KOTZREIZ - Nüchtern unerträglich

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VÖ: 20.03.2020
Bandinfo: KOTZREIZ
Genre: Punk
Label: F&M Feral Media / Concrete Jungle Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Acht Jahre sind ins Land gegangen, seit die Berliner Deutsch-Punk-Band KOTZREIZ ihr letztes Album „Punk bleibt Punk“ veröffentlichten. Allzu viel neues Futter für die Ohren hat das Trio mit dem neuen Album „Nüchtern unerträglich“ nicht produziert: gerade mal 23:34 Minuten verteilt auf elf Tracks sind´s. Aber manchmal ist kurz ja besser als nix oder lang. Und Qualität hat dieses Album definitiv! Sogar echte Hits gibt’s.

So ist der Titelsong „Nüchtern unerträglich“ ein eingängiger Gassenhauer wie er im Buche steht und hat trotz aller räudigen Rotzigkeit des Gesangs eine hohe Massenkompatibilität – zumindest soweit, dass die Mucke auch Nicht-Punkern gefallen sollte. Auch ohne Alkohol macht der Song Spaß (übrigens mit Gastbeitrag von The Ace von ZSK). Sogar Fans von den TOTEN HOSEN könnten sich hier angesprochen fühlen. Dass KOTZREIZ aber keineswegs kommerziell geworden sind, zeigt dann gleich der folgende Ein-Minüter „Wer ist wieder da“, der dem flott dahingedroschenen Asi-Punk frönt. Ganz sicher nix für HOSEN-Fans.

Und um es für Hörer mit festen Gewohnheiten noch schwerer zu machen, ist der Song „Toilettenstern“ eine wunderbare Reminiszenz an die Neue Deutsche Welle. Dank des amüsanten Textes ebenfalls mit Hit-Potenzial, obwohl es so gar nicht Punk ist. Aufgrund dieser musikalischen Offenheit erinnern sie an ihre Rostocker Kollegen DRITTE WAHL, die ebenfalls bereit sind, songdienlich neue Einflüsse und Stile zu nutzen. Mit „Eiskalte Ohren“ gibt es wieder flotten Asi-Punk, der gut zum Pogo tanzen taugen sollte. Die wehmütige, nostalgische Melodie von „Punkboys Don´t Cry“ tönt zwar sehr bekannt (womöglich ein Cover, das der Rezensent nicht erkennt), trotzdem ein schöner Song über auseinandergehende Freundschaften.

„Ratten im System“ ist ein weiteres Highlight, das bereits 2015 auf einer EP veröffentlicht wurde. Recht flott, räudiger Schrei-Gesang und einprägsame Gitarrenmelodie. „Sambuca Beach“ zeigt erneut den Abwechslungsreichtum dieses Albums: Zur sehr bekannten Melodie von „Tequila“ der Band THE CHAMPS von 1958 wird Sommerfeeling versprüht, was durch das folgende „Nix zu verlieren“ noch verstärkt wird. Okay, der Sommer kann kommen!

Zum Abschluss wird noch mal losgeledert: „Ich bin ein Wrack“ drückt ordentlich aufs Tempo ist durch und durch Asi-Punk. Kurz und gut. Der finale Song „Der räudige Aal“ mit Andrea von PESTPOCKEN am Mikro ist die schwächste Nummer und kann nur wenig punkten, trotz Neue-Deutsche-Welle-Synths und bissigem Text. Das ist insofern schade, da sich jeder Ausfall bei einem derart kurzen Album noch mehr bemerkbar macht. Letztlich haben KOTZREIZ mit „Nüchtern unerträglich“ ein erstklassig produziertes Mini-Album veröffentlicht, dass nicht nur Punk-Fans begeistern sollte, sondern auch Hörer, die mehr dem Metal zugetan sind. Die Songs haben Rotz, Eingängigkeit, eine große Portion Abwechslung und machen einfach Spaß.  



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Tobias (03.04.2020)

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