MALOKARPATAN - Krupinské ohne

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VÖ: 20.03.2020
Bandinfo: MALOKARPATAN
Genre: Black Metal
Label: Invictus Productions
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Lineup  |  Trackliste

Auch wenn es surreal erscheinen mag - MALOKARPATAN muss man mittlerweile wohl nur noch den allerwenigsten Underground-Auskennern vorstellen und selbst die Grenzbereiche des Untergrunds dürfte man dank überwiegend herausragender Resonanz zum vor drei Jahren erschienenen "Nordkarpatenland" unlängst überschritten haben. Die Slowaken, die bei sternklarer Nacht irgendwo im dichten Geäst der Karpaten Black Metal mit NWOBHM und verschrobener, osteuropäischer Folklore in ihrem brodelnden Kessel vermengten, hatten auf diese Weise rasch einen Zauber über die Szene gewoben, der natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung für etwaige Nachfolger mit sich bringen sollte. Anstatt aber in der eigenen Komfortzone festzuwurzeln, ist "Krupinské ohne" (übersetzt: "Das Feuer von Krupina"), so der Titel des neuen Albums, alles andere als ein Auf-Nummer-sicher-Gehen - es ist eine behutsame und doch nicht ganz geringfügige Weiterentwicklung.

Schon bei einem zaghaften Blick auf Trackliste und Spieldauer sollte das auffallen, denn während letztere sich ungefähr am Rahmen des Vorgängers orientiert, deutet die "abgespeckte" Anzahl an Songs selbstredend daraufhin, dass diese sich auf "Krupinské ohne" mehr Zeit nehmen. Inkarnation dessen ist bereits der Opener, "V brezových hájech poblíž Babinej zjavoval sa nám podsvetný velmož", der ungefähr genauso viele verschiedene Stilrichtungen bedient wie der Titel Silben zählt. Beginnend mit einem Prolog, der aus einem sozialistischen Cartoon früherer Tage stammen könnte, wandelt dieser sich schnell in einen BATHORY-Tribut zwischen "Hammerheart", "Twilight Of The Gods" sowie slawischer Mystik und rumpelt später durch gewohntes, klassisches Gebiet inklusive schräger Keyboardtexturen. Deutlich geradliniger und rifforientierter präsentieren sich hingegen die folgenden "Ze semena viselcuov čarovný koren povstáva" und "Na černém kuoni sme lítali firmamentem", die sich aber trotzdem kurzweiligere Interludes mit synthetischem Xylophon, Maultrommel, gesampelten Rabenkrakeelern, Psychedelic-Versatzstücken und Akustikgitarren erlauben und damit das allgegenwärtige atmosphärische Fundament manifestieren.

Und Atmosphäre ist auch das richtige Stichwort, wenn wir "Krupinské ohne" besprechen, denn diese ist die heimliche Prominenz des Albums. Selbst wenn man den offensichtlichen Blickpunkt, dass die Autarkie bei MALOKARPATAN aus jeder einzelnen Note quillt, ausklammern sollte oder möchte, bleibt immer noch eine stimmungsvolle, ja, magisch-geheimnisvolle, gleichzeitig aber natürlich auch finstere Reise durch fremde Folklore bestehen, die nach den ersten Annäherungsversuchen noch etwas widerspenstig sein kann, später aber ungemein fesselt bzw. fesseln wird. Besonders charmant daran ist, dass man zu keinem Zeitpunkt glattpoliert agiert, weder kompositorisch noch produktionstechnisch. Die Übergänge sind, wie in "Filipojakubská noc na Štangarígelských skalách", dessen Intro, das wie die Filmmusik eines antiken Dracula-Filmklassikers anmutet, entschlossen von schwarzmetallischen Klängen abgelöst wird, veranschaulicht, charismatisch-holprig, HVs starke Gesangsleistung (ich vermisse Temnohor nicht...) mit ordentlich viel Hall unterlegt und die Instrumentierung poltert sich organisch durch die massiven Ambience-Wälder.

"Krupinské ohne" mag also zunächst oder grundsätzlich nicht das Album sein, das man von MALOKARPATAN erwartet hat und wird dabei möglicherweise auch einige Fans den Stil der lineareren Vorgänger vermissend zurücklassen, doch das sollte das Quintett schlussendlich nicht vom überzeugt begonnenen Weg abbringen. Songmaterial vom typischen Schlag wird man immer noch zuhauf finden (die rotzigen Clean Vocals im abschließenden "Krupinské ohne poštyrikráte teho roku vzplanuli" hätten hingegen gerne noch etwas häufiger aufbegehren dürfen), doch das eigentliche Highlight ist das Gesamtkunstwerk mit all seinen kauzigen Eigenheiten und der intensiv-bannenden Atmosphäre, die für mich persönlich eine gewichtigere Rolle als der gelegentlich mit Folkeinflüssen angereicherte, flegelhafte Black'n'Roll bzw. Blackened Heavy Metal der Vorgänger ("Nordkarpatenland" hat die Evolution aber bereits etwas vorangetrieben) spielen und "Krupinské ohne" zu einem frühen Jahreshighlight mit Growerpotenzial und Langzeitwirkung befördern. Mit einem Funken Kompromissbereitschaft dürften aber selbst puristischer denkende Anhänger der Slowaken Gefallen daran finden, denn ihren eigenwilligen Duktus haben sich MALOKARPATAN zweifelsohne - und jeglicher Weiterentwicklung zum Trotz - beibehalten.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (22.03.2020)

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