LIZZY BORDEN - My Midnight Things

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VÖ: 15.06.2018
Bandinfo: LIZZY BORDEN
Genre: Metal
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

LIZZY BORDEN, einst aufgrund der 80er-Jahre-bedingten Haartracht mitverantwortlich für die Entstehung des Ozonlochs, gräbt sich nach elf Jahren in der Versenkung wieder an's Tageslicht und schenkt uns mit "My Midnigh Things" zehn neue Songs. Wo einst bis zu fünf Musizierende wirkten, werken heute nur mehr Lizzy höchstselbst mit Bruder Joey Scott an den Drums. Ich muss gestehen, dass ich selbst die grandiose "Murderess Metal Road Show" und die darauffolgenden "Menace To Society" und "Master Of Disguise" gut und gerne zehn Jahre nicht mehr gehört habe. Als Vorbereitung zu "My Midnight Things" schwelgte ich doch noch ein wenig in längst vergangenen Zeiten. Ach ja, Stretchjeans, Jogging High, Dauerwellen und Oberlippenflaum. Optisch war das Jahrzehnt ein Desaster, musikalisch hingegen großartig.

Mit dem Titeltrack geht es recht gut los und "Obsessed With You" ist sogar noch besser. Kein Song für die Ewigkeit, gäbe es aber heutzutage noch so etwas wie Radioairplay, dann würde KNAC oder welches RockRadio auch immer, genau diesen Song mit offenen Händen empfangen. Zwei Songs, wie sie LIZZY BORDEN auch vor vielen Monden hervorzauberten und die auch heute noch funktionieren. Die Stimme hat jetzt nicht mehr die einst proklamierten 79 Oktaven Umfang, aber es reicht noch immer, um feststellen zu können, wer hier der Mann am Mikro ist.

"Long May They Haunt Us" ist jetzt nicht grad ProgRock, aber hier, wie auch beim folgenden "The Scar Across My Heart" ertappt man sich beim fidelen Mitwippen. Das ist alles nicht notwendigerweise Musik für die Ewigkeit, aber im Hier und Jetzt funktioniert das schon ganz gut. Und es geht weiter mit "A Stranger To Love", welches mit einem von Synths getragenen Refrain punktet. Der Chef singt äußerst solide und die Hooks stimmen. Die Hitdichte ist auf dem Album äußerst hoch, Ausritte in den Industrial wie "Our Love Is God" ändern daran nicht viel.

Soundtechnisch ist man, entgegen der Meinung einiger Mitstreiter am Metal-Magazin-Markt, hier keineswegs im 80er-PopMetal-Eck gelandet, vielmehr klingt das Album, als ob Peter Tägtgren hier ein Hard Rock/Heavy Metal Album der Haarspray-Zeit in das Jetzt transferiert hätte. Klar, "Run Away With Me" hätte möglicherweise eine gewisse Grundbefeuchtung am Sunset-Strip erzeugt und mit "My Midnight Things "Reprise" wären manche Abende wohl gut und gerne in der Horizontalen zu Ende gegangen, aber die beiden Songs sind die Ausnahmen auf dem Album. Das mag für viele Puristen "Gott-sei-bei-uns"-ähnliche Panik entfachen, ich finde diesen opulent gedeckten Tisch durchaus ansprechend. Das Album ist sensationell rifflos. Die Gitarre wird größtenteils einfach durchgerissen, darunter sorgen die Keys für eine passend ausufernde, zusätzliche Soundschicht und obendrauf gibt es Lizzy am Gesang und seinen Bruder am soliden Schlagzeug.

Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich mit keinen Erwartungen an "My Midnight Thinks" herangegangen bin, aber das Album hat mich mehr als positiv überrascht. Es gibt im Internet (erneut ein "Danke" an George W.) eine Menge an beleidigten Kritiken dieses Album betreffend von Schreibern, die hier wohl eine Zeitreise erwartet haben. Aber wir haben es mit LIZZY BORDENs "My Midnight Things" mit einem  modernen Rock/Metal-Album mit gigantischen Melodien und Hits ohne Ende zu tun. Modern ist nicht zwangsweise steril oder ideenlos.

Es geht auch ohne Haarspray. Und es geht sogar sehr gut.

 

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (20.08.2018)

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