OSI AND THE JUPITER - Nordlige Rúnaskog

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VÖ: 00.00.2019
Bandinfo: OSI AND THE JUPITER
Genre: Neofolk
Label: Eisenwald
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Lineup  |  Trackliste

Wo sich vor wenigen Jahren für nord-affinen Neo- bzw. Dark Folk höchstens nur ein handbreiter Spalt an einer schier unüberwind- und durchdringbaren Mauer zur breiteren Aufmerksamkeit offenbarte, durch den man sich ohne größere Erfolgsaussichten hindurchquetschen hätte müssen, haben WARDRUNA mit dem Triumphzug ihrer "Yggdrasil"-Trilogie, der Bereitstellung eines daraus extrahierten Soundtracks für die nicht minder erfolgsgekrönte Serie "Vikings" sowie den Cameoauftritten Einar Selviks in ebenjener gleich mehrere Türen gezimmert, nein, eigentlich sogar ein kolossales Tor in diesen Wall geschlagen, das es Künstlern aus diesem Spektrum ermöglichte, wohltolerierten Anschluss an die Gothic- und Metalszene zu finden. Während einige Pappnasen längst schon wieder auf den adoleszenten „Das ist mir mittlerweile zu Mainstream“-Zug, dem offenbar niemals der Treibstoff ausgehen wird, aufgesprungen sind, vergessen sie dabei einen ganz wichtigen Aspekt: die wertvolle Pionierarbeit, die darin steckt, und zahlreichen Kunstschaffenden Perspektiven bietet, die vormals in einer derart ausgeprägten Form einfach nicht existierten.

Das betrifft auch OSI AND THE JUPITER aus den USA, die mit "Halls Of The Wolf" (2016) und insbesondere "Uthuling Hyl" (2017) überzeugen und dadurch ihren aktuellen Plattenvertrag bei Eisenwald erhalten konnten, durch die dieser Tage "Nordlige Rúnaskog", das dritte Werk der Amerikaner erscheint. Auch hier greift der gerne vorgetragene Vorwurf, es würde sich um eine weitere WARDRUNA-Kopie handeln, nicht - im Gegenteil: mit einem Cello (wie gut das funktioniert, kann man bereits in "Fjörgyn" erahnen), zahlreich gestreuten Akustik-Gitarren ("Much Wisdom Is Such Grief" erinnert dadurch stärker an amerikanischen Folk) und variablem Gesang, der zwischen fern hallenden Chören ("Læradr") und rituellem Vortrag ("Ettr Storman") viele Facetten abdeckt, hat das Duo genügend Alleinstellungsmerkmale und muss daher nicht zwangsweise mit den norwegischen Wegbereitern verglichen werden.

Zugegeben, besonders mit den drei Bonustracks "Fylgja I (Blood Of Yew)", "Ymir" und "Fylgja II (To Tread The Path Of Fire)", mit denen "Nordlige Rúnaskog" zu einem 70-minütigen Epos anwächst, schleichen sich hier und da auch langatmige Passagen ein (in "The White Elk" z.B.), doch gewinnt das Album gleichzeitig auch seine meditative, beruhigende Aura, die auch auf der Meta-Ebene funktioniert, daraus und kann - nebenbei bemerkt - mit einer ganz eigenen Atmosphäre fesseln, die man wohl mit der Herkunft des Ensembles begründen kann. Die Endbewertung tendiert also eher nach oben, wobei man OSI AND THE JUPITER trotz dieses wundervoll gelungenen "Nordlige Rúnaskog" noch Raum zu Verbesserung und Werdung zugestehen muss, da das Potenzial dafür mit jeder verstreichenden Note hör- und sichtbar wird. Nichtsdestotrotz hat man es hier eben nicht mit talentfreien Trittbrettfahrern zu tun, die die Gunst der Stunde nutzen und sich mit banalen Kompositionen rasch ein bisschen vom Glanze des Genres anstrahlen lassen wollen, sondern mit zwei äußerst versierten Könnern, die dieser Nische ihre eigene Färbung mitgeben, sie mit ihrem Schaffen um verschiedene Aspekte erweitern. Großartige Kunst!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (05.12.2019)

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