NOTURNALL - 9

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VÖ: 27.10.2017
Bandinfo: NOTURNALL
Genre: Progressive Power Metal
Label: Rockshots Records
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Lineup  |  Trackliste

Die Erfahrung zeigt, dass es mitunter ganz gut ist, skeptisch zu bleiben, wenn man einen Track eines Albums hört und diesen ziemlich großartig findet. Nach Möglichkeit sollte man die Euphorie ein wenig zügeln, denn nicht selten kommt die Ernüchterung. Die Erfahrung zeigt allerdings auch, dass es Ausnahmen gibt und man dann durchaus froh darüber ist, wenn man sich der Neugier doch ergeben hat. Wenn erst einmal der zweite und dritte Song das gleiche Level anpeilen wie der erste Hoffnungsträger, kann schon nicht mehr ganz so viel schief gehen. Und wenn man das Glück hat, die neue Scheibe von NOTURNALL im Player zu haben, hat man das Glück quasi gepachtet. 

Melodisch-metallischer Druck gepaart mit progressivem Abwechslungsreichtum, ohne dabei aber ein treibendes und fließendes Fortlaufen der Songs zu zerstören und dazu genug Melodie, um ins Ohr zu kriechen und erst einmal dort zu bleiben. NOTURNALL haben sich auf der neuen „9“ hörbar Mühe gegeben, alles aus ihrem hoch technisch versierten Können herauszuholen und es war nicht umsonst. Die ungestümen Fehler und überbordende "Höher-Besser-Weiter" Attitüde des trotzdem guten Debuts von NOTURNALL (Das dementsprechende Review gibt's hier) wurden weitgehend ausgebügelt und geradegebogen. Die Kompositionen haben an extremen Spitzen verloren, aber keineswegs im technisch versierten Bereich. Die Mischung machts, und so folgt auf einen melodiösen Teil stets Härte, auf beruhigtere Passagen immer wieder treibende Riffs und Dampfhammer-Rhythmen. Und alles überdacht mit einer Stimme, die in der vollen Bandbreite zwischen Einhorn-Melodik und Raubein-Vocals zaubern kann. 
Durch den Abwechslungsreichtum der Songs ist es an dieser Stelle auch kaum möglich, den ein oder anderen definitiv zu charakterisieren oder in eine Schublade zu stecken, wo man ihn spätestens nach einer Minute Spielzeit schon wieder herausnehmen und umordnen müsste. Das einzige, das man dem ein oder anderen der neun Tracks vorwerfen kann, wäre vielleicht, dass man sich hin und wieder auf klassischere, beiläufigere Pfade verirrt hat (hauptsächlich in den mittleren Nummerierungen der Scheibe zu finden), während NOTURNALL mit „9“ im Allgemeinen die „klassische“ Kunst des brasilianischen Melodic/Heavy Metal auf ein moderneres Level gehoben, phasenweise mit Prog-Elementen durchmengt und durch technische Variationen noch mehr Druck verliehen haben. Gut, da wäre noch die Ballade, die mehr nach Bon Jovi als nach brasilianischem Power Metal klingt, aber da meinereiner ohnehin mit Schnulzen auf Kriegsfuß steht, wird das geflissentlicht ausgeklammert. Zudem ist der Song für den guten Zweck geschrieben und gespendet, von daher bleibt mein Gemecker leise.

Alles in allem eine Scheibe, die es verdient hat, dass man mehr als nur ein Ohr darauf wirft. NOTURNALL hat mit „9“ wohl durchaus das Potenzial, neue Fans im melodischen und technischen Bereich zu finden und durch die durchdachte und eingängige Art, Songs zu schreiben, die Aufmerksamkeit zu erhalten, welche die Brasilianer verdient haben. Tolle Scheibe mit wenig Schwächen und großem Unterhaltungswert. 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lisi Ruetz (05.05.2018)

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