NEKROVAULT - Totenzug: Festering Peregrination

Artikel-Bild
VÖ: 27.03.2020
Bandinfo: NEKROVAULT
Genre: Death Metal
Label: Van Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Während mindestens die halbe Weltbevölkerung in Konsumhysterie und Egomanie ausbricht, daheim aberwitzige Mengen an Toilettenpapier hortet (wohl um sich für den Ernstfall der Mumifizierung zu rüsten?) und den eigentlichen Ernst der Lage immer noch nicht verinnerlicht zu haben scheint, hat solch eine Pandemie, die zweifelsohne endlos viele (gesundheitlich bedingt) negative Eigenschaften mit sich voranschleppt, auch positive Seiten zu bieten, die vielen offensichtlich gar nicht so richtig bewusst sind oder werden (wollen): Wohltuende Entschleunigung, kaum bis garkeine (a)soziale(n) Kontakte und - vor allem - mehr Zeit für richtig gute Musik. Und wenn man zu den steigenden Temperaturen schon nicht in Horden zum nächstgelegenen Badesee pilgern kann, um sich dort im Stile der Ölsardinen auf 1m² Fläche zu pressen, oder der Möglichkeit beraubt wird, spätabends der unterbezahlten Bedienung im überfüllten Biergarten nonchalant mitzuteilen zu können, dass das Bier irrtümlicherweise 2,3° Celsius über Genusstemperatur tangiert, dann sollten doch zumindest die nötigen Stunden für eine amtliche "Totenmesse" mit der faulenden Wanderschaft im heimischen Schutzbunker vorhanden sein, oder etwa nicht?

Wer meine schriftlichen Überlieferungen im Jahre 2019 verfolgt hat, dürfte unweigerlich mitbekommen haben, das mich zum Ende des vorigen Jahrzehnts, also wenn es um Death Metal ging, überwiegend das amerikanische OSDM-Gerumpel verzückt hat, aber heuer beginnen die Bayern NEKROVAULT die lebensfrohe Walz zum düsteren Monolithen des Todes - nebenbei bemerkt: ein geeigneteres Artwork hätte es mutmaßlich kaum auf den Vordergrund schaffen können. Idealerweise klingt auch der Sound so morastig dicht und massiv, dass er dem geistigen Auge Szenarien von sich willenlos über gewaltige Leichenberge schleifenden Untoten überliefert. Wer jetzt noch nicht in Festtagsstimmung ist... tja, im Intro von "Totenzug - Funereal Hillscapes" schlurfen offensichtlich angekettete Kadaver über die knöchern gepflasterte Oberfläche, ehe die Schar kurz darauf von langsam malmenden Gitarren mühelos zerdrückt wird.

Zugegeben, unbeflecktes Land wird man mit dem Memminger Quartett auf "Totenzug: Festering Peregrination" nicht erkunden, gleichzeitig sind in den letzten anderthalb Jahren (oder sogar mehr) nur wenige Bands aus dem Erdreich emporgebrochen, die ranzigen Death Metal so effizient und stimmungstechnisch intensiv wie in den treibenden "Psychomanteum - Luminous Flames" und "Sepulkrator" oder dem zuweilen dissonanten "Eremitorium" zelebriert haben. Mit jedem weiteren Stück, speziell auch den kurz pointierten  "Pallid Eyes" und "Basilisk Fumes", entstehen mehr und mehr Risse in der Schädeldecke, während Interludes wie "Serpentrance" die erdrückenden Bilder, die im Cerebrum darunter unweigerlich entstehen, stützen. Eine allzu große Überraschung ist das allerdings nicht, denn erstens prangt auf der Rückseite des Tonträgers stolz das Ván-Records-Gütesiegel und zweitens waren das "Obscure"-Demo und die "Cursed By Ascended Darkness"-EP in ihren Qualitäten verheißungsvoll genug, um einen derartig unheiligen Vormarsch selbstbewusst vorherzusagen. NEKROVAULT und ihr "Totenzug: Festering Peregrination" werden den Lobeshymnen gerecht und müssen sich in diesem Gewölbe keineswegs untertänig vor der internationalen Konkurrenz verneigen.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (26.03.2020)

WERBUNG: Innfield Festival
ANZEIGE
ANZEIGE