TROLLFEST - Norwegian Fairytales

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VÖ: 18.01.2019
Bandinfo: TROLLFEST
Genre: Folk Metal
Label: Noiseart Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Wie viele Mittelalter- und Fun-Metalbands haben auch sogenannte "Troll-Metalbands" einen zuweilen schwierigen Stand. Einerseits haben sich die kleinen Waldgeschöpfe mit Kapellen wie FINNTROLL eine Nische erspielt, mit der sie im oft wertekonservativen Metal-Makrokosmos eine willkommene Artenvielfalt bieten; Sei es im musikalischen oder auch im zoologischen Sinne (soweit man denn Gummiohren und Kunstharzhauer als natürliches Gewebe kategorisieren darf). Andererseits sehen sie sich mangels Ernsthaftigkeit und Mundhygiene nicht selten Anfeindungen ausgesetzt und zählen gewissermaßen zu den bedrohten Tierarten. Echte Trolle lassen sich davon allerdings nicht beirren, weswegen die Norweger TROLLFEST nunmehr bereits zum achten Mal zum Tanz laden.

Beim Thema "Trolle im Metal" kommt man irgendwie nicht so wirklich um den Platzhirsch bzw. Platztroll FINNTROLL herum. Und wenn man den obligatorischen Vergleich mit den Finnen schon anführt, so sei bei der Gelegenheit postuliert, dass der, der jene Trolle schon für bekloppt hält, wohl noch nie mit TROLLFEST in Verbindung gekommen ist. Denn wo FINNTROLL zuweilen doch eher ernsthaft und schwarzmetallisch vagabundieren, machen TROLLFEST keinerlei Anstalten, hauen ausufernd feucht-fröhlich auf die Kacke und denken sich dabei wohl "wenn schon nicht ernst genommen werden, dann richtig!". Und auch auf Album Nummer Acht schwingt eine wundersame bier- und metselige Grundstimmung mit, die die Tanz- und Trinkbarkeit des neuen Liedguts jederzeit wahrt. Und trotzdem gibt es auf "Norwegian Fairytales" eine markante Änderung. Denn im Gegensatz zum vorangegangenen Material geht es mal, so schwer das auch nach dem ersten Höreindruck zu glauben sein mag, nicht um die Sauferei. Stattdessen haben sich die Trolle anno 2019 einem besonderen Konzept verschrieben und widmen dieses Mal jeden Song einem Mythos aus ihrer Heimat. Die Texte sind passenderweise in Norwegisch verfasst. Der Opener "Fjøsnissens Fjaseri" erzählt beispielsweise von einem Troll, dessen Tierliebe in direkter Korrelation mit seiner Beschenkung zu Weihnachten steht (die Vorlage hierzu würde mich doch brennend interessieren...schnell notieren!). In diesem Song beweist übrigens Simen "ICS Vortex" Hestnæs (BORKNAGAR, ex-DIMMU BORGIR) seine Fertigkeiten in Sachen Joik (als wäre der Song nicht schon bescheuert genug - großartig!). Zudem dürfen diejenigen, die ihre Norwegisch-Kenntnisse auffrischen wollen und obendrein den Weg zum örtlichen Veterinär scheuen, sich von TROLLFEST erklären lassen, warum man Ziegen nicht mit Alkohol füttern darf - gut zu wissen!

Die Musik der trolligen Norweger zeichnet sich auch auf "Norwegian Fairytales" durch einen hohen Anteil verschiedenster Folk-Musikarten aus, bei dem der Metal fast schon zum Beiwerk verkommt. Dadurch gewinnen die spärlich eingesetzten Prügelpassagen nebenbei ein völlig anderes Gewicht. Von südländischen Klängen über orientalische Einflüsse ("Fanden Flyr", "Draugen") bis natürlich zur norwegischen Volksmusik wird ein beachtlicher Anteil der musikalischen Weltkarte bereist. Passend zur thematischen Ausrichtung von "Norwegian Fairytales" liegt bei Letzterem der Schwerpunkt. Dazu zeichnet sich TROLLFESTs Musik durch ein hohes Maß an Verrücktheit aus, wogegen manch hauptberuflicher Spaßmacher nur noch resigniert die rote Nase an den Nagel hängen kann. Einen nicht unwesentlichen Teil trägt hier die legendäre Sauröhre von Jostein "Trollmannen" Austvik bei, die irgendwo zwischen Pumuckl und tollwütigem Auerhahn mit Nasennebenhöhlenentzündung musiziert. Auf Anhieb Spaß machen das zweite Stück "Kjettaren mot strømmen" oder "Espen Bin Askeladden". Zum Erstgenannten wurde zudem ein sehr unterhaltsames Video kreiert, das sich in einem Grauzonenbereich zwischen Teufelei und Blödsinn bewegt. Neben all dem Spaß hatte es ausgerechnet der Opener "Fjøsnissens Fjaseri" zunächst einmal schwerer, zu zünden. Die krassen Umschwünge von fundamental unterschiedlichen Stilen verlangen dem Hörer doch einiges an Nerven und spontaner Umgewöhnungsfähigkeit ab. Und auch "Deildegasten" plätschert trotz der netten Blast-Passagen eher so majestätisch vor sich hin und leidet etwas unter den käsigen Streicher-Einlagen.

Unterm Strich bleiben TROLLFEST natürlich TROLLFEST, und wem deren eigenwilliges Konzept schon immer zu verrückt war, den werden auch die norwegischen Legenden nicht retten. Wer es aber gerne mal etwas verrückt mag, der darf sich hingegen gerne eine Runde mit den Trollen in den Wald begeben. Denn trotz der weniger trinktauglichen Themen haben die Norweger keineswegs den Spaß und ihr Gespür für partytaugliche Melodien verloren.
 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (17.01.2019)

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