INGRIMM - Auf Gedeih und Verderb

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VÖ: 10.01.2019
Bandinfo: INGRIMM
Genre: Mittelalter Metal
Label: Hardy Entertainment
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Lineup  |  Trackliste

Freude über Freude! Nach der 2015 als Vorgeschmack auf das neue Album veröffentlichten EP „Ungeständig“ läuft nun endlich – nach viereinhalb Jahren! - das neue INGRIMM-Studioalbum „Auf Gedeih und Verderb“ ein. Hat sich das Warten auf den neuen Output der dem härteren Spektrum zugetanen Mittelalter-Rocker wohl gelohnt? Wir werden es herausfinden!

„Himmel und Hölle“ legt nach mittelalterlichem Auftakt gleich mit ordentlich Schmackes los und brettert direkt mit fettem Doublebass und Dicke-Eier-Riffing los. Ein starker Titel, der ganz im gewohnten INGRIMM-Stil grundelnde Gitarren mit tanzbaren Mittelalter-Melodien verquickt. Das derbe „Klang von Leder“ räumt im Anschluss mit der Befürchtung, INGRIMM könnten sich vielleicht doch irgendwann gängigen Genre-Klischees unterwerfen, auf, groovt in den Strophen extrem garstig und kombiniert dazu einen epischen Refrain mit drückender Atmosphäre. Vor allem der Violineneinsatz in der Bridge weiß zu begeistern. Trademarks die auch „König der Idioten“ an Bord hat, wenngleich auch das Tempo ein Bisschen zurück genommen wird und eine fast etwas orientalisch anmutende Melodie eingebunden wird.

„Glück in Sicht“ kommt dann zunächst unspektakulär und mit fluffiger Dudelsack-Melodie ums Eck, überrascht schließlich aber mit derben Breakdown-Parts und gar garstigem Kellergebrüll. Direkt Powermetallisch und flott fetzt „Sturm und Drang“ durchs Gebälk, verquickt ein paar herzhafte Growls und ungewöhnlich hartmetallisch kratzende Drehleier zu einem ordentlichen Brecher von Song, der nachhaltig beweist, dass der mittelalterliche Instrumentaleinsatz nicht zwangsläufig schunkelkompatibel ausfallen muss. Das Abgespeckte „Drachenritt“ groovt gut, bleibt aber trotz sattem Riffing ein wenig unspektakulär. Dafür geht’s mit „Ich bin ein Mann“ wieder kerniger zur Sache und INGRIMM nehmen im wahrscheinlich härtesten Titel des Albums textlich im Vorbeigehen auch das klischeehafte Alphamännchen auf die Schaufel – dass die Bridge dann mit einer Irish-Folk-Melodie konterkariert ist mutig, aber unterm Strich eigentlich ziemlich geil.

Mit „Schalk im Nacken“ und „Mammon“ stürzen sich INGRIMM kopfüber ins Powermetallische Universum mit leicht thrashiger Schlagseite. Speziell „Mammon“ drückt das Gaspedal voll durch, wechselt zwischen Stakkato-Riffs und Mittelalter-Lead, serviert den durchschlagskräftigsten Refrain der Platte und bringt im hinteren Drittel noch einmal ansprechende Härte ins Spiel, wo gezeigt wird, wie metalkonform auch antike Instrumente solieren können. Das fast ein wenig balladesk anmutende „Der Schinder“ (nach der gleichnamigen Romanreihe von Nadine D'Arachart und Sarah Wedler und in Zusammenarbeit mit den Autorinnen entstanden) nimmt das Tempo kurz vor Schluss ein Bisschen heraus und kreiert in den stampfenden Passagen angemessen bedrückende und zur Buchthematik passende Atmosphäre, bevor „Schuldig oder nicht“ noch einmal kräftig reinknallt, dass die Hütte ordentlich unter den tiefer gestimmten Gitarren wackelt.

INGRIMM sind nach vergleichsweise langer Wartezeit mit einem bockstarken Album zurück, das Geschwindigkeit und Härte deutlich den Vorzug gegenüber im Genre verbreiteter fluffiger Melodien und Schunkelatmosphäre gibt. Gerade die ungewöhnlich harte, eben „metallische“ Spielweise der mittelalterlichen Instrumente unterstützt das bereits angemessen derb geratene Grundgerüst der zeitgenössischen Klangerzeuger, aber versteht es ebenso, die sägenden Riffs mittels gut gesetzter melodiöser Ausflüge sowohl zu durchbrechen, als auch zu untermalen. Darüber legt Sänger René, mit variabler Gesangsleistung zwischen kehliger Rock-Stimme und überraschend heftigen Growls, noch ein zusätzliches qualitatives Statement. Summa Summarum agiert „Auf Gedeih und Verderb“ damit auf einem ähnlichen Level, wie das vom Rezensenten hochgeschätzte „Böses Blut“, verzichtet dabei aber fast gänzlich auf das damalig noch auszumachende Füllmaterial. Das Warten hat sich gelohnt - INGRIMM machen keine Gefangenen und setzen uns mit „Auf Gedeih und Verderb“ ihr bislang ausgereiftestes Album vor!

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (05.01.2020)

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