RHAPSODY OF FIRE - The Eighth Mountain

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VÖ: 22.02.2019
Bandinfo: RHAPSODY OF FIRE
Genre: Power Metal
Label: AFM Records
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Lineup  |  Trackliste

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Mit jeder Namensänderung und jedem neuen Abzweiger fällt es schwieriger, die Band und die dahinterstehende Musik, so ambitioniert sie auch sein möge, ernst zu nehmen. Der Hörer verliert die Übersicht, die Lust und das Interesse daran, welches Spektakel da losgelassen wird. Auch wir Schreiber schauen erst einmal ganz detailliert, mit welcher Inkarnation der Symphonic Metaller wir es hier zu tun haben und wie sich das Besetzungskarussell gedreht hat. In diesem Falle haben wir es nun mit RHAPSODY OF FIRE zu tun, bei denen sich bis zum Jahr 2015 noch eine große Anzahl an Originalmitgliedern aufhielt. 

Inzwischen allerdings ist nur noch Keyboarder und Arranger Alex Staropoli aus den Anfangstagen mit dabei. Dieser hat sich nach dem Abgang von Ausnahmesänger Fabio Lione und Drummer Alex Holzwarth ein neues Team organisiert, welches von Sänger Giacomo Volli angeführt wird. An der Schießbude der noch relativ unbekannte Münchener Manuel Lotter, an der Axt Alessandro Sala, und an der Klampfe Roberto De Micheli. Diese Mannschaft hat bereits eine Best Of der kreativen Hauptphase unter dem Banner "Legendary Years" eingespielt, jetzt folgt nun der erste Katalog an neuen Kompositionen. Und, man muss ja schon ein bisschen Angst haben, wenn man dies ausspricht (schließlich steht die Statistik nicht auf unserer Seite): Man darf hoffen, dieses Line Up hält sich erst einmal ein Weilchen.

Der Schritt, mit dem neuen Team mit "Legendary Years" erst mal eine Best Of aufzunehmen, hat gleich zwei Vorteile. Zunächst kann sich der geneigte Fan der frühen Stunden direkt mit dem neuen Klangbild und den Musikern vertraut machen. Insbesondere stimmlich muss man die Abwesenheit von Lione erst einmal verkraften, auch wenn Giacomo Voli sich als würdiger Nachfolger entpuppt, dazu später mehr. Vor allem aber wirkt sich die intensive Vergangenheitsbewältigung auf das neue Songwriting aus. Die RHAPSODY Kompositionen der letzten Jahre mussten sich im Bombast so weit toppen, dass die Songs an sich oftmals so überladen waren, dass man gar nicht mehr folgen konnte oder wollte. Das hat Staropoli erkannt und geht songwriterisch "Back To The Roots". Er konzentriert sich bei aller Komplexität in den Arrangements auf eingängige Songs, auf nachvollziehbare Melodien, auf mitsingkompatible Refrains. All das, was Stücke wie "Power Of The Dragonflame" oder "Emerald Sword" zu Bandklassikern erhoben haben. 

Der Opener "Seven Heroic Deeds" überrascht zunächst mit Härte und Geschwindigkeit. Auch wenn "The Eighth Mountain" durchgängig als astreines Melodic Power Metal Album durchgeht, der Einstieg fällt recht sperrig aus. Doch ab "Master Of Peace" bis zum Grande Finale hindurch, bekommen wir songwriterisch die pure Essenz von RHAPSODY. Und zwar die klassischen RHAPSODY, noch ohne OF FIRE Zusatz. Das bedeutet, dass nicht der Bombast oder die Cineastik und Opulenz vor allem der TURILLI-Werke im Vordergrund steht, sondern ein an sich gewöhnlicher Melodic Power Metal Sound mit starker Neunziger Prägung, welcher dann durch orchestrale Elemente und subtil eingebaute technische und harmonische Finessen veredelt wird. 

Damit macht Staropoli eines richtig, was sein Kollege Turilli immer mit Pomp und Pausch verkehrt macht: Er prozt nicht mit orchestralem Bombast und muss nicht zeigen, dass er es einem Richard Wagner gleichtun könnte, wenn er wollte. Turilli verzettelte sich auf seinen Alben "Ascending To Infinity" und "Prometheus, Symphonia Ignis Divinus" so sehr in orchestralem Gehampel, dass die eigentliche Band komplett platt gedrückt wurde. Eine Hook, ein Refrain, eine Melodie, blieb zu keiner Zeit im Ohr. Bei RHAPSODY OF FIRE konnte man die gleichen Phänomene ab "The Frozen Tears Of Angels" bis einschließlich "Dark Wings Of Steel" beobachten. Auf "The Eighth Mountain" allerdings sind diese Spielereien subtil verpackt. Der geneigte Fan erfreut sich zunächst mal an einer Hit- und Hookdichte wie lange nicht. "Master Of Peace" oder "Rain Of Fury" können als typische Melodic Speed Songs mit absolut zuckersüßen Refrains beide stellvertretend für das ganze Album stehen, aber auch "The Power To Forgive", "Clash Of Times" oder "The Legend Goes On" können an dieser Stelle genannt werden. "Warrior Heart" erinnert in großen Teilen an "March Of The Swordmaster" vom "Dragonflame" Album, die obligatorische Ballade (diesmal wieder in englischer Sprache) kommt mit "The Wind, The Rain And The Moon" - und was für ein Schmachtfetzen das ist, fast so süß wie anno dazumal der "Magic Of A Wizard's Dream". Und dennoch sind die Songs, auch wenn sie simpel klingen, allesamt anspruchsvoll und detailverliebt inszeniert. So bleibt das Album auch nach mehreren Spins spannend, und der Fan klassischer Musik hat auch bei reduziertem Bombast noch genug zu entdecken. 

Zumindest fast, denn bei allem Lob muss man fairerweise sagen, dass sich die Songs untereinander ein wenig zu sehr ähneln. Zu 90 Prozent wird wie bei DRAGONFORCE mächtig Gas gegeben, es gibt Melodien ohne Ende, dazu wird technisch anspruchsvoll, doch stets nachvollziehbar gefrickelt. Allerdings sticht bei aller Eingängikeit kaum ein Song aus der Masse heraus. Da klingt der 10-Minüter "March Against The Tyrant" im Prinzip exakt so wie die nachfolgenden Stücke "Clash Of Times" oder "The Legend Goes On". Ein richtiger Hit, der große Song des Albums, fehlt. Giacomo Volli klingt super. Er kann Lione imitieren, er hat aber auch eine eigene, wesentlich klarere Stimmfarbe. Auch hat er eine wesentlich bessere Aussprache als Lione. Dennoch, Lione hat ein Klangvolumen und eine stimmliche Präsenz, welche einfach perfekt zu dieser Art Musik, zu dieser Band passt. Ihn zu ersetzen ist faktisch unmöglich. De Micheli ist ja schon etwas länger an der Klampfe mit dabei, und er ist (Shitstorm incoming) [Anm. d. Lekt.: Ein Verkaufsstand für Fackeln und Mistgabeln wärs jetzt..] besser als Turilli. Turilli, der bei allem Malmsteen-Gefrickel sämtliches Feeling vermissen lässt, nudelt die Songs in Höchstgeschwindigkeit tot, während De Micheli da wesentlich bedachter und strukturierter vorgeht. Dennoch: Bei der Reduktion der Songs aufs Wesentliche fällt die Gitarre immer noch etwas unter den Tisch. Ein zweiter Gitarrist würde dem Ganzen ein etwas metallischeres, noch Band-fokussierteres Grundgerüst geben. 

Fazit: "The Eighth Mountain" macht viel richtig und wenig falsch. Positiv ist vor allem die geerdete Herangehensweise an die Songs an sich. Es herrschen wieder Eingängkeit und Melodie, während Bombast und allzu verkünstelte harmonische Spirenzchen zurückgefahren werden. Das Album fühlt sich, im positiven Sinne, wie eine Zeitreise zurück in die Neunziger und die kreative Hochphase des Melodic Power Metal an. Einige wenige Wehmutstropfen wären die relative Gleichförmigkeit der Stücke, sowie die Tatsache, dass die "alten" RHAPSODY inklusive dem Gesangsstil von Fabio Lione zu arg geblaupaust werden. Außerdem liegt es bei der reduzierten Art der Songs auf der Hand, den Bandcharakter noch weiter in den Vordergrund zu schieben. Darauf hoffen wir dann einfach bei der mit Sicherheit folgenden Fortsetzung.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (26.02.2019)

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