HEXENBRETT - Zweite Beschwörung: Ein Kind zu töten

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VÖ: 22.05.2020
Bandinfo: HEXENBRETT
Genre: Black Metal
Label: Dying Victims Productions
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Lineup  |  Trackliste

Zu Beginn des Jahres 2019 krochen die beiden Protagonisten des Projektes HEXENBRETT (oder TTERBNEXEH, die Schreibweise, die von Josto Feratu, dem Sprachrohr der Band bevorzugt wird) zum ersten Mal aus ihrem Höllenloch hervor, um die (Metal)Welt das Fürchten zu lehren und die "Erste Beschwörung" zu zelebrieren. Die Mischung aus traditionellem Heavy Metal, Hardrock und rohem, aber äußerst atmosphärischen Black Metal sorgte für erste Aufmerksamkeit im Underground. Dazu gesellte sich ein sattsam bekanntes, jedoch nach wie vor funktionierendes Band-Präsentationskonzept, das auf der Mystifizierung beinahe jeglicher Informationen rund um die Zweier-Formation fußt.

Knapp anderthalb Jahre später schicken sich Josto und Scarlettina erneut an, die Welt ein wenig schwärzer zu machen. Am 22. Mai 2020 wird man die "Zweite Beschwörung" mit dem Untertitel "Ein Kind zu töten" offiziell vollziehen. Interessantes Detail am Rande, auch wenn die meisten Texte auf Deutsch vorgetragen werden, ließ Josto Feratu in einem Interview verlauten, dass dies weder seine Muttersprache noch die seiner Mitstreiterin sei.

Auch das aktuelle Langeisen mischt Retro Metal mit Hard- und Gothic Rock-Versatzstücken und einmal mehr extrem atmosphärischem Black Metal. Eine große Rolle im HEXENBRETT-Gesamtkonzept spielen Horrorfilme der sechziger, siebziger und frühen achtziger Jahre. So stecken in den Songtiteln jede Menge direkte und indirekte Anspielungen auf bestimmte Genrefilme:

"Lass schlafende Leichen ruhen" (Let Sleeping Corpses Lie/Das Leichenhaus der lebenden Toten, Spanien/Italien 1974, Regie: George Grau),

"Ein Kind zu töten" (¿Quién puede matar a un niño?, Spanien 1976, Regie: Narciso Ibáñez Serrador),

"Spalovac mrtvol" (Der Leichenverbrenner, ČSSR 1969, Regie: Juraj Herz)

"La tumba de los muertos vivientes" (Oase der Zombies, Frankreich/Spanien 1983, Regie: Jess Franco)

"Attraverso sette porte all'inferno" (L'aldilà/Die Geisterstadt der Zombies, Italien 1981, Regie: Lucio Fulci)

"Blutige Seide" (Sei donne per l'assassino, Italien 1964, Regie: Mario Bava)

"Le requiem des vampires" (Requiem pour un vampire/Die Folterkammer des Vampirs, Frankreich 1971, Regie Jean Rollin)

Aber nicht nur die Titel stellen einen Bezug zum Horrorfilm her, auch und vor allem die sich durch das gesamte Album ziehenden Verweise auf die unverkennbaren Soundtracks speziell der großen italienischen und spanischen Genrestreifen der 70er und frühen 80er tragen wesentlich zur Erschaffung der grandiosen, leicht modrigen Friedhofsatmosphäre bei, die den Stücken der "Zweiten Beschwörung" inne wohnt. Bei Tracks wie "Lass schlafende Leichen ruhen" oder "The Spider Song" fühlt man sich unwillkürlich an die glorreichen Scores eines Fabio Frizzi erinnert, während vor dem geistigen Auge splatterige Meisterwerke wie "Die Geisterstadt der Zombies" oder "Ein Zombie hing am Glockenseil" von Italiens Numero Uno in Sachen Gore, Lucio Fulci vorüberziehen. Dazu muß gesagt werden, dass es sich bei "The Spider Song" um eine Coverversion handelt. Im Original stammt die Nummer von dem Singer/Songwriter und Countrysänger TOWNES VAN ZANDT (!!!).

Man muss nicht auf Teufel komm raus irgendwelche Bandvergleiche herbeizwingen, denn HEXENBRETT fahren komplett ihre eigene Linie. In den Black Metal Parts des Openers "Lass schlafende Leichen ruhen" fühlte ich mich ein wenig an frühe ABIGOR ("Nachthymnen") und auch an DISSECTION ("Storm Of The Light's Bane") erinnert. Aber grundsätzlich ist es eher so, dass einem vieles irgendwie bekannt vorkommt, sich aber nicht konkret zuordnen lässt, weil HEXENBRETT immer wieder mit vertrauten Stilmitteln arbeiten, ohne jedoch dabei zu kopieren. Den Rumpelsound der ersten EP hat man zum Glück über Bord geworfen. Die Produktion tönt nach wie vor rau, aber wesentlich stimmiger und satter, als bei der "Ersten Beschwörung".

Eigentlich macht es auch keinen Sinn, jetzt spezielle Songs der "Zweiten Beschwörung" besonders herauszuheben, da das Album eine in sich stimmige Gesamtkomposition darstellt, die perfekt ist, wenn man sie in ihrer Gänze aufnimmt und sich von dem dunklen morbiden Zauber einhüllen läßt, den die neun Stücke des Albums versprühen. HEXENBRETTs "Zweite Beschwörung: Ein Kind zu töten" ist ein kleines schwarzes Meisterwerk geworden - allerdings muß man sich darauf einlassen. Dann aber entfaltet sich dieses Kunstwerk zur Gänze und wird mit jedem Durchlauf größer. 

 



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (18.05.2020)

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