SANTA CRUZ - Katharsis

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VÖ: 18.10.2019
Bandinfo: SANTA CRUZ
Genre: Hard Rock
Label: M-Theory Audio
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Lineup  |  Trackliste

Bei diesem Album ist es wohl ratsam zuerst einmal die nicht ganz unerhebliche Vorgeschichte zu beleuchten, die das Album "Katharsis" zwangsläufig mit sich bringt. Zwar mögen es die meisten Fans inzwischen auf die ein oder andere Weise mitbekommen haben, doch der geneigte Hörer, der die Bandgeschichte von SANTA CRUZ in den letzten Jahren nicht so aufmerksam verfolgte, wird von folgender Begebenheit unter Umständen noch nichts gehört haben: Inmitten einer ausgiebigen USA-Tour nämlich, die die Band im Frühjahr des Jahres 2018 als Support-Act für die Heavy Metaller FOZZY bestritt, entließen sich plötzlich 75 Prozent der Originalbestzung von SANTA CRUZ selbst aus der Band. Entgegen aller Erwartungen jedoch, hob der als einziger in der Band verliebene Lead-Sänger Archie Cruz die Band nach diesem gravierenden Einschnitt kurze Zeit später bereits wieder wie einen Phönix aus der Asche. War schon die Originalbesetzung am Anfang ihrer Bekanntheit eine Sammlung an jungem, vielversprechendem Talent, so fand Archie Cruz wieder Instrumentalisten die diese Rollen perfekt ausfüllen. Und so ist es vermutlich kein Wunder das nun, kurze Zeit nach dem tiefen Einschnitt durch den plötzlichen Personalwechsel, bereits das nächste Album der fast komplett neuen Formation unter gleich gebliebenem Bandnamen veröffentlicht wurde.

In dieser Tatsache liegt vielleicht auch der erste Kritikpunkt den man Sänger Archie Cruz vorwerfen könnte. Denn auch wenn SANTA CRUZ schon zuvor nicht an ein Genre gebunden waren, sondern in stetiger Entwicklung zu sein schienen, so hat dieser plötzliche Weggang von Dreien der Original-Bandmitglieder doch eine sehr viel drastischere Veränderung in Sound und Songwriting der Band bewirkt. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man sich alte Vlogs der Band auf YouTube über das Songwriting des dritten Albums "Bad Blood Rising" anschaut. Scheint doch der vorherige Gitarrist Johnny hauptsächlich für das Schreiben und Arrangieren des Materials zuständig gewesen zu sein. Böse Zungen könnten auch behaupten, dass es der Band in dieser neuen Konstellation ohne den bereits bekannten Namen nicht so schnell gelungen wäre, sofort wieder eine erneute Tour in den USA zu buchen. Aber all dies möchten wir für dieses Review komplett beiseite legen und uns ganz objektiv an die Bewertung dessen machen, was auf dem neuen Longplayer, der unter anderem in den USA zum sogenannten "Cassette Store Day" auch auf Kassette erschienen ist, zu hören ist. Vorher nur noch die Frage: Wer hat eigentlich noch ein "Kassettendeck" für seine "Stereoanlage", dass so viele Bands in letzter Zeit Alben auch wieder auf Kassette veröffentlichen? - Ich? Achso ääääh... *hust* Na gut will ja nichts gesagt haben...

Das Album startet mit "Changing Of Seasons", wie sollte man es anders erwarten, wenn man mit der Gitarrenarbeit von Archie und Neugitarrist Pav Cruz vertraut ist, mit prägnanten Lead-Gitarren. Eher unerwartetet dagegen, dass der Song dann jedoch auch noch mit Growling von Sänger Archie aufwartet! Der Chorus klingt von der Produktion her etwas dünn, liegt der Fokus doch eher auf der Gitarrenarbeit, als auf dem Gesang. Alles in allem ist "Changing Of Seasons" jedoch ein starker Start. Auch bei "Bang Bang (My Worst Enemy)" geht es mit starker Gitarrenarbeit und einem beeindruckenden Gitarrensolo weiter. Wieder liegt der Lead-Gesang leider etwas zu arg im Hintergrund und auch mit den Effekten die auf denselbigen gelegt wurden, hat man es leider doch etwas übertrieben. "Into The War" ist dann das erste Stück des Albums welches leicht an "alte" SANTA CRUZ erinnert, jedoch mehr in Richtung Happy Metal und fast schon in Richtung RECKLESS LOVE geht! Was nach den ersten drei Liedern auffällt ist, dass die Songs trotz ihrer ausreichend langen Spielzeit, etwas kurz, jedoch nicht kurzweilig erscheinen.

Mit "I Want You To Mean It" wartet die erste Ballade auf, die jedoch zum Glück nicht ganz weichgespült ist: Anders als bei anderen Bands ist hier nämlich durchaus noch genug verzerrte Gitarre zu hören. Was jedoch auch zu Tage bringt, dass ebenjene Gitarre in diesem Stück leicht unterfordert zu sein scheint. Spätestens bei "True Believer" fangen die Effekte auf dem Gesang an mir gehörig auf die Nerven zu gehen. Das ist jedoch der einzige Kritikpunkt an diesem starken Rocksong, der für mich einen der absoluten Höhepunkte von "Katharsis" darstellt. Nach dem ebenfalls rockigen Mitsing-Song "Tell Me Why" (Ja, warum eigentlich?) [Anm. d. Lekt.: Ja, warum?!] kommt dann die Halbballade "Testify", welche nicht nur durch die Gesangslinie Erinnerungen an frühere SANTA CRUZ Lieder wach ruft. Der Mix aus Neuem und Altem in Verbindung mit Metaleinschlägen steht dem Lied gut zu Gesicht und so stellt "Testify" einen weiteren der Höhepunkte des Albums für mich dar. Huch, zwei (Halb)balladen hintereinander, das scheint mutig zu sein. Insbesondere da "Smoke Signals" vom Songwriting her fast ein bisschen nach SILBERMOND oder Ähnlichem klingen würde, hätte man die heavy Gitarren weggelassen. Dies ist vermutlich den Chor-artigen Backing-Vocals im Hintergrund zu schulden.

Spätestens bei "It Was You" wird auch dem Letzten klar: Da hat jemand viel zu verarbeiten! Der Album-Titel "Katharsis" ist also, wenn man sich die Songtexte genauer ansieht, nicht ganz zufällig gewählt. Bei "It Was You" beispielsweise merkt man sehr deutlich, dass das wohl ein metaphorischer Stinkefinger an irgendjemanden sein soll. Das Lied ist eines der besten auf dem Album. Auch da hier beim Songwriting und der Produktion endlich ein ausgeglichenes Spiel zwischen prägnanten Gitarrenparts und dem Lead-Gesang gefunden wurde. Doch kaum hat man diesen Song genossen, wird es zuerst etwas öde und danach sehr schräg: "Salvation" könnte wie schon "Smoke Signals" ohne die heavy Gitarren wohl gut Airplay in Mainstream-Radiosendern finden. Der Song wirkt etwas unkreativ, ja, fast als handele es sich bei ihm um einen Fillertrack, um die Gesamtspieldauer des Albums künstlich zu dehnen. Ja und dann kommt da "Time After Time"... - Klingelt es da bei irgend Jemandem? Ja richtig, dieses Lied gab es schon mal. Im Original 1984 gesungen vom quietschbunten Paradiesvogel CYNDI LAUPER. - Kann das gut gehen? Ich kann es euch beim besten Willen nicht beantworten, denn ich weiß bis zur letzten Note nicht, ob ich das Cover jetzt lieben oder hassen soll; ob es nun mutig ist oder doch eher naiv-dämlich sich am Covern eines Liedes, welches solchen Kultstatus erreicht hat, zu versuchen, das darf dann jeder für sich selbst entscheiden.

Ob es allerdings ratsam ist die Zuhörer mit solch einem seichten Eindruck aus dem Hörerlebnis eines Albums zu entlassen, das scheint fraglich, denn weder nach dem ersten, noch dem zweiten Hördurchgang, noch nach weiteren Hördurchgängen ist wirklich viel vom Album bei mir hängen geblieben. Zwar ist "Katharsis" qualitativ definitiv nicht so schlecht wie einen die enttäuschten Fans im Internet so glauben lassen wollen. Das Album ist eine solide Arbeit, die zwar vom Sound her logischerweise nicht an das anknüpft oder auch anknüpfen kann, was SANTA CRUZ einmal waren. Und somit sind auch die enttäuschten Fans zu verstehen. Jedoch bekommen SANTA CRUZ "ohrenscheinlich" das Songwriting auch in dieser neuen Besetzung noch hin! Es freut, dass das neue Album dabei vom Sound her nicht mehr so massentauglich generiert ist wie der Vorgänger "Bad Blood Rising", jedoch fehlt auf weiten Strecken das Besondere, das hervorstechen würde. Und so ordnet sich "Katharsis" insgesamt eher im Mittelfeld ein. Doch sollte sich mit diesem Potential durchaus etwas anstellen lassen!



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Marc F. Folivora (22.10.2019)

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