FIFTH ANGEL - Time Will Tell

Artikel-Bild
VÖ: 23.08.1989
Bandinfo: FIFTH ANGEL
Genre: Heavy Metal
Label: Epic Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

FIFTH ANGEL schlugen mit ihrem gleichnamigen Debütalbum Wellen in der Seattler Metalszene und galten als „the next big thing“. 1989 erschien, drei Jahre nach ihrem ersten Album, der Nachfolger „Time Will Tell“. Gründungsmitglied James Byrd war zwischenzeitlich ausgestiegen und hatte die Leadgitarre an Kendall Bechtel übergeben. Letztgenannter zeichnet sich übrigens heute – nach einer kurzen, fast durchgehenden Pause von schlappen 29 Jährchen – verantwortlich für den Gesang.

1989 folgen die Engel in musikalischer Sicht einem eingängigeren und melodischeren Ansatz als beim Vorgängeralbum. Dies manifestiert sich zunächst einmal in einem abgerundeten Sound, der nicht mehr die Ecken und Kanten des Erstwerks zeigt. Die Gitarren klingen weicher und weniger ranzig, ebenso die mit einem leichten Hall unterlegten Schlagzeugbeats. In Summe klingt das Ganze ein wenig zahmer und massentauglicher. Passend dazu wurde auch im Songwriting zu Werke gegangen. Die raubeinigen Power Metal-Nummern sind quasi passé, stattdessen spielt die Musik überwiegend im mittleren Schlagzahlbereich. Das Riffing und die Melodien sind heiterer, passend dazu kommen Keyboards häufiger zum Einsatz. Eingängige und leicht singbare Refrains rücken die Musik ein gutes Stück weiter in Richtung radio- und stadiontauglicher Rockmusik. Und dort liegt für mich leider auch der wesentliche Schwachpunkt von „Time Will Tell“. Die Singalongs in den Refrains sind sich untereinander recht ähnlich und häufig auf die nötigsten drei Silben reduziert. „Midnight Love“, „Time Will Tell“, „Wait For Me“, „Feel The Heat“ ... noch Fragen? Viele Songs begeistern durchaus in der Strophe, kränkeln aber leider an den zugegebenermaßen schmalzigen Refrains, die auch nicht mehr die starken Hooklines des Vorgängers darbieten. Die Nähe zu MOTÖRHEAD oder IRON MAIDEN bleibt dabei auf der Strecke – wobei ... eine Sache wäre da: man versuche sich einmal am Gesang folgender Zeilen: „Seven ... Hours ... ’til Juuuuudgemeeent“ oder: „Two ... Minutes ... to Miiiiidniiiight“. Eine zuweilen lustige Parallele, wobei für mich persönlich die Version der Jungfrauen größeres Kapital schlagen konnte. Mit „Broken Dreams“ ist wieder eine richtige Ballade mit dabei, die zum Feuerzeugwedeln einlädt (ja, damals wedelte man noch mit dem Feuerzeug).

Was ist passiert bei FIFTH ANGEL? Ahnten sie, dass ein Blondschopf aus der Nachbarschaft dem Heavy Metal mit seinem depressiven Garagen-Rumpelrock das Wasser abgraben würde? War es die Flucht vor dem aufkommenden Grunge in sichere, radiotaugliche Gefilde? Künstlerkastration durch Dritte? Hatte die Band einfach nur ein wenig Bock auf Pop? Die Frage lässt Raum zum Grübeln, aber ist die hörbar kommerzielle Ausrichtung nun per se schlecht? Eigentlich nicht, die Musik ist nach wie vor handwerklich gut gemacht, die Riffs und Soli flitzen sogar ein wenig lockerer und flüssiger von der Hand. Mir fehlt dabei allerdings neben ein wenig „Wums“ die stilistische Vielfalt des Erstwerks. Wer ebenso eine Schwäche für etwas ruppigen, auf Krawall gebürsteten Power Metal hat, sollte daher zuerst einmal das Debüt antesten. Wer aber sehr auf Melodie steht und kein Problem mit ein wenig Pop in seinem Metal hat, der könnte mit „Time Will Tell“ seine Freude haben.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (11.11.2018)

WERBUNG: Innfield Festival
ANZEIGE
ANZEIGE