NAZARETH - Tattooed On My Brain

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VÖ: 12.10.2018
Bandinfo: NAZARETH
Genre: Hard Rock
Label: Frontiers Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

NAZARETH – es ist wohl keiner hier, der diesen Namen noch nie gehört hat. Die Band hat heuer ihr 50-jähriges Jubiläum und ihre Welthits wie „This Flight Tonight“ oder "Love Hurts" kennen alt und jung. Natürlich ist nach 50 Jahren nicht mehr alles wie zu Beginn. Es gibt von der Erstbesetzung nur mehr Pete Agnew in der Band und nun, nach dem Abgang von Dan McCafferty, auch einen neuen Sänger, nämlich Carl Sentance (ex-PERSIAN RISK, DON AIREY). Dan konnte den Job am Mikro aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr machen und trat 2014 zurück, nicht ohne jedoch seinen Segen für Carl abzugeben.

Carl Sentance ist – auch wenn es die alten Fans bzw. Dans Fans nicht unbedingt hören wollen – eine echte Bereicherung. Denn das neue Album (das 24. Studioalbum!) ist beseelt von dem frischen Wind und dem moderneren Sound, den Carl mitbringt. Trotzdem keine Panik. Der altbewährte Geist und Stil ist noch immer da und man hört noch immer das heraus, was NAZARETH war und noch immer ist, nämlich eine extrem gute Rock und Hardrock Band. Ansonsten hätten diese Jungs sich nicht 50 Jahre auf der Bühne gehalten.

Ein wenig seltsam ist vielleicht das Cover - der Totenkopf ist für mich nicht unbedingt das, was ich mit NAZARETH assoziiere, aber lassen wir uns davon nicht abhalten und hören rein in das neue Werk.

Song Nummer eins „Never Dance With The Devil” ist rockig und ein richtiger Hardrock Song. Auch wenn beim Gitarrespiel Anleihen in den alten Zeiten liegen, ist dieser Song nicht alt. Einen interessanten Schwenk ins letzte Jahrtausend macht „Tattooed On My Brain”. Dieser Song steht in einem ziemlichen Gegensatz zu all den anderen Nummern auf dem Album. Egal, ob es die Komposition an sich oder das prägnante Singen vom neuen Mann am Mikro ist, ein Songwriting mit solch einem Ergebnis ist nicht oft zu hören.
“State Of Emergency” rockt ordentlich und ist an den Basics angesiedelt, was Rock ausmacht: Schlagzeug, Bass, Gitarre und kein Schnickschnack. Die Band steht hinter dieser puren Richtung und somit geht bei dieser Nummer ordentlich die Post ab. Danach wird es schön und soft: „Rubik’s Romance“ ist leicht bluesig und ölig, mit einem schwummrig-lasziven Rhythmus, dem man sofort verfällt. Einfach eine ganz klassische weiche Rock-Nummer mit netten Backing-Vocals wie in der guten alten Zeit. Trotzdem aber doch noch flott genug, um nicht in die Kuschelrock Ecke eingeordnet zu werden. Und schon gar kein L'amour Song wie "Love Hurts". Solche Faserschmeichler wird man vergeblich auf dem Album suchen. Hängt wohl damit zusammen, dass man(n) nun endlich reich und erwachsen ist und um viele Erfahrungen reicher.

„Pole To Pole“ ist eine lässige, tanzbare Rocknummer, die in die Beine fährt. Erinnert an viele britische Rock Bands wie u.a. STATUS QUO. Die Stimmlage von Carl passt auch gut dazu, obwohl er gelegentlich AC/DC näher kommt als den ursprünglichen NAZARETH. Bei „Push“ wird es wieder bluesig mit Tendenz zum Southern/Stoner-Sound und dem metallischen Klang der Texas-Gitarre. Das wie zäher Honig dahinfließende Klangwerk und der fast gelangweilt klingende Refrain „push-push“ erzeugen auf ihre langsame und sich dahin räkelnde Art ein ganz spezielles Feeling. „The Secret Is Out“ ist ein gemütlicher Rocker, der einen dahin schnipsen lässt. Nicht weltbewegend, nicht fetzig, aber solide. Mitten im Song ein Schwenk in der Melodie, im Rhythmus, in den Instrumenten und im Singstil. Klingt, als wäre es plötzlich ein anderer Song – ist es nicht. Vielmehr fordert dieser Schwenk das bewusste Zuhören heraus, und nach ein paar Takten ist man wieder beim ursprünglichen Sound.

Erinnerungen an LED ZEPPELIN kommen bei mir bei “Don’t Throw Your Love Away“ auf. „Crazy Molly” hingegen ist mit seiner rhythmischen und härteren Art wieder Hardrock. Bei „Silent Symphony“ wird das Tempo rausgenommen. Es bleibt aber ein Rocksong, der stark von den Vocals lebt. Das beschwingte „What Goes Around“ ist rockig und lädt zum Mitsingen und Schunkeln ein. Klingt nach Partysong mit diesem lässigen Sound/Rhythmus.

Bei „Change“ zeigt uns Carl eine andere Art zu singen. Das Stück ist zu Beginn gemütlicher, er singt reiner und sozusagen „normal“, nicht mit den angerauten Vocals wie zuvor. Der starke Bass gibt ein langsames Tempo vor, aber nicht während des ganzen Songs, sondern nur bis zum Refrain. Dieser ist knackig, es singen alle die Backingvocals mit und die Gitarrenriffs werden hier ganz schön heavy.
Ganz zum Schluss noch “You Call Me“. Nur Bass und Vocals, ein wenig Gitarre; sehr nachdenklich und zurückhaltend; sehr 60er und irgendwie erinnert mich das an THE DOORS.

Fazit: "Tattooed On My Brain" ist ein sehr gutes und abwechslungsreiches Album. Viel Rock, mal bluesig, mal groovig, mal von der Südstaaten Art, dann mit Blick auf psychedelic, aber überwiegend britisch, weckt Erinnerungen an die Jahre, wo britische Rockmusik ganz oben war. Wenn wir mal den bekannten Namen weglassen und uns nicht ein NAZARETH Album erwarten, das so klingen muss, als Dan McCafferty noch am Mikro war und die Herren 30 Jahre jünger, dann halten wir ein sehr gutes Album in den Händen. Es weckt Erinnerungen an früher, bringt diesen Vibe der 60er/70er Rockmusik mit, klingt aber trotzdem modern und frisch und nicht verstaubt. Der Klang, den NAZARETH durch den neuen Sänger bekommen haben, kann durchaus gefallen (mir zum Beispiel). Sie sind es auf jeden Fall wert angehört zu werden.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lady Cat (24.10.2018)

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