CASEY - Where I Go When I Am Sleeping

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VÖ: 16.03.2018
Bandinfo: CASEY
Genre: Hardcore
Label: Rise Records
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Lineup  |  Trackliste

Mit „Love Is Not Enough“ konnten die Emotional-Hardcore-Newcomer CASEY aus South-Wales im Jahr 2016 einen regelrechten Senkrechtstart hinlegen. „Where I Go When I Am Sleeping“ möchte nun gerne an diesen Erfolg anschließen und geht dabei etwas andere Wege als sein Vorgänger. Statt glatter und aufpolierter daherzukommen, wirkt die neue Platte zu weiten Teilen sogar bedeutend roher als das Debüt. Aber ist neu immer besser?

Glasknochen, chronische Entzündungen, eine manische Depression, ein Schlaganfall und ein Herzinfarkt. Was hier klingt, wie der gesamte Tagesablauf einer Notaufnahme, ist tatsächlich die Krankengeschichte des CASEY-Sängers Tom Weaver. In zwölf Songs auf mit insgesamt 40 Minuten Laufzeit verarbeitet dieser auf „Where I Go When I Am Sleeping“ seine Vergangenheit, Ängste und den täglichen Umgang mit seinem körperlichen und geistigen Zustand. Ähnlich wie auch auf „Love Is Not Enough“ bewegt sich die neue Platte auf dem breiten Spektrum zwischen wütend gebrüllten Anklagen gegen das Schicksal und triefender, aber berührender Melancholie. Mit Titeln wie „Making Weight“, „Flourescents“, „Bruise“ oder auch dem titelgebenden „Where I Go When I Am Sleeping“ sorgen CASEY so erneut für einen dicken Kloß im Hals, indem sie eine beinahe hoffnungslose Perspektive auf die existentiellen Fragen des Lebens entwickeln. Die Songs klingen dabei eher wenig abwechslungsreich, was aber dem düsteren Grundtonus der Platte geschuldet ist und keineswegs störend wirkt.

Das andere Extrem bilden Songs wie „Wavering“, „The Funeral“ oder „Wound“, die ein härteres Songwriting samt roher Shouts in den Vordergrund rücken. Hier zeigt sich zudem die stärkste Entwicklung CASEYs, da die Härte nun nicht mehr nur als Stilmittel zur Abgrenzung von emotional-melancholischen Phasen dient, sondern als ihre Steigerung funktioniert. Der stetige Wechsel von nach außen gerichteter Aggression und nach innen gewandter Selbstreflexion durch die Brille der Depression zeichnet das Bild eines Menschen, der den Abgrund als seinen alltäglichen Begleiter akzeptiert hat so eindrucksvoll, wie es schon lange kein musikalisches Werk mehr geschafft hat.

Zu kritisieren ist allerdings, dass sich „Where I Go When I Am Sleeping“ nicht einfach hören lässt. Das Album ist trotz seiner moderaten Laufzeit verhältnismäßig sperrig und verlangt Konzentration und Einfühlungsvermögen. Es ließe sich fast schon von einer musikalischen Nische sprechen.

In meiner Review zu „Love Is Not Enough“ habe ich kritisiert, dass CASEY noch zu sehr nach ihren geistigen und musikalischen Vorbildern klingen, unter der Oberfläche jedoch Vielversprechendes zu schlummern scheint. Diesen Vorwurf kann die Band mit „Where I Go When I Am Sleeping“ nun vorbehaltlos abstreifen. CASEY bringen hier ein sehr emotionales, sehr individuelles, aber auch ein sehr persönliches und damit stellenweise unzugängliches Album, was aber auch genau das sein will.

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lucas Prieske (15.04.2018)

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