PANZERFAUST - The Suns Of Perdition - Chapter I: War, Horrid War

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VÖ: 14.06.2019
Bandinfo: PANZERFAUST
Genre: Black Metal
Label: Eisenwald
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Gänzlich neu im Geschäft sind die kanadischen Black Metaller PANZERFAUST nicht, immerhin blicken sie bereits auf eine vierzehnjährige Karriere und drei Studioalben zurück. Wer allerdings (wie der Verfasser zugegebenermaßen) erst jetzt in die Diskographie des Quartetts einsteigt, der erwischt genau den richtigen Zeitpunkt. Denn der vierte Langläufer "The Suns Of Perdition, Chapter I: War, Horrid War" bildet den Auftakt einer Quadrologie von Alben, die in ihrer Gesamtheit das wahrscheinlich ambitionierteste Werk der Band werden dürfte.

Der erste Teil der Albumreihe behandelt menschliche Abgründe und Krieg als zentrale Themen und spricht auf mehreren Ebenen eine deutliche Sprache. Bereits der Albumtitel lässt erkennen, dass die Band mit Glorifizierung, Verharmlosung und dergleichen nichts am Hut hat. Die Musik, ein unbarmherziger Black- & Death-Metal-Hybrid, zeigt sich unklischeehaft und selbstständig. Schubladendenken prallt an PANZERFAUST ebenso ab wie Vergleiche mit bekannteren Konsorten. Der Black Metal regiert, ohne das kleine Einmaleins der skandinavischen Schule aufzuzählen - kein reißbrettartiges Tremologeschrammel, keine Blastbeats von der Stange, dafür ein vertontes Grauen, wie es nur das schwärzeste aller Genres kreieren kann. Gitarrist und Sänger Kaizer steht mit seinen Gift und Galle speienden Vocals für die schwarze Seele der Band, wogegen Goliaths tiefes Grunzen und die harten Rhythmusgitarren eine deftige Portion Death Metal hinzuaddieren.

PANZERFAUSTs verstörende Klangkonstrukte sind für sich gesehen bereits aussagekräftig und werden durch die philosophisch angehauchten Texte weiter untermauert. Während "The Day After 'Trinity'" den ersten Test einer Atombombe beschreibt und "The Decapitator's Prayer" womöglich auf religiösen Fanatismus abhebt, rücken "Stalingrad, Massengrab" und "The Men Of No Man's Land" die beiden Weltkriege in den Fokus. Das schaurige Instrumentalstück "Crimes Against Humanity" steht inmitten der regulären Songs.

Das schwerste emotionale Gewicht bringen nach meinem Eindruck die beiden Rückblicke auf die Weltkriege. "Stalingrad, Massengrab" geht auf die Schlacht um die gleichnamige Stadt ein. Der eingespielte Satz "Jede siebte Sekunde stirbt ein deutscher Soldat in Russland. Stalingrad, Massengrab" geht auf die Beschallung der eingeschlossenen und von ihrer Versorgung abgeschnittenen Wehrmachtssoldaten zurück. Der Song greift eines von vielen Beispielen für die Perversion des Krieges auf und schafft durch das Zusammenspiel von Musik und eingespielten Kriegsgeräuschen eine erdrückende Atmosphäre. Der anklagende und von Resignation zeugende Text vollendet diesen Eindruck.

Das 13-minütige "The Men Of No Man's Land" geht weiter in der Zeit zurück und beschreibt die Grabenkämpfe des Ersten Weltkriegs. Langsam und schleppend zieht abermals der Nebel des Krieges auf und nimmt den Hörer auf bedrückende Weise gefangen. Abermals hört man förmlich das letzte Quäntchen Menschlichkeit zerfließen, die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Konflikts werden spürbar. Die gespenstischen Zeilen aus "Stille Nacht", die auf den kurzzeitigen Waffenstillstand der Weihnachtstage 1914 anspielen, klingen, als wollten die Gefallenen die Lebenden zu sich rufen ("Schlaf' in himmlischer Ruh"). Das Lied endet mit dem Zitat von "In Flanders Fields", einem Gedicht von John McCrae, das dieser nach dem Tod seines Freundes in der zweiten Flandernschlacht schrieb.

Es ist sehr beachtlich, wie eindringlich und beklemmend PANZERFAUST die Inhalte ihrer Texte durch Musik zum Leben erwecken. "The Suns Of Perdition, Chapter I: War, Horrid War" ist ein in Tonkunst ausgedrücktes Mahnmal, dessen erhobener Zeigefinger nicht zu übersehen ist. "Nebenbei" ist die Platte ein Leckerbissen für Fans der extremen Gangart. Auf die nachfolgenden Teile der Albumreihe darf man gespannt sein.

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (17.07.2019)

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