MAYAN - Dhyana

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VÖ: 21.09.2018
Bandinfo: MaYaN
Genre: Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Als zum Jahresanfang 2014 das zweite MAYAN Album "Antagonise" erschien, konnte ich persönlich nur wenige positive oder überzeugende Facetten darin erkennen. Es handelte sich, und das würde ich heute, vier Jahre später, immer noch unterstreichen, schlichtweg um Symphonic Death Metal, bei dem das Orchester und die klassische Metal-Besetzung lediglich wie eine Zweckgemeinschaft anmuteten. Symphonic Death Metal, bei dem man das Gefühl nicht loswurde, als würde darin all das recycelt, was bei EPICA bis dahin keinen Platz fand. Seitdem wurde aber ausgerechnet bei EPICA der Härtegrad so drastisch erhöht (nachweisbar durch "The Quantum Enigma" und "The Holographic Principle"), dass ich bei "Dhyana", dem neuen Album von MAYAN, die übelste aller Vermutungen hatte, nämlich die, dass es nun nicht mal mehr etwas zu verwerten gäbe.

Eine alte Rezensentenweisheit besagt, man solle ein neues Werk nie niemals nie und nimmer mit negativen Empfindungen angehen. Ein Blick auf die aktuelle Besetzung von MAYAN reicht allerdings aus, um jeden noch so positiven Grundsatz so frühzeitig zu ersticken, bevor man ihn überhaupt im Keim ersticken kann. Und der siebenminütige Opener "The Rhythm Of Freedom" weiß dies auch direkt zu verifizieren: Man hat noch nicht viele Growls gehört und wird kurz darauf bereits das erste mal von deplatzierten Clean Vocals (Henning Basse ist zweifelsfrei ein richtig guter Sänger, passt aber überhaupt nicht zu sinfonischem Death Metal), den beiden ebenfalls übermäßig talentierten Damen Marcela Bovio und Laura Macrì sowie einigen weiteren Gesangsbeiträgen nahezu erdrückt. Während sich also FLESHGOD APOCALYPSE darauf spezialisiert zu haben scheinen, sämtliches Songwriting mit wüstem Geballer bei gleichzeitiger Orchesterbeschallung zu strangulieren, haben MAYAN ihr Äquivalent dazu offenbar in ihrer ganz eigenen Version vom "Projekt der 1000 Stimmen" entdeckt. Manch einer mag sich das mit Worten à la komplex oder vielschichtig schönreden, für mich aber ist und bleibt genau das der Inbegriff der Überfrachtung. In etwa so, als hätte man sich bei der fiktiven Show "Niederlande sucht den Symphonic Metal Superstar" zu einem gemeinsamen, völlig überladenen Song zusammengerottet, um dem Zuhörer bei all dem Konkurrenzkampf so etwas wie Einigkeit vorzutäuschen, obwohl manche Charaktere in dieser Konstellation nicht zusammenpassen wollen.

Aber erstmal genug der kritischen Worte, denn zwei gravierendere Fehler der beiden Vorgänger konnten MAYAN eindeutig in die Vergessenheit verbannen: Das Metal-Grundgerüst und das Orchester erscheinen nicht nur hier im Einsteig, sondern auch auf dem gesamten Album weitaus harmonischer und die Produktion klingt dem musikalischen Rahmen angemessen wuchtig. Und wenn gerade mal nicht alle wie bei der Familienweihnachtsfeier durcheinander quaken würden, was auf "Dhyana" leider quasi nie passiert, könnte sich dadurch so etwas wie Genuss breitmachen. Versteht mich nicht falsch: Dass man hier mit vielen verschiedenen Gesängen arbeitet, weil es sich um eine Oper handeln soll, ist legitim und soll sicherlich unterschiedliche Protagonisten im lyrischen Konzept widerspiegeln. Das ist per se auch kein grundsätzlicher Kritikpunkt, aber die ständigen, inflationären Wechsel ("Saints Don't Die" und "The Illusory Self") und - vor allem - die Wahl der Sänger*innen lassen - zumindest bei mir - keinen richtigen Flow entstehen. Wenn man die Instrumental-Versionen des Albums gehört hat (deswegen folgt die Rezension übrigens erst jetzt), merkt man leider erst, wie sehr sich MAYAN ihre merklich verbesserten, detailverliebten Kompositionen ("Rebirth From Despair" und "The Flaming Rage Of God"), die dieses Mal auch Einflüsse aus dem Black Metal enthalten, mit dieser Problematik verderben.

Letzteres wäre dann auch der ausschlaggebende Grund gewesen, deutlich mehr Punkte als beim letzten Mal zu vergeben. Man hört im Vergleich zu "Antagonise" nämlich große Fortschritte beim Songwriting heraus und hat nur noch sehr selten das Gefühl, als wären wahllos Songfragmente zusammengefügt und dann mit der Orchestrierung überklebt worden. Nichtsdestotrotz hätte "Dhyana" viel mehr als das sein können, was es letztlich geworden ist und irgendwie scheint es so, als würde sich die nächste Wunde öffnen, sobald man eine andere geschlossen hat. MAYAN fehlt bis auf weiteres die richtige Balance, um meine Wenigkeit begeistern zu können und auch wenn AVANTASIA in einem grundverschiedenen Genre zuhause sein mögen (der Vergleich mit SEPTICFLESH oder EX DEO wäre trotz der stilistischen Parallelen langweilig, weil beide ja kein verschachteltes Theaterstück aufführen wollen), kann man von Tobi Sammet und seiner Gefolgschaft - meiner Meinung nach - einiges lernen, wenn es darum geht, eine Metal Oper mit zahlreichen Akteuren so schlüssig in ein vorgegebenes Konzept zu integrieren, dass man als Hörer regelrecht in die Aufführung hineingesogen wird. 



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (01.10.2018)

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