterstützt.

Auch gesanglich ist eine Weiterentwicklung zu konstatieren. Mehrheitlich handelt es sich dabei zwar nach wie vor um Gekreische im höheren Bereich, welches zwar durchaus präsent ist, durch den verwendeten Hall jedoch nicht zu penetrant, dafür aber umso flächiger, umfassender wirkt. Im zweiten Lied „Die letzte Ära“, welches mit über elf Minuten den längsten Track darstellt, kommt nach dem sägenden Anfangsriff eine interessante ruhigere Passage, die mich unter anderem durch den Klargesang an AASKEREIA/WOLFSTHRON erinnert, wonach es dann hauptsächlich mit eher bestialischem Gekreische/Gekeife weitergeht. Dieses Lied ist unter anderem wegen seiner Vielseitigkeit sowieso als Anspieltipp festzuhalten. Wo in „Windungen“ der bisher beschrittene Weg recht konsequent festgehalten wird, wobei mir ein Riff im Mittelpart erstaunlich vertraut vorkommt, wartet mit „Spinnentanz und Giftbefall“ eine echte Überraschung auf. Hier wird es nämlich plötzlich akustisch, und ein Gitarrenriff im 6/8-Rhythmus, begleitet von perkussiven Elementen, durchzieht fast das ganze Stück, welches mit bizarren Melodien und wahnhaftem Gesang aufwartet. Das erinnert mich an eine krude Mischung aus SOL INVICTUS und HEXVESSEL, wobei der Gesang ein wenig wie ANIMO AEGER anmutet, sich am Ende aber in das für CRUDA SORTE übliche Gekreische steigert – und das auch mehrstimmig. Nachfolgend wird es mit „Paradigma des Abfalls“ wieder weitaus traditioneller, wobei dieser rasende Song mit zwei interessanten „Breakdowns“ aufwartet, die von wirklich irren Schreien begleitet werden, die mir je nach Stimmungslage ein Schaudern über den Rücken jagen oder zum Schmunzeln anregen. Danach beginnt mit „Schimäre“ auch schon der letzte Song des Albums, welcher ebenfalls einen Anspieltipp darstellt, da er zumindest musikalisch eher getragen und regelrecht episch wirkt, was einen willkommenen Gegenpol zu dem Wahnwitz darstellt, der sonst dargeboten wird, ohne den sonstigen eher morbiden Charakter gänzlich zu missen. Daher dürfte dieser Track einen guten Einstieg für Neuhörer darstellen – so wie er für mich einen extrem stimmungsvollen Ausklang dieses Albums bedeutet.

„Ewigkeiten im Schimmel“ ist in jedem Fall als eine positive Neuerung im Katalog von CRUDA SORTE zu betrachten, was wohl auch dem groben Konzept entspricht, nach welchem Schimmel als etwas Neues ins Althergebrachte bricht und damit Teil eines ewigen Erneuerungsprozesses ist. Dementsprechend versuchen CRUDA SORTE hier nicht krampfhaft, den Black Metal zu revolutionieren, sondern spielen gekonnt mit den bewährten Elementen und schaffen somit ein durchaus mitreißendes Gesamtwerk, das zwar traditionell ist, aber doch mit stilistischen Feinheiten punkten kann. Dadurch hebt sich dieses Album klar vom allgemeinen Durchschnitt ab, weswegen man gespannt sein darf, was seitens dieser Band in Zukunft erscheinen wird.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Felix Thalheim (26.02.2018)

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