YAGE - Nordwand

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VÖ: 18.01.2019
Bandinfo: YAGE
Genre: Progressive Rock
Label: Hicktown Records
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Lineup  |  Trackliste

Heute gehe ich mal eine Runde bergsteigen. Ich muss jedoch leider erst einmal zugeben, dass ich von Bergsteigen so wenig Ahnung habe, wie von evolutionsbiologischen Thesen, allerdings haben mich die vorab veröffentlichten, audiovisuellen Eindrücke von YAGE auf YouTube sehr neugierig gemacht. Diese möchten mit „Nordwand“ nämlich augenscheinlich die beschriebene Wand (die Erstbesteigung der Eiger Nordwand, die man wohl auch am Cover zu Gesicht bekommt, gelang 1938. Das ist genug Geschichtsunterricht für heute.) musikalisch erklimmen, jedoch scheint es dann thematisch doch vorrangig um die eigenen Klettertouren des Duos aus Bayern zu gehen. Nachdem ich, wie bereits erwähnt, von Bergsteigen ähnlich viel Ahnung habe, wie von Hochhausbau, kann ich mich mit dem Themenkreis nicht tiefgehender auseinandersetzen.

Das Intro „Kleiner Lafatscher“ jedenfalls klingt tatsächlich als steure man auf eine Bergwand zu und wirkt dadurch stimmungsvoller als manch anderer Auftakt. „Großer Lafatscher“ beginnt vielversprechend und überrascht durch die Einbindung von Rap-Passagen; Ich bin zwar im Allgemeinen, außer bei FALCO oder der EAV, nicht unbedingt ein allzu großer Fan des Sprechgesangs, jedoch hebt sich diese Passage nachhaltig von der restlichen Gesangs-Performance ab und gefällt dadurch. Nach einem entspannenden Instrumental wird es mit „Zwicker“ eher verzwickt: Der Gesang wird durch viel Hall (der vermutlich den Hall der Berge imitieren soll) eher künstlich anstatt kunstvoll und der Song wirkt insgesamt viel zu lang und planlos, dass sich die Progressivität in Belanglosigkeit verliert und auf Dauer an den Nerven des Zuhörers zehrt.

Die Stärken von YAGE liegen definitiv in den größtenteils instrumentalen Songs wie „Indianer“, in denen sich die sporadischen Gesangsteile tonal gut einfügen und die Stimmung des Stücks unterstützen können, insgesamt also die Wirkung erreichen, auf die wohl abgezielt wurde. Instrumental herausragend ist „Lumen“, das wahrscheinlich beste Stück auf „Nordwand“, das das Kunststück schafft, Obertöne ohne Nervfaktor einzubinden.

Der instrumentale Tiefpunkt folgt mit dem ziellosen „Rauer Knoell“ leider auf dem Fuße und ab dann geht es stetig bergab. „Kaputt“ macht seinem Namen alle Ehre und wirft auf zusammenhanglose Weise einfach alles (inklusive Rammstein-Verweise) zusammen, was den Song ziellos und nicht wirklich ins Album passend macht.  „Moserkar“ schlägt in eine ähnliche Bresche und lässt die Frage aufkommen, wo YAGE hinmöchten? Atmosphärisch-instrumentaler Prog-Rock steht dem Duo nämlich besser zu Gesicht, als die wenig überzeugenden Versuche zu singen/schreien. Monotone, etwas an Stoner-Rock erinnernde Riffs in „Siljan“ würden das Album versöhnlich beenden, wenn nicht die vorherigen Lieder schon die Motivation des Zuhörers geraubt hätten.

Insgesamt wirkt „Nordwand“ trotz guter Ansätze noch zu ziellos und unausgegoren, um wirklich mitreißen zu können. Zwar ist viel Potenzial zu verorten, doch YAGE versinken trotz der zweifellos vorhandenen Fähigkeit atmosphärische Musikstücke zu schreiben, zu oft in versucht-progressiver Belanglosigkeit. Vielleicht etwas weniger Länge an einigen Stellen, um den Funken zum Überspringen zu bringen und eine Konzentration auf die instrumentalen Stärken, dann könnten YAGE in Zukunft der Erhabenheit der Berge etwas besser gerecht werden. Als Nicht-Bergsteiger sei jedoch gesagt, dass die Münchner von ihren Ausflügen in die luftigen Höhen bereits gutes musikalisches Material für die nicht-höhenaffinen Menschen unter uns mitgebracht haben. Es bleibt abzuwarten wie sich das interessante Konzept von YAGE noch entwickelt, wenn die Umsetzung in Zukunft etwas besser getroffen wird.

(Hier einer der besseren Eindrücke des Albums.)

 



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Marc F. Folivora (14.01.2019)

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