EXCALION - Emotions

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VÖ: 27.09.2019
Bandinfo: EXCALION
Genre: Melodic Metal
Label: Scarlet Records
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Lineup  |  Trackliste

Power Metal - eines der Genres, das es auch mit roher Gewalt oder musikalischer Materialschlacht nicht mehr schaffen wird, sich zu modernisieren oder über seine selbst definierten Genre-Wälle hinwegzusetzen. Ein Genre, das mal seine Höhen im Norden und im Süden hatte und sich immer noch in dieser verflossenen, glorreichen Zeiten definiert, ohne weiter gewachsen zu sein, stattdessen des Öfteren durch Kopie und Abkupferung zu klingen versucht wie die einen oder die anderen. Und auch wenn die Hochphase des Power- und Melodic-Heldenkampfes auf verspielten Keyboards und Regenbogen-sprühenden Eunuchen-Stimmen vorbei ist, wird dieses Genre auch noch in Jahrzehnten nicht untergegangen sein. Der Grund? Bands wie EXCALION, die das Rad nicht neu erfinden, aber in dem, was sie machen, locker und natürlich klingen, ohne sich musikalische Superlative aufzwingen zu lassen, hinter denen sie nicht stehen. 

Zugegeben: An der Scheibe - rein vom Cover-Artwork - wäre ich sehenden Auges vorbei gegangen. Und auch die Vorgänger-Alben waren für meine Power-Verständnisse zu weichgekocht, zu glitschig, fast zu "smooth", als das meinereiner daran hätte hängen bleiben können. Was sich nun getan hat? Zumindest ein neuer Sänger. Nicht selten steht und fällt ein Album mit den Vocals und auch hier sei es gestattet, diesen Umstand zu erwähnen. Der Wechsel der durchaus fähigen, aber dann doch zu austauschbaren Sangeskünste des Vorgängers, bringt nun mit Marcus Lång mehr Kante, mehr raue Power und nicht zuletzt nicht wenige Nuancen in Richtung der Klangfarbe, wie sie einem großartigen Marco Hietala zu eigen ist. Dies gibt der ganzen Scheibe, der musikalischen Kompositionen, die sich in Ansätzen klanglich gern zwischen SONATA ARCTICA und THUNDERSTONE einordnen lassen,  mehr Biss und mehr Kraft. Und dabei halten sich EXCALION gezielt von großen Speed-Tumulten, extremen Spitzen und auch Instrumental-Eskapaden fern. Es wird also niemals am Limit gearbeitet, was einerseits mehr Bodenhaftung vermittelt, ein wenig mehr Gemütlichkeit in der ein oder anderen Passage und dem "höher, besser, weiter" mancher Jungspunde entgegensteht. "Emotions" klingt - will man sie epochal-zeitlich einordnen - fast schon älter, nostalgischer, ohne Geschnörkel und genau deswegen noch nach dem Power Metal, der noch nicht versuchte, sich durch progressive oder genre-fremde Einflüsse gezwungenermaßen als neu und innovativ zu tarnen (um dann im Endeffekt genau daran zu scheitern). 

Ja, EXCALION liefern Songs, die sich im Aufbau sehr an Schema-F orientieren, auch keine Bombast-Einlagen und Solo-Schlachten liefern, sondern alles mit einer gewissen "Wir sind schon erfahren und erwachsen"-Gediegenheit erledigen. Und ja, der ein oder andere Song kann sich einer bestimmten Länge nicht verwehren. Eingängigkeit und stimmiges Gesamtkonzept (und nicht zuletzt das eindeutig finnische Erbe, dessen sie sich beim besten Willen nicht verwehren können) machen dann aber schon wieder einiges wett. Und auch, wenn man passagenweise die Texte nicht allzu ernst nehmen sollte - es ist eben Power Metal und kommt, in deutscher Übersetzung, dem Gehabe einiger Schlager-Prinzesschen nahe - das gehört nun eben einfach dazu. Irgendwie. Manchmal muss es eben einfach kleben. Punkt. 

Hört man etwas mehr ins Detail, bleiben die Songs auf "Emotions" zwar recht eng in einem Rahmen, was das fließende und stimmige Gesamtkonzept auch untermauert. Dennoch erwähnenswert tut sich der starke Opener mit melodischem Ohrwurm-Charakter "Trust" hervor. Oder das dramatischere "Solitude", das auch deswegen heraussticht, weil es nicht besagten "easy listening"- Fluss mit sich bringt, sondern neben einer bestimmten Schwere auch etwas kantiger wirkt. Leichtfüßig und mit musikalisch-eingängigem Sternschnuppen-Schweif im Schlepptau kommen dann Songs wie "The Golden Hordes" daher, während die obligate Ballade "I Left My Heart At Home" eher nur wegen der etwas "leidenden" Stimme funktioniert (Man verzeihe mir meine generelle Abneigung gegenüber allem, das langsamer als Midtempo abläuft). Glücklicherweise gibt es da auch noch "Callsigns" oder "The Mercy Racers". Letzteres stellt meiner Meinung nach eines der Highlights des Albums - auch wenn (oder weil)  der Song in der Komposition gefühlt ein wenig in Richtung THUNDERSTONE schielen mag.

"Emotions" läuft auf voller Länge als solides und wirklich brauchbares Album, das viele starke Seiten und nur wenige Schwächen aufweist. Keine Spitzen, keine Highlights, aber auch keine Ausbrecher nach unten, findet sich die Stärke des Albums (und somit auch das, was EXCALION tatsächlich zum Klingen bringt), eher in der hinteren Hälfte der Scheibe. Die neue Griffigkeit des Sounds durch die Vocals von Marcus Lång steht der Band sehr und wertet die Songs und den generellen Klang meines Erachtens noch einmal auf. Nicht das Highlight des Jahres, aber Sound, der nicht enttäuscht und auch nicht langweilt! Im Power Metal mittlerweile auch nicht mehr selbstverständlich. 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lisi Ruetz (23.09.2019)

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