ASH OF ASHES - Down The White Waters

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VÖ: 21.09.2018
Bandinfo: ASH OF ASHES
Genre: Viking Metal
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste

Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, wenn ich an "Das Atmen der Erde" aus der Feder von HEL denke, wenn ich es höre und darin versinke. Als es damals, also am 7. April 2012, erschien und der erste Durchgang sich mit dem beschließenden "Neun Gestade tiefer" dem unausweichlichen Ende beugte, war mir umgehend bewusst, dass es im Pagan-/Viking Metal Sektor zukünftig nicht mehr allzu viele bessere Werke geben können würde. Dass sich die Band allerdings nur wenig später auflösen würde, war zunächst, in der ersten überschwänglichen Euphorie, nicht absehbar; aber als man für ebenjenen musikalischen Schlusspunkt bzw. dessen Lyrics etwas mehr als eine ruhige Minute übrig hatte, entdeckte man eine Art Vorwarnung und das ergab durchaus Sinn, denn: wie sollte man dieses Album überbieten? Wahrscheinlich wäre das einer Sisyphusaufgabe gleichgekommen. Trotzdem oder gerade deswegen freut es mich ungemein, dass ich genau an dieser Stelle nun einen Bogen zum eigentlichen Thema, zum Gegenstand dieser Rezension spannen kann, der eben nicht möglich gewesen wäre, wenn sich ASH OF ASHES, das neue Projekt von HELs Markus "Skaldir" Skroch und Morten, nie zusammengefunden hätten: "Down The White Waters", das Debütalbum des Duos.

Auch hier könnte ich direkt in Jubelarien ausbrechen. "Down The White Waters" braucht dafür zwar einen Durchgang mehr, aber das Endergebnis ist dasselbe: ein meisterhaftes episches Pagan Black Metal Album, welches um eine folkige Note ausgebaut wurde. Aber wo genau soll ich anfangen? Vielleicht bei den Vocals, die gerne mal einen Hauptanteil meiner Bedenken ausmachen, weswegen ich bereits in der Vergangenheit desöfteren meinen Unmut gegenüber englischem Gesang bei deutschen Pagan-/Viking-Bands geäußert habe? Das stört bei ASH OF ASHES überhaupt nicht, denn: Skaldirs Gesang - egal, ob harsch oder klar - ist auch bei Fremdsprachengebrauch (typisch deutsches Denglisch sucht man vergebens) immer noch genauso ausdrucksstark und emotional wie im deutschen Original, zumal sich der Wortschatz selbst in angenehm phonetischen Bereichen einpendelt (die Lyrics stammen von Morten) und sich dadurch deutlich von dem von Bands à la BLACK MESSIAH (das hat damals nicht nur "First War Of The World" ein Stück weit entwertet, sondern letztes Jahr auch "Walls Of Vanaheim") abhebt. Die größte Hürde ist damit für mich also erfolgreich bewältigt worden.

Musikalisch hingegen ist vieles noch genau so, wie es man es von HEL und insbesondere "Das Atmen der Erde" kennt: Künstlerisch irrsinnig wertvolle, hochemotional vorgetragene Kompositionen, deren stimmungsvolle Kulisse sich um nordische Sagen schlingt, nehmen den Hörer von der ersten Sekunde an auf eine beeindruckende Reise mit. Die "singende Gitarre" beispielsweise, die man etwa im eröffnenden Titeltrack oder im späteren "Ash To Ash" (in dem sie sich dann sogar mit der Violine duelliert) vernehmen kann, beherrscht Skroch, der natürlich seinen eigenen Stil gefunden hat, genauso gut bzw. expressiv wie die beiden Legenden Valfar und Quorthon. Jedes Riff, jede Melodie erzeugt eine besondere, einzigartige Stimmung, die in dieser Form nur aus seiner Feder stammen kann. Auf diese Weise gibt es wieder melancholische Passagen ("Sea Of Stones" und "Chambers Of Stone (The Lay Of Wayland)"), die sich mit folkigen ("Springar" und "Seven Winters Long (The Lay of Wayland)") und aggressiveren Stücken ("Ash To Ashes" und "In Chains (The Lay Of Wayland)") sowie klassischem "BATHORYeskem" Material ("Flames On The Horizon") zu einem wunderbaren Gesamtkunstwerk zusammensetzen, bei dem Epik nicht mit überfrachtendem Bombast das Drakkar auf den Meeresboden drückt, sondern die Besatzung auf der langen Fahrt mit bildgewaltigen Impressionen versorgt. 

Viel mehr kann und möchte ich zu "Down The White Waters", das für mich nicht weniger als eines der drei Alben des Jahres 2018 ist, dann auch nicht mehr schreiben, denn letztlich sollte man einfach selbst diese Erfahrung machen und ein echtes Genre-Kleinod fernab jeglicher Konventionen genießen. Hier passt einfach alles: Vortrag, Produktion, visueller Rahmen. Die angesprochenen Galionsfiguren, die Gründungsväter des Pagan-/Viking Metal wären stolz auf das, was Skaldir und Morten mit ASH OF ASHES und ihrem Debütalbum "Down The White Waters" geleistet haben. Gebührend abgerundet wird das von einem sensationell-gefühlvollen Piano-Outro, das wohlige Erinnerungen an das Grande Finale von "Das Atmen der Erde" oder das großartige "Blooded Shore"-Cover weckt. Für mich ist dieses Album ein meisterhaftes Beispiel dafür, wie magisch Musik sein kann, wenn hochbegabte Künstler mit voller Hingabe ein Projekt einfach geschehen lassen. 



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (17.09.2018)

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